Detective – Erste Fälle

Nach dem erfolgreichen „Detective“ ist im September 2020 mit „Detecitve – Erste Fälle“ ein vereinfachter, aber weiterhin anspruchsvoller Ableger erschienen. Dieses ebenfalls kooperative Brettspiel funktioniert eigenständig und bietet drei neue, in sich abgeschlossene Fälle.

von Shadow

„Detective“ hat ein außergewöhnliches Spielprinzip, bei dem es gemeinsam verschiedene Fälle zu ermitteln gilt. Die Entscheidungen der Spieler sind dabei von großer Bedeutung. Zunächst wählt man einen der drei Fälle und liest den entsprechenden Prolog. Daraufhin erhält man die ersten Spurenkarten und muss sich von nun an entscheiden, welche Hinweise genauer untersucht werden sollen. Hierbei sollte man sehr überlegt vorgehen, da das Team nur einen Bruchteil der vorhandenen Spurenkarten zu sehen bekommen wird. Hat man sich entschieden, rückt der Uhrmarker nach und nach weiter, bis die Zeit abgelaufen ist.

Die Hinweise auf den Spurenkarten werden auf unterschiedliche Wege vermittelt. Entweder enthalten die Karten selbst weitere Informationen oder sind mit Schlüsselwörter versehen, die man auf der eigens für „Detective“ programmierten Website eintragen kann.

Gelegentlich bekommt man Codes für gefundene Fingerabdrücke, die man eintragen kann, um Bonuspunkte zu erhalten. Sehr ansprechend sind außerdem die Videos, die Aufnahmen von Überwachungskameras darstellen sollen. Die Verwendung der Website ist somit grundlegend, deshalb sollte man für „Detective“ auf jeden Fall einen Internetzugang haben. Für eine bequeme Bedienung sollte das Endgerät mindestens die Größe eines Tablets haben. Wer es besonders komfortabel haben möchte, kann seinen Laptop auch an den Fernseher anschließen, dann sind die Informationen für alle Spieler sichtbar.

Der Abschlussbericht erfolgt ebenfalls über die Website, auf der man Fragen beantworten muss, die weitaus mehr beinhalten als nur die Tatsache, wer der Täter war. Die Auswertung kann jedoch hin und wieder zu seltsamen Ergebnissen führen. Theoretisch ist es möglich, dass man zahlreiche Punkte erreicht, obwohl man den Mörder nicht erraten hat.



Neben der Nutzung der Website empfiehlt sich die Anfertigung einer Mindmaps. Außerdem lohnt es sich, zwischendurch Notizen zu machen. Für die Mindmap liegen dem Spiel sogar Porträt-Kärtchen bei, welche ansprechend illustriert sind. Etwas schade ist nur, dass die Illustrationen nicht zu den Fotos in der Datenbank passen. Das Spielmaterial besteht in erster Linie aus den Spurenkarten, doch sind außerdem verschiedene Marker, ein kleines Spielbrett, zwei Holzfiguren, Plättchen für die Spielercharaktere und die bereits erwähnten Porträts enthalten.

Beim Lesen der Spurenkarten sollte man besonders aufmerksam sein und hin und wieder um die Ecke denken. Vereinzelt benötigt man jedoch auch etwas Glück, da sich nicht immer allein aus Logik erschließen lässt, welche Spur die sinnvollste ist. Dennoch sind die Ermittlungen stets spannend und sorgen für angeregte Diskussionen innerhalb der Gruppe. Obwohl diese hin und wieder etwas länger dauern können, ist die auf der Packung angegebene Spielzeit von 90-120 Minuten pro Fall zutreffend. Empfohlen werden fünf Spieler, was als Obergrenze gesehen werden sollte. Theoretisch würde die Spielmechanik mehr zulassen, doch den meisten Spaß am Spiel wird man am ehesten zu dritt oder zu viert haben, da bei dieser Anzahl jeder eine klare Aufgabe hat. Einer zeichnet die Mindmap, der nächste behält den Überblick, welche Spuren noch offen sind und der Dritte bedient die Website. Mit jedem weiteren Spieler hat man gute Chance auf neue Ideen und interessante Ansätze, was das Treffen einer Entscheidung allerdings nicht unbedingt vereinfacht und außerdem verringern sich mit jedem Spieler die Fertigkeitsplättchen, wodurch man mit weniger Hinweisen auskommen muss.

Die Fälle sind durchgehend spannend, anspruchsvoll und bieten abwechslungsreiche Geschichten. Zunächst begibt man sich an die Virginia Commonwealth University und ermittelt den Mord an einem Wissenschaftler. Im zweiten Fall befindet man sich in einem Herrenhaus in Großbritannien. Auf den ersten Blick erscheint das Setting klischeehaft, jedoch haben es die Ermittlungen in sich und bringen die Gruppe außerdem zum Schmunzeln. Bei der dritten Geschichte bekommt man es mit der Mafia zu tun, die mit ihrem ganz eigenen Stil für Unruhen sorgt. Die einzelnen Spurenkarten bieten ihre Informationen in wohl portionierten Häppchen. Etwas schade ist, dass die Texte stellenweise unglücklich formuliert wurden. Da kann es schon einmal vorkommen, dass man die Türe betritt anstatt den Raum oder einzelne Buchstaben vertauscht wurden. Der Spielfluss wird dadurch zwar nicht gehemmt, bei einem Spiel, in dem eine spannende Geschichte im Mittelpunkt steht, hätte man die Texte allerdings schon genauer Korrekturlesen sollen.



„Detective – Erste Fälle“ spielt sich im Großen und Ganzen wie das ursprüngliche „Detective“, doch gibt es vereinzelte Neuerungen. Die Spielmechanik wurde vereinfacht, indem es keine Stressplättchen und Sternchen-Marker mehr gibt. Auch die mit @-gekennzeichnete Internet-Recherche entfällt. Die Fertigkeits-Plättchen für eine tiefere Recherche wurde von drei Sorten auf eine reduziert. Die Charaktere haben keine Fertigkeiten mehr, sondern stellen nur noch eine Rollenverteilung unter den Spielern dar und haben dadurch eigentlich nur noch rein dekorative Funktion. Die reduzierte Variante spielt sich sehr angenehm und war somit eine sinnvolle Entscheidung. Nur dass die Charaktere keine Funktion mehr haben, ist etwas schade.

Die Kartendecks enthalten jeweils einen abgeschlossenen Fall und sind lange nicht mehr so umfangreich und komplex, dennoch bleiben sie erfreulich anspruchsvoll. Somit werden „Detective“-Fans ihre Freude damit haben. Für Neulinge bietet „Erste Fälle“ den perfekten Einstieg in ein außergewöhnliches Spielprinzip. Die Anleitung ist mit 10 Seiten Erklärung relativ kurz und leicht verständlich. Etwas irreführend ist nur die Erwähnung von „Stress-Plättchen“, die es dieses mal gar nicht gibt. Diesen Part kann man somit einfach ignorieren.

Hat man alle Fälle gelöst, hat man für das Spiel eigentlich keine Verwendung mehr. Ein zweiter Durchgang lohnt sich nicht – es könnte allerdings noch interessant sein, im Nachhinein die Spurenkarten zu lesen, die einem entgangen sind.

Fazit: „Detective“-Fans dürfen sich auf neue abwechslungsreiche und spannende Fälle freuen, die sich mit deutlich weniger Zeitaufwand lösen lassen als gewohnt und dennoch sehr anspruchsvoll sind. Für Neulinge bietet „Erste Fälle“ den perfekten Einstieg in ein außergewöhnliches Spielprinzip.

Detective – Erste Fälle
Spiel für 1 bis 5 Spieler ab 12 Jahren
Ignacy Trzewiczek
Pegasus Spiele 2020
EAN: 4250231727771
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 24,99

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