Feind meines Feindes

„Feind meines Feindes“ ist ein Kampagnen-Band für das „Cthulhu“-Rollenspiel aus der erfolgreichen Reihe der der preisgünstigen Softcover-Publikationen. Im Mittelpunkt steht dabei die Konfrontation verschiedenster Interessengruppen vor dem Hintergrund cthuloider Schrecken. Die Investigatoren finden sich im Schmelztiegel dieser Verstrickungen wieder und müssen entscheiden, wem sie sich anschließen, wem ihre Loyalität gehört, wer zum Gegner wird und wer zum Feind meines Feines.

von Oliver Adam

Die Reihe der preisgünstigen Softcoverpublikationen für „Cthulhu“ geht mit dem Band „Feind meines Feindes“ in die nächste Runde. Während die Vorgängerpublikationen ihren Fokus auf einzelne Abenteuer richteten, umfasst „Feind meines Feindes“ eine komplette Kampagne aus drei Abenteuern. Dabei ist der Plot von zahlreichen Interessengruppen durchzogen, deren entgegengesetzte Ziele im Verlauf der Kampagne kollidieren. Direkt bei der Charaktererschaffung können die Investigatoren – auch in Abhängigkeit von deren Hintergrund –entscheiden, einer von drei unterschiedlichen Gruppierungen anzugehören und dieser wissentlich oder unwissentlich zum Erfolg zu verhelfen. Dabei stehen wissenschaftliche, okkulte und familiäre Anknüpfungspunkte zur Verfügung.

Den Auftakt der Kampagne bildet das Abenteuer „Mord im Jagdschloss“, bei dem der alternde Freiherr zu Köpenick ganz unterschiedliche Menschen auf sein mit exotischen Tieren bestücktes Jagdschloss in der Nähe von Berlin einlädt. Doch nicht alle Anwesenden führen Gutes im Schilde, und nach einem Verbrechen entwickelt sich eine „Suche-den-Mörder“-Story. Ein großer Teil des Textes befasst sich dabei mit dem Aufbau des Schlosses und der Beschreibung der sehr zahlreichen Personen. Gerade die vielen facettenreichen Persönlichkeiten geraten dabei für den Spielleiter zu einer Herausforderung. Weniger geübten Spielleitern sei hier geraten, das Ausmaß der Nichtspielercharaktere zu reduzieren. Zudem muss angermerkt werden, dass es wenige Hinweise auf den Mörder gibt, denen die Investigatoren nachgehen können. Im Kern ist es ein zentraler Hinweis, mit dessen Auffinden das Abenteuer schnell – oder eben nicht – abgeschlossen werden kann. Hier bietet es sich an, weitere Hinweise einzustreuen und zu verzahnen, was mit etwas Kreativität auch problemlos möglich ist. Aus meiner Sicht hätte dies jedoch bereits im Abenteuertext passieren sollen. Unterm Strich bleibt ein wirklich schönes Setting für ein derartiges Abenteuer mit interessanten Charakteren und der Anspruch an den Spielleiter, noch Hand an die Hinweiskette anzulegen.

Das zweite Abenteuer „Die Steintafeln von Valusien“ führt die Investigatoren als Mitglieder einer Ausgrabungsmannschaft auf die griechische Insel Kreta. Noch vor dem Beginn der Grabungen sabotiert eine seltsame Gruppe das Vorankommen, die angeheuerten Arbeiter sind untereinander zerstritten und eine drohende Invasion durch die Türkei setzt die Ausgrabungen unter enormen Zeitdruck. Die Investigatoren müssen entscheiden, wo gegraben wird, die Konflikte innerhalb der Mannschaft bereinigen und herausfinden, welche Geheimnisse die uralte Grabungsstätte verbirgt. Am Ende steigen sie in einen fallenbewehrten unterirdischen Tempel hinab, der den namengebenden vergessenen Schatz verbirgt. Ein schönes und stimmungsvolles Ausgrabungsabenteuer, bei dem Herausforderungen an den Spielleiter in der Dramaturgie von Ausgrabungserfolgen und Konfliktbewältigung unter Zeitdruck liegt.

Der Abschluss der Kampagne („Mittsommernachtsalptraum“) verschlägt die Investigatoren auf der Jagd nach den geraubten Sterntafeln von Valusien nach Schweden. Nach ersten Erkundigungen dringen sie in ein uraltes Wasserschloss ein, das von menschlichen und übernatürlichen Wächtern verteidigt wird. Hinzu kommt dann noch ein Stamm degenerierter Schlangenmenschen, der ebenfalls versucht, der Tafeln habhaft zu werden. Als wenn dies nicht genug Probleme wären, führt in der Nacht des Einbruchs die Nutzung der Artefakte zu einer Überlagerung der Traumlande mit der Wachen Welt. In diesem actionbetonten Abenteuer müssen sich die Investigatoren mit einer Vielzahl von Feinden und unerwarteten Verbündeten herumschlagen und erleben einen fulminanten Showdown der Kampagne. Allerdings bleiben am Ende der Kampagne viele Handlungsstränge und Fragen unbeantwortet, sodass Spieler und Spielleiter, die gerne am Ende den ganzen Plot abschließen möchten, womöglich ratlos zurück bleiben. Auf der anderen Seite bieten diese auch zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere Abenteuer.

Fazit: Der Kampagnenband „Feind meines Feindes“ umfasst ein breites Spektrum an Abenteuern, die auch außerhalb der Kampagne gespielt werden können: eine Detektivgeschichte in einem alten Jagdschloss zum Auftakt, eine Ausgrabungsgeschichte auf Kreta im Mittelteil und einen actiongeladenen Showdown. Die zahlreichen Interessengruppen und damit verbundenen Nichtspielercharaktere erhöhen den Facettenreichtum der Abenteuer, stellen jedoch zugleich hohe Ansprüche an den Spielleiter. Insgesamt ein empfehlenswerter Kampagnenband, bei dem der Spielleiter jedoch in der Hinweisdramaturgie des ersten Abenteuers sowie beim Kampagnenausklang noch Hand anlegen muss.

Feind meines Feindes
Marcus Rosenfeld u.a.
Kampagnenband
Pegasus Press 2018
ISBN: 9783957891310
96 S., Softcover, deutsch
Preis: 9,95 Euro

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