Gruselkabinett 142: Das Zeichen der Bestie

Der britische Schriftsteller Rudyard Kipling ist vor allem für das zeitlos beliebte und mehrfach verfilmte „Dschungelbuch“ bekannt. Allerdings stammen auch eine ganze Reihe Kurzgeschichten aus seiner Feder. 1865 in der britischen Kolonie Indien geboren, ist es nur folgerichtig, dass neben dem „Dschungelbuch“ viele seiner Erzählungen in Indien spielen.

von Michael Wilhelm

Mit „Das Zeichen der Bestie“ erschien nun zum zweiten Mal eine von Kiplings Kurzgeschichten als Hörbuch in der Reihe „Gruselkabinett“. Bekannt ist Rudyard Kipling natürlich nach wie vor für das „Dschungelbuch“, nicht zuletzt genial verfilmt als Zeichentrickfilm von Walt Disney aus dem Jahre 1967 – und 2016 wieder als Remake aus den Disney Studios. Nur für das „Dschungelbuch“ alleine hätte er aber sicher nicht 1907 den Nobelpreis für Literatur erhalten, nicht nur als erster englischsprachiger Schriftsteller, sondern als bis heute jüngster Preisträger überhaupt. Hunderte von Gedichten, zahlreiche Kurzgeschichten und Erzählungen, aber auch mehrere Romane, wie „Kim“ (1950 mit Errol Flynn verfilmt) stammen aus seiner Feder.

Dabei war immer wieder Indien, das Land seiner Geburt und in dem er mit Unterbrechungen bis 1889 lebte, der Handlungsort seiner Geschichten. So auch bei „Das Zeichen der Bestie“. Die Geschichte spielt zum Jahreswechsel 1889/1890. In bester Kolonialisten-Manier lassen drei britische Freunde so richtig die Sau raus. Insbesondere der junge, ungestüme Fleete, der noch nicht so lange in der Kolonie weilt, schlägt über die Stränge und besudelt auf dem Heimweg nach der Silvester-Feier betrunken einen Hanuman-Tempel. Dabei hinterlässt er nicht nur seinen Harn auf geweihtem Boden, sondern schändet das Standbild des Affengottes mit einer Zigarettenkippe. Seine Gefährten können zwar die Einheimischen vom Lynchen abhalten, aber der junge Bursche erscheint danach verändert. Er hat rasenden Appetit auf rohe, blutige Koteletts und ist zunehmend aufbrausend und aggressiv. Da müssen seine Gefährten sich natürlich mächtig ins Zeug legen, um die Ursache seiner Veränderung zu erforschen. Mehr will ich hier nicht verraten.

Nach heutigen Maßstäben ist der Grusel eher verhalten, die Geschichte entwickelt sich ohne echte Überraschungen oder Wendungen und ist stets vorhersehbar. Auch das indische Setting bleibt eher blass und belanglos. Die in diesem Hörspiel rein männlichen Sprecher liefern solide Leistungen ab. Von Musik oder Toneffekten hätte ich mir allerdings mehr erwünscht. Nach 43 Minuten ist „Das Zeichen der Bestie“ auch schon vorbei. Mehr als nettes Mittelmaß liegt hier nicht vor.

Fazit: Inzwischen scheinen der Reihe „Gruselkabinett“ entweder die Vorlagen oder die Ideen auszugehen. Es ist schon eine ganze Weile her, dass mich eines der Hörspiele so richtig gefesselt hat, von echtem Grusel oder Spannung ganz zu schweigen. Auch „Das Zeichen der Bestie“ haut mich nicht vom Hocker. Nett, aber etwas banal.

Gruselkabinett 142: Das Zeichen der Bestie
Hörspiel nach einer Erzählung von Rudyard Kipling
Marc Gruppe
Titania Medien 2018
ISBN: 978-3-7857-5722-2
1 CD, ca. 43 min., deutsch
Preis: EUR 6,99

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