Gruselkabinett 143: Der Wolverden-Turm

„Der Wolverden-Turm“ ist eine klassische Schauergeschichte rund um englische Spukhäuser und ihre Bewohner. Davon gab es im Rahmen des „Gruselkabinett“ ja bereits einige. Lohnt sich dieser Ausflug in das schaurige Britannien dennoch?

von André Frenzer

Als Autor zeichnet in diesem Fall der kanadisch-britische Schriftsteller Grant Allen verantwortlich. 1873 noch als Professor für Ethik am Queen's College auf Jamaika beschäftigt, kehrte er 1876 nach England zurück, um dort von seiner Schriftstellerei zu leben. Er schuf Gedichte, Populärwissenschaftliches, Schriften über Botanik und Theologie aber auch Romane. Darüber hinaus pflegte er eine Freundschaft mit Sir Arthur Conan Doyle.

Seine Geschichte „Der Wolverden-Turm“ greift ganz klassische Gruselbilder auf. Im Jahr 1889 erhält die junge Maisie Llewelyn eine Einladung der reichen Mrs. West. Sie soll auf dem Landsitz Wolverden Hall in Kent das Weihnachtsfest verbringen. Wolverden Hall ist ein fantastisches, uraltes Herrenhaus, das sogar über eine eigene Kirche verfügt. Der jungen Dame fällt jedoch rasch auf, dass der Kirchturm nicht recht zum Rest des altertümlichen Ambientes passen will. Mrs. West erklärt freimütig, dass der alte Kirchturm marode geworden war und neu aufgemauert werden musste. Doch die abergläubische Landbevölkerung steht den Renovierungsarbeiten mit Argwohn gegenüber. Welches Geheimnis schlummert in den Mauern des Wolverden-Turmes?

Nach dieser Einführung der Charaktere schöpft Allen für seine Geistergeschichte aus dem Vollen. Natürlich war der alte Turm von Geistern heimgesucht. Unversehens gerät die junge Maisie in die Gesellschaft dieser Geister, die nun wiederum ein willfähriges Opfer suchen, um auch den neuen Turm mit geisterhafter Präsenz zu weihen. Dabei übertreibt es Allen in meinen Augen sogar ein wenig, stand der alte Kirchturm wohl dereinst auf noch wesentlich älteren Fundamenten. So kann sich eine illustre Schar altertümlicher Spukgestalten die Klinke in die Hand geben, bevor es zum dramatischen Finale kommt.

Während die Geschichte damit fast schon ein wenig übertrieben theatralisch das von Geistern heimgesuchte England mit seinen altertümlichen Herrenhäusern porträtiert, weiß mir die technische Umsetzung ein weiteres Mal zu gefallen. Die Handlung wird hauptsächlich von Sprecherinnen getragen, die allesamt überzeugen können. Anina Braunmiller-Jest und Dagmar von Kurmin tragen als Hauptpersonen Maisie und Mrs. West durch die Geschichte. Doch auch die Nebenrollen wissen zu gefallen: Seien es die Geister der jungen Hedda und Yolande – gesprochen von Kristine Walther und Reinhilt Schneider – oder die alte Bessie (wunderbar mit Leben versehen von Beate Gerlach), welche immer noch eine weitere Geschichte zum Besten geben kann. Die wie üblich gut abgemischten Soundeffekte und das abermals von Ertugul Edirne entworfene, stimmungsvolle Cover tragen ihren Teil zu einer guten Note bei.

Fazit: So wirklich gruselig wird es in dieser Ausgabe des „Gruselkabinetts“, allen Spukerscheinungen zum Trotze, nicht. Dafür trägt Grant Allen ein wenig zu dick auf. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine nette Geistergeschichte in technisch einwandfreier Vertonung.

Gruselkabinett 143: Der Wolverden-Turm
Hörspiel nach einer Geschichte von Grant Allen
Marc Gruppe
Titania Medien 2018
ISBN: 978-3-7857-5723-9
1 CD, ca. 43 min., deutsch
Preis: EUR 6,99

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