Imperium der Drachen: Das Blut des Schwarzen Löwen

Iolan lebt in einem kleinen Fischerdorf friedlich bei seiner Familie. Als das Dorf von Männern des Königs scheinbar grundlos niedergemacht wird, entkommt er nur knapp mit Hilfe des Quano Arastoth, der zufällig zugegen war. Dieser überredet ihn, sich zu rächen und an einer Intrige gegen den König mitzuwirken, als ihm seine wahre Abstammung offenbart wird. Schnell entspinnt sich ein Gewirr von Lügen, Halbwahrheiten und politischen Intrigen, die Iolan so fremd sind, wie sein eigenes Wesen.

von Lars Jeske

Der überwiegende Teil der Autoren klassischer Fantasy-Literatur benutzt als Setting ein mittelalterliches Ambiente mit den darin verankerten Weltanschauungen und Wertevorstellungen. Bernd Perplies dreht in seinem Serienauftakt „Das Blut des Schwarzen Löwen“ zur neuen Reihe „Imperium der Drachen“ das Rad der Zeit sogar noch weiter zurück. So weit, dass es noch gar nicht erfunden scheint, werden doch die Leute in Sänften herumgetragen. Man scheint in eine ähnliche Zeit wie jene der Antike auf der Erde versetzt zu sein, was die Landschaftsbeschreibungen unterstreichen und auch die überaus hilfreiche Karte im Buchdeckel belegt. Schwierige Namen der Personen und merkwürdige bis fremdartige Orte und Länder lassen den Leser dieses Mal an Gegenden wie Theben oder Griechenland im Allgemeinen denken.

Inhaltlich setzt der mittlerweile versierte Autor auf einen klassischen Anfang. Der böse Tyrann König Agathon mit dem Beinamen „Der Schwarze Löwe“ schmiedet durch die Unterwerfung der Welt sein eigenes, verhängnisvolles Schicksal. Er wird auf einem seiner Raubzüge verflucht und seine Nachfahren müssen dies ausbaden. Minimal werden hier Erinnerungen an das Debüt des Autors „Tarean“ wach, dies ist aber die einzige Übereinstimmung.

Nach dem Prolog erfolgt die Schilderung der aktuellen Ereignisse, vornämlich aus Sicht des Protagonisten Iolan und seines Lebensweges. Aufgewachsen ist er als Findelkind in dem beschaulichen Fischerdorf Efthaka, unweit der Hauptstadt des Cordurischen Reiches Aidranon, in völligem Frieden und politischer Abgeschiedenheit. Er ahnt nicht, was der Leser weiß, nämlich dass er der getötet geglaubte Spross des Königs ist. Die einzige Verbindung zu dieser Zeit ist der gute Zauberer (hier Theurg genannte) Arastoth, ein Angehöriger des Volks der Quano. Durch eine erfundene Geschichte behielt er im Laufe der Jahre ein Auge auf Iolan und dessen Entwicklung, bleibt dadurch in seinen Machenschaften jedoch suspekt und für den Leser undurchsichtig ob seiner wahren Absichten. Als das Dorf überfallen wird und Iolan und seine kleine Schwester Mirene verschwinden, nimmt dessen Bruder Markos zusammen mit seinem Freund Clavio die Verfolgung auf, um beide zu retten. Sie raten, dass sie nach Aidranon müssen, um Antworten zu bekommen. So beginnt das Abenteuer für alle.

Einen Drachen gibt es erst am Ende dieses Bandes, aber aufgrund der Einbindung dessen in die Geschichte ist klar, dass es bei Weitem nicht dessen letzter großer Auftritt war. Nach den letzten Seiten fühlt man sich wie nach Tolkiens „Der Herr der Ringe“-Band „Die Gefährten“. Die historische Grundlage und das Setting sind geschaffen und mit Fakten gut unterfüttert. Die plastisch beschriebenen wichtigsten Charaktere sind vorgestellt und erste Bewährungsproben gab es bereits. Nun steht alles für ihre ganz großen Abenteuer bereit. Vor allem die Jungen müssen in ihrer Adoleszenz über sich hinauswachsen, um das Schicksal der bekannten Welt sinnvoll zu beeinflussen. Eine Bürde, die aufgrund der Umstände, die sie in Teilen noch gar nicht wissen, umso schwerer erscheint und den Leser durch dessen Wissensvorsprung umso mehr mitfiebern lässt. Denn „Das Blut des Schwarzen Löwen“ ist lediglich den Auftakt zu dieser Reise, sind doch am Ende bei Weitem noch nicht alle Fragen geklärt, alle Geschichtsfäden entworren oder die große Entscheidung gefallen. Gespannt wartet man nach der Lektüre auf die Fortsetzungen, zumal die entworfene Welt auch so groß und mannigfaltig ist, dass durchaus noch viele weitere Geschichten dort angesiedelt werden könnten, wenn Iolan schon lange zu Staub zerfallen ist und seine Ahnen ihre Abdrücke in der Zeit hinterlassen haben.

Anmerkung: Wer noch tiefer in die Welt von Iolan eintauchen möchte, dem steht ein besonderer Leckerbissen bereit. Standard für einen Film, jedoch überaus ungewöhnlich für einen Roman gibt es auf der Webseite des Autors ein Making of zur Geschichte und weitere überaus interessante Hintergründe und Informationen rund um die Welt, deren Erschaffung und sonstige thematische Überlegungen.

Fazit: Nach Ausflügen ins klassische Fantasy-Setting („Tarean“-Reihe) nimmt uns Bernd Perplies bei seinem neuesten Werk „Das Blut des Schwarzen Löwen“ in ein Mittelmeerambiente mit dem griechisch-römischen Flair der Antike mit. Das ungewöhnliche historische Setting ist hierbei erfrischend und ein Alleinstellungsmerkmal dieses Romans. Nachdem die Protagonisten gut vorgestellt wurden, kann man der Handlung noch intensiver folgen, ohne jedoch vor überraschenden Wendungen der Geschichte gefeit zu sein. Denn nicht erst seit „Game of Thrones“ weiß man, dass es pure Gute und eindeutig Böse nicht gibt. Vor allem die ambivalenten Hauptfiguren setzen gekonnt Akzente und geben großen Anreiz, die Folgebücher gleich nach deren Erscheinen anzugehen. Und sich womöglich auf Drachenschwingen eine zeitlang der Realität zu entfernen. – Klingt der Satz kitschig? Die Umsetzung ist es definitiv nicht.


Imperium der Drachen: Das Blut des Schwarzen Löwen
Fantasy-Roman
Bernd Perplies
INK Egmont 2014
ISBN: 9783863960704
467 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,99

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