Terror Germanicus

Deutschland als Setting für „Cthulhu“ hat – zumindest im deutschsprachigen Raum – eine lange Tradition. Und eben diese Tradition wird mit dem Abenteuerband „Terror Germanicus“ gehegt und gepflegt. Werfen wir doch einen Blick auf das neueste Softcover aus dem Hause Pegasus.

von Jens Krohnen

Wie für die deutschen Abenteuerbände üblich, erscheint „Terror Germanicus“ als Softcover und ist 80 Seiten stark geworden. Das Innenleben ist komplett in Schwarz-Weiß gehalten. Das Cover wiederum zeigt eine in Deutschlandfarben gehaltene Gasmaske und bietet so einen Ausblick auf eines der enthaltenen Szenarien. Von diesen gibt es gleich drei an der Zahl – und bevor ich weiter auf den Inhalt der Publikation eingehe, seien alle Spieler gewarnt: Ich schreibe diese Rezension vornehmlich für Spielleiter, sodass sich der eine oder andere Spoiler verstecken könnte.

Eröffnet wird der Abenteuerreigen mit dem Abenteuer „Khumbu“. Das Szenario beginnt zwar in Deutschland, führt die Investigatoren aber nach einem knappen Einstieg nach Tibet und hier zum berühmten Mount Everest. Die Gruppe ist auf der Suche nach der Kamera eines verschollenen Bergsteigers aus den 1920ern, der möglicherweise den Mount Everest als erster Mensch bestiegen hatte. Einmal im Basislager vor Ort angekommen muss die Gruppe aber feststellen, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Andere Teilnehmer der Expedition verlieren den Verstand, es kommt zu seltsamen Erdbeben und Strahlungen und der Arzt der Expedition scheint in seinem Zelt etwas zu vertuschen … „Khumbu“ ist eine triste Geschichte voller unerklärlicher Ereignisse, die für die Investigatoren mehr Fragen als Antworten parat hält. Dazu kommt, dass der Einfluss der Investigatoren extrem gering ist – eigentlich können sie die meiste Zeit nur zusehen, wie rings um sie herum alles den Bach hinunter geht. Das ist lovecraftesk und irgendwie auch stimmungsvoll, für ein Rollenspielabenteuer ist mir das aber deutlich zu wenig.

„Seegras“, das zweite Abenteuer, spielt am Bodensee. Hier erholen sich die Investigatoren von den Strapazen der vergangenen Abenteuer, als der Vater ihres Gastgebers, ein alter Fischer, plötzlich auf dem See verschwindet. Doch das ist nur das erste Rätsel in einer Kette unheimlicher Begebenheiten, die sich in der Folge am Bodensee abspielen. Verendende Wasservögel, seltsame Messwerte und eine stete Spur verschwundener Menschen ergeben eine interessante Melange, in der sich detektivisch veranlagte Gruppen austoben dürfen. „Seegras“ ist rundum gelungen, begonnen beim liebevoll eingebauten Lokalkolorit über die intelligent eingebaute Mythosbedrohung bis hin zu einigen starken, schockierenden Szenen, die ein gutes Horrorabenteuer braucht.

Abgerundet wird der Band dann mit „12 Apostel“, dem wohl ungewöhnlichsten Abenteuer im „Terror Germanicus“. Als Ausblick auf den kommenden „Apokalypsen“-Band dürfen wir hier Deutschland nach einer cthuloiden Apokalypse erleben. Den beiden cthuloiden Autoren-Urgesteinen Ralf Sandfuchs und Kaid Ramdani gelingt es, auf wenigen Seiten ein interessantes und absolut stimmiges Endzeit-Setting zu schaffen, dass sich sogar für längere Ausflüge anbieten würde. Das anschließende Abenteuer ist intelligent gemacht und hält die eine oder andere unschöne Überraschung für die Investigatoren parat. Damit ist „12 Apostel“ ein Bravourstück – aber natürlich auch ein sehr spezielles Abenteuer, das vom Tenor nicht jeder Gruppe schmecken dürfte.

Die Bebilderung des Bandes ist größtenteils ordentlich gelungen. Einzig das für das „NOW“-Setting konzipierte „Khumbu“ ist ausschließlich mit Zeichnungen bebildert, die von unterschiedlicher Qualität sind. Leider sind insbesondere einige Porträts eher schlecht als recht geraten. Die übrigen Abenteuer wurden mit den für „Cthulhu“ typischen Fotografien bebildert, was insbesondere bei den surrealen Aufnahmen für „12 Apostel“ sehr gelungen ist. Korrektorat und Lektorat haben einen ordentlichen, wenn auch nicht fehlerfreien Job gemacht; das Cover würde ich als eines der stärkeren unter den letzten Publikationen ansehen. Von der Produktion her gibt es damit wenig zu meckern.

Fazit: Ein Abenteuer, das mir zu wenig Spielerfreiheit bietet, ein bodenständiges und sehr gut gemachtes Detektiv-Abenteuer und ein irrwitziger Ausflug in das postapokalyptische Deutschland. Abseits von „Seegras“ sind die Abenteuer in diesem Band sicherlich nichts für jede Gruppe, auch wenn die Qualität stimmt. Dank des geringen Preises erhält „Terror Germanicus“ dennoch von mir das Prädikat „empfehlenswert“.

Terror Germanicus
Abenteuerband
Jaana Redflower, Alexander Simm, Kaid Ramdani, Ralf Sandfuchs
Pegasus 2018
ISBN: 978-3957891891
80 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,95

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