von Ansgar Imme
„F. I. Thomas“ – ein neuer deutscher Stern am Fantasy-Himmel? Oder ein unbekannter amerikanischer Autor? Nein, hinter dem Pseudonym verbirgt sich der bekannte deutsche Autor Thomas Finn, der sowohl als Verfasser zahlreicher Rollenspielpublikationen („Das Schwarze Auge“, „Cthulhu“ u.a.) wie auch in den letzten Jahren durch seine Romane der Fantasy (besonders „Das unendliche Licht“-Trilogie), Mystery und Krimis auch unter Nicht-Rollenspielern bekannt geworden ist. Da der Piper Verlag seine Leser anscheinend für etwas einfältig hält, soll zur klaren Trennung für jedes Genre ein anderer Autorenname vorhanden sein. Dem Rezensenten ist dies nicht verständlich, denn gerade wenn man nach Romanen eines bestimmten Autors sucht, wird man so nicht zum Kauf animiert, wenn man es vorher nicht gewusst hat, dass hier Thomas Finn eine neue Publikation auf den Markt bringt.
Zum Inhalt
Einst herrschten die Drachen über die Jungen Königreiche. Doch mit Hilfe von Magiern lehnten die Menschen sich gegen ihre Herrscher auf. Direkt nach der letzten Schlacht im zweiten Drachenkrieg schlossen die überlebenden Magier einen Bund und bedienten sich der Magie der Drachen. Keiner weiß bis heute, dass sie diesen Frevel begangen haben ...
400 Jahre später in der Handlung lernt der Leser die sechs Novizen der Magier des Ordens der Stäbe kennen: Tandurin, Boltan, Dania, Geron, Kyrell und Ambia. Alle sechs nähern sich dem Ende ihrer Ausbildung und sollen bei ihrer Weihe die anderen Novizen kennenlernen und dort zu vollwertigen Zauberern aufsteigen. Die sechs Novizen sind ganz unterschiedlicher Herkunft: Tandurin stammt z.B. aus dem fahrenden Volk der Gaukler, Geron ist der Sohn des Königs von Waldaleth, Dania eine ehemalige Prostituierte. Auch die Meister der Novizen sind ganz unterschiedlicher Natur und beherrschen verschiedene Arten der Magie. Doch ihre Novizen werden meist sehr kurz gehalten und können nur gering die Zauberei nutzen.
Als die Novizen sich bei der Vorbereitung ihrer Weihe im Norden in einer alten Drachenfestung kennenlernen, erfahren sie von einem düsteren Plan ihrer Lehrmeister. Diese planen anscheinend, sie zu töten, um die magischen Kräfte der Lehrlinge aufzunehmen und unsterblich zu werden. Den Novizen bleibt nur die Flucht quer durch die Jungen Königreiche, um weiteres Wissen zu erwerben und sich dann wieder ihren Widersachern zu stellen. Doch es scheint, als ob ein ganz anderes Geheimnis hinter allem steckt. Nicht nur das Schicksal der Sechs, sondern auch das der Menschen der Jungen Königreiche scheint auf einmal bedroht.
Bewertung
Vom Titel und Cover her könnte man vermuten, dass es sich um einen weiteren Titel der Dutzendware handelt, der im Zuge des „Herr der Ringe“- und „Der Hobbit“-Booms in unzähligen Bänden erschienen ist. Doch das ist weit gefehlt. Es ist Fantasy aus deutscher Feder und dazu noch von Thomas Finn, der schon etliche spannende und innovative Romane geschrieben hat. Der Prolog weckt bereits Interesse mit einem Geheimnis, was verborgen wird, sodass dafür sogar getötet wird. Doch dann wird man als Leser 400 Jahre weiter in die Zukunft „geschmissen“. Und recht ungewöhnlich für einen Roman erhält jeder der Novizen genau ein Einführungskapital, in dem der Lehrmeister, der Novize selbst, oft seine Herkunft und Fähigkeiten in einer Szene vorgestellt werden. Die geschieht alles ganz natürlich, als würde man die Person in einem kurzen Moment des Lebens begleiten. Und auch wenn hier jede Person ein Kapitel erhält, handelt es sich ansonsten nicht um eine Kopie von George R. R. Martins „Point of View“-Charakteren, wie sie später auch andere Autoren nutzten. Nur zu Beginn wird dieser Kniff verwandt.
Während der Einleitungen lernt man zwar die Protagonisten gut kennen und bekommt ganz interessante Einblicke, jedoch scheint noch ein wenig die Spannung zu fehlen. Damit ist es ab der Zusammenführung der sechs Novizen zu ihrer Weihe vorbei. Ab dort bekommt man als Leser keine Ruhe mehr: Dynamisch, spannend, hetzend, dramatisch – man lebt, fühlt und leidet mit den sechs Opfern ihrer Lehrmeister. Quer durch die Lande der Jungen Königreiche wird man mit ihen getrieben und immer wieder vom Autor überrascht, ob durch Wendungen, besondere Ereignisse oder die überraschenden und wunderbar ausgearbeiteten Orte in den Königreichen. Ein Höhepunkt ist sicherlich die besondere Stadt Kesselfurt, welche über, in und hinter einem riesigen Wasserfall, einem Katarakt liegt und dabei auch eine interessante, wenn auch nicht schöne gesellschaftliche Ordnung aufweist. Neben seiner spannenden und abwechslungsreichen Handlung und den vielen besonderen Orten weiß der Autor auch durch viele Geheimnisse zu begeistern, die zum Teil im Roman ihre Auflösung erfahren, aber auch erst im zweiten Teil aufgeklärt werden. Ebenso große Stärken zeigt Thomas Finn (wie bisher fast immer) in seinen Charakterzeichnungen. Sowohl die Novizen als auch ihre Lehrmeister und viele Nebenfiguren sind toll beschrieben, gut unterscheidbar und lassen schnell Bilder vor dem Auge entstehen.
Zwei kleine Makel sollen trotzdem erwähnt werden: An wenigen Stellen gibt es nach Meinung des Rezensenten zu deutliche Beschreibungen von Gewalt und einmal sogar eine Missbrauchsszene. Ob diese wirklich in dieser Deutlichkeit nötig war, ist diskutabel. Dazu merkt man die Herkunft des Autoren aus dem Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ an. Spieler und Leser des Rollenspiels werden sich bei einigen Personen- und Ortsnamen an die Welt „Aventurien“ erinnert fühlen. Allerdings könnte dies genauso ein Wohlfühlfaktor sein. ?
Fazit: Exzellent! Wann folgt endlich der zweite Teil, kann man nur fragen. Eine spannende Handlung, viele Überraschungen, neue und besondere Orte und dramatische Ereignisse. Thomas Finn (bzw. F.I. Thomas) ist wieder mal ein besonderer und ein besonders guter Roman gelungen, den man unbedingt gelesen haben sollte.
Glühender Zorn (Krieg der Drachen 1)
Fantasy-Roman
F. I. Thomas (Thomas Finn)
Piper Verlag 2017
ISBN: 3492281354
480 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 14,00
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