von Morgath
Es gibt hunderte von Drachenarten und alle haben eines gemeinsam: Man kann sie zu Geld machen! Fast alles an ihnen ist wertvoll: Da wäre die kostbare Perle in ihrer Brust, die groß wie ein Menschenkopf werden kann. Da wären ihre Schuppen, aus denen man die prunkvollsten Rüstungen herstellen kann. Oder ihre Schädel, welche eine Zierde für jedes Haus sind, das etwas auf sich hält. Auch Amulette aus Drachenknochen sind heißt begehrt. Und selbst ihr Fleisch ist essbar. Kein Wunder also, dass sie gejagt werden. Doch die Jagd auf sie ist gefährlich! Dazu muss man Flugschiffe besteigen und sie durch die Wolken jagen. Schon ein kleiner Fehler kann zum Tode führen. Nur die verwegensten Männer und Frauen nehmen dieses Risiko auf sich.
Die Bewohner von Skargakar haben sich auf die Drachenjagd spezialisiert. Sie schleifen magische Kyrillian-Steine, um ihre Schiffe zum Fliegen zu bringen. Sie fertigen die Spezialausrüstung an, die man zur Drachenjagd benötigt. Und natürlich verarbeiten sie die Kadaver der Drachen zu wertvollen Exportgütern, die sie in die ganze Welt verfrachten.
Auch Lian, ein junger Mann, lebt in Skargakar und führt als Lehrling eines Kristall-Schleifers ein angenehmes Leben. Doch in einer verhängnisvollen Nacht macht er sich einen gefährlichen Feind, sodass ihm nichts anderes übrig bleibt, als Hals über Kopf aus seiner Heimatstadt zu fliehen. Dazu heuert er auf dem nächstbesten Drachenboot an, weil er glaubt, auf einem Schiff am sichersten vor Verfolgern zu sein. Doch Adaron, der Kapitän des Schiffes, ist kein gewöhnlicher Drachenjäger: Er möchte den legendären Urdrachen Garganthuan selbst jagen, den größten und gefährlichsten Drachen, den es gibt. Und um diesen zu erlegen, ist ihm jedes Mittel recht. Er ist sogar bereit, über Leichen zu gehen. Die Leichen seiner Besatzung natürlich. Lian merkt bald, dass sein sicher geglaubter Schlupfwinkel keineswegs so sicher ist, und dass Adaron mit ihm „besondere“ Pläne hat, ist auch sehr beunruhigend …
Die Geschichte um den jungen Lian erinnert anfangs zwar stark an Melvilles Roman „Moby Dick“, nur eben in eine Fantasy-Welt versetzt und mit Drachen anstatt Wale, doch wer befürchtet, eine bekannte Geschichte, nur neu verpackt, vorgesetzt zu bekommen, kann beruhigt sein. Lian ist nicht Ismail und Adaron ist kein verkappter Kapitän Ahab. Abgesehen von der Kernidee haben beide Romane wenig gemeinsam. „Der Drachenjäger“ geht schnell eigene Wege und setzt von Anfang an ganz andere Schwerpunkte. Der Autor möchte den Leser in eine phantastische Welt mit Drachen, fliegenden Städten und Magie entführen, ihn spannende Abenteuer erleben lassen und ihn primär gut unterhalten. Und das gelingt dem Autor meisterlich. Mit nur wenigen Worten gelingt es ihm, unsere Phantasie zu aktivieren. Schon nach den ersten Seiten schwelgt man auf einem stolzen Schiff durch die endlosen Wolken und den hellblauen Himmel, in der Hand eine Harpune und vor einem ein wilder Drache. Das ist Kopfkino pur!
Neben der spektakulären Kulisse weiß auch die Handlung zu gefallen. Sie ist spannend, abwechslungsreich und wartet an der einen oder anderen Stelle auch mit einer überraschenden Wendung auf. Von winzigen Details abgesehen ist die Handlung auch in sich stimmig und schlüssig. Der Roman ist durchgängig spannend und flüssig geschrieben. Man merkt, dass der Autor ein Profi ist und weiß, welche Informationen für einen Leser wichtig sind und welche er dessen Phantasie überlassen kann. So kommt es, dass man nicht nur auf einem schwebenden Schiff durch die Wolken fliegt, sondern auch durch das Buch. Am Ende hat man eine tolle Geschichte gelesen, die einfach Spaß gemacht hat.
Das Buch erschien bei TOR als Softcover für verhältnismäßig günstige 9,99 Euro. Abschließend sei noch angemerkt, dass der Roman in sich geschlossen ist, auch wenn die Formulierung auf dem Cover „Die erste Reise durch das Wolkenmeer“ auf eine Fortsetzung hindeutet. Tatsächlich wird es noch weitere Romane in dieser Welt geben, allerdings werden auch diese Romane in sich geschlossen Geschichten erzählen. Man darf gespannt sein. „Der Drachenjäger“ hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht!
Fazit: „Der Drachenjäger“ ist ein rundum gelungenes Buch, das den Leser in eine atemberaubende und bunte Welt entführt. Wer phantastische Geschichten mag, kann mit diesem Buch nichts falsch machen.
Der Drachenjäger
Fantasy-Roman
Bernd Perplies
FISCHER-Tor 2017
ISBN: 978-3-596-29671-2
490 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,99
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