Horror Americana

Nach dem Abenteuerband „Terror Americana“ schickt uns Pegasus ein weiteres Mal in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, um hier cthuloide Abenteuer zu erleben. Der Vorgängerband erhielt von mir eine durchweg gute Note, entsprechend hoch waren meine Erwartungen an den Band.

von Jens Krohnen

In der Reihe der Abenteuerbände, die seit dem Erscheinen der siebten Edition des Klassikers „Cthulhu“ im Softcover verlegt werden, haben sich seit einiger Zeit regelrechte „Regionalbände“ eingeschlichen. Die Abenteuer in diesen Bänden sollen bestimmte Landstriche cthuloid beleuchten. So auch „Horror Americana“, das – wenig überraschend – Abenteuer in Amerika enthält. Es sind zwei an der Zahl, die ich nun kurz vorstellen möchte.

„Totes Licht“ ist die Übersetzung des von Chaosium als Einzelband verlegten „Dead Light“. Totes Licht ist eine klassische Horror-Story: Die Investigatoren sind in finsterster Nacht mit dem Auto unterwegs, als ihnen plötzlich eine junge Frau vor den Wagen läuft. Nachdem sie das traumatisierte Mädchen an einer Tankstelle abgesetzt haben, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen: Etwas lauert in den finsteren Wäldern Neuenglands und hat die Jagd auf die hier zufällig zusammengetroffene Gruppe Menschen eröffnet. Und auch unter den Anwesenden verdeckt so mancher ein Geheimnis, das es zu lüften gilt.

„Totes Licht“ kommt mit wenig vorgegebener Handlung daher, sondern bereitet nur die Szenerie auf, vor der sich die Handlung des Abenteuers ganz individuell entfalten kann. Die Aufbereitung des Stoffes gefällt mir damit sehr gut; einzig der doch recht vorhersehbare Ablauf, da auf kreative Innovation größtenteils verzichtet wurde, lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück. Für Spielleiter auf der Suche nach einer „klassischen“ Horror-Nacht für zwischendurch ist „Totes Licht“ aber sicher einen Blick wert.

Ganz anders ist „Schreie und Flüstern“, die deutsche Eigenproduktion des Bandes. Hier schlüpfen die Spieler – im Idealfall sind es zwei an der Zahl – in die Rolle von Großstadtpolizisten, die auf der Jagd nach einem Serienmörder sind. Eine saubere Indizienkette, grausige Tatorte, eine unverbrauchte Mythosbedrohung und mehrere „Finale“, bevor es zum mythosschwangeren Schlagabtausch kommt, ergeben eine ungewöhnliche und gut präsentierte Mischung.

Der Autor hat darüber hinaus daran gedacht, das Privatleben der beiden Investigatoren mit in den Fokus zu rücken und sorgt so für eine sehr individuelle Abwärtsspirale der beiden Protagonisten. Das erklärt dann auch die empfohlene Spieleranzahl, droht der Effekt doch bei einer größeren Gruppe viel zu leicht unterzugehen oder nimmt zu viel Zeit in Anspruch. Damit ist dieses Szenario natürlich wesentlich komplexer und es bedarf auch der passenden Spieler; wer sich aber darauf einlassen mag, erhält mit Sicherheit eine erinnerungswürdige „Crime Noir“-Story mit Mythos-Touch.

Einziger Wermutstropfen an dem Band ist in meinen Augen die Bebilderung. „Totes Licht“ ist in dem von Chaosium-Publikationen vertrauten, eher comichaften Stil illustriert. Dieser transportiert eher wenig cthuloides Flair. Auch für „Schreien und Flüstern“ hat man sich für Zeichnungen entschieden, deren Stil mir allerdings auch nicht wirklich zusagt. Die indirekte Bebilderung früherer Publikationen hat hier deutlich mehr zur Stimmung beigetragen. Dafür sind Lektorat und Korrektorat wieder auf einem guten Niveau.

Fazit: „Horror Americana“ setzt inhaltlich den hohen Standard von „Terror Americana“ nahtlos fort. Es sind zwei sehr unterschiedliche Abenteuer, die hier präsentiert werden. Beide sind aber qualitativ hochwertig.

Horror Americana

Abenteuerband
Alan Bligh, Martin Ziska
Pegasus 2019
ISBN: 978-3957892348
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,95

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