Batman – Everybody Lies

In der Stadt Gotham City, die von Kriminalität und Armut geplagt wird, ist es ein heikles Unterfangen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. „Everybody Lies“ könnte man meinen… Als sich ominöse Ereignisse häufen, meldet sich Jim Gordon und bittet um Mithilfe. So stürzt ihr euch als Catwoman, Vicki Vale, Warren Spacey oder Harvey Bullock in ein Abenteuer der Extraklasse! Für euch steht fest: Die Menschen in Gotham verdienen die Wahrheit und Gerechtigkeit!

von Daniel Pabst

„Batman – Everybody Lies“ aus dem Jahre 2022 ist der neueste Ableger von „Detective: A Modern Crime Board Game“ von Portal Games und wird vertrieben über Pegasus Spiele. Der Karton enthält 1 Spurenkartendeck (85 Karten), 1 Szenenkartendeck (31 Karten), 1 Kartendeck zu persönlichen Zielen (27 Karten), 16 Intros, 1 Spielbrett, 8 Ortstafeln, 4 Charaktertafeln, 3 Zugangsplättchen, 10 Beweismittelplättchen, 1 Standortmarker, 1 Ermittlungsmarker, 4 Charakterplättchen, 1 gefalteten Papier-Stadtplan von Gotham City und 1 Spielanleitung.

In diesem Brettspiel schlüpft ihr in eine Rolle aus dem „Batman“-Universum und stattet dem geflügelten Rächer in DCs Gotham City einen Besuch ab. Zur Auswahl stehen Catwoman, Vicki Vale, Warren Spacey und Harvey Bullock. Habt ihr eure Rolle, so steht dem Abenteuer kaum noch etwas im Wege. Denn die Spielanleitung ist schnell gelesen, und wer eines der Brettspiele aus der „Detective“-Reihe von Portal Games kennt, der ist umso schneller fertig mit der Spielvorbereitung. „Batman – Everybody Lies“ nutzt viele bekannte Mechaniken.



So gibt es zum Beispiel wieder eine Webseite, auf der man Dokumente, Textnachrichten, Zeitungsartikel und Fotos zu sehen bekommen wird. Auch gilt es, jeweils einen „Abschlussbericht“ einzureichen, was bedeutet, dass man Fragen auf der Webseite beantwortet. Am Ende der Fälle wird es zudem eine Auflösung und einen Epilog online zu lesen geben. Ist „Batman – Everybody Lies“ nur eine nette Ergänzung für Fans der „Detective“-Reihe, bei der nicht alle Teile bei den Kritikerinnen und Kritikern besonders gut ankamen, oder mehr als das?

Die vier Charaktere, die für euch zur Auswahl stehen, ergänzen sich schon einmal gut. Wo die Journalistin und der Journalist am helllichten Tage nicht reinkommen, da versucht es ein Polizeibeamter mit seiner Autorität, oder haut als „Bad-Cop“ mal so richtig auf den Tisch, um Informationen zu erhalten. Und falls das nicht hilft, dann steigt die „geschmeidige Katze“ eben durch ein offenes Fenster ein. Für die richtige Atmosphäre beim Spielen sorgen aber nicht nur diese vier Charaktere, sondern die Geschichte, die in „Batman – Everybody Lies“ erzählt wird, und die vielen Illustrationen.



Die Geschichte (erdacht von Ignacy Trzewiczek, Weronika Spyra, Tyler Brown und Jakup Poczety) wurde aufgeteilt in vier Fälle („Prolog“, „Schuld“, „Nostalgia“ und „Remorse“). Jeder Fall beginnt damit, dass ihr einen der vier verschlossenen Papierumschläge öffnet. Darin befindet sich ein gefaltetes Blatt Papier, das aufzuklappen und dessen Text vorzulesen ist. Im Prolog zum Beispiel beginnt es damit, dass Vicky Vale bei der Arbeit erfährt, dass die für tot erklärte Kollegin Karen Sinclair nach der Beerdigung in der Nähe des eigenen Grabes gestanden haben soll, um ihren eigenen Grabstein anzuschauen. Spukt es neuerdings in Gotham City?

Schritt für Schritt erhaltet ihr die Spuren für die Lösung des Falles, die ihr euch in Form von Karten vorlest. Zusätzlich befinden sich auf diesen Spurenkarten Hinweise, die euch auf die Webseite des Spiels führen. Dabei befinden sich die Spuren an verschiedenen Orten in Gotham City. Mal müsst ihr in das Rathaus, zur Gotham City Gazette, ins Stadtzentrum oder zum GCPD. Ein anderes Mal geht es tief hinab in den Untergrund, in das Blackgate-Gefängnis, zum Arkham Asylum oder ihr besucht keinen Geringeren als Batman in seiner Bathöhle.



Zusätzlich zur Lösung der Fälle, hat jeder der vier Charaktere eine eigene Mission zu erfüllen. Diese liegen zusammengefaltet mit in den Umschlägen und sind allein zu lesen. Für Catwoman bedeutet dies beispielhaft, dass sie in Erfahrung bringen möchte, wer ihr bei einem Diebstahl zuvorgekommen ist, und Harvey Bullock interessiert einmal, wer ein gefährliches Serum produziert. Da die Mitspielenden diese geheimen Mission bis zur Lösung des jeweiligen Falles nicht kennen, entsteht eine zusätzliche Spannung – heißt es am Ende doch immer, dass nicht erreichte Ziele den Punktestand des gesamten Teams schmälern. „Batman – Everybody Lies“ ist also trotz des Titels ein kooperatives Spiel, bei dem dennoch jede und jeder einen eigenen Teil zur Lösung beiträgt. Natürlich kann man auch die Missionen offenbaren, wenn man das für besser hält – stimmungsvoller ist es aber, wenn die Geheimnisse erst am Ende gelüftet werden.

Die Illustrationen (von Hanna Kuik, Maciej Siminski, Maciej Siminski, Rafal Szyma und Mateusz Kopacz) haben einen eindrucksvollen Anteil am Spielerlebnis. Denn anders als bei anderen Spielen gibt es ein Szenenkartendeck, das – wie bei einem Comic – die Szenen abbildet. Ab und zu heißt es auf den Spurenkarten, dass ihr eine der Szenenkarten aus dem Deck in die Tischmitte legen dürft. Dann kann euch ein „Killer Croc“ besuchen oder ihr seht andere sehr passende Illustrationen zur Geschichte des jeweiligen Falles.

Bei diesen „Comic-Panels“ werden besonders alle ihre Freude finden, die mit der Welt von Batman vertraut sind und gerne „Batman“-Comics lesen. Wer bisher Batman nur aus dem Kino kennt, der erhält mit diesem Brettspiel einen winzigen Einblick in die bunte – durchaus düstere – Welt der („Batman“-)Comics. Und manchmal bieten diese kleinen Szenen sogar Hinweise zur Falllösung! Das ist sehr geschickt gemacht und im Rahmen der „Detective“-Reihe eine Neuheit.



„Batman – Everybody Lies“ hat neben dieser Neuheit auch die Kritik bezüglich so mancher „Detective“-Spiele nicht unbeachtet gelassen. Die Integration der Internets ist stark reduziert worden, sodass der Schwerpunkt auf den Texten der Spurenkarten liegt. Auch die Fähigkeiten der Charaktere ähneln sich, und man erhält nach jeder Spurenkarte genau ein Beweismittelplättchen, das als „Währung“ dient. So muss man kein „Mikromanagement“ der Ressourcen durchführen muss. Die Spieldauer des Prologs beträgt etwa 1 Stunde und die Spieldauer der drei darauffolgenden Fälle beträgt jeweils 2-3 Stunden. Damit hat man also mindestens 7 Stunden Spielfreude!

Fraglich scheint bei den Verbesserungen des „Detective“-Spielsystems aber, wieso bei „Batman – Everybody Lies“ nicht gleich auf die für die Geschichtserzählung irrelevanten Ortstafeln, Charaktertafeln, Standortmarker, Zugangsplättchen, Beweismittelplättchen und Charakterplättchen verzichtet wurde. Auch die Hinweise auf der Webseite hätten in Papierform – beispielsweise durch eine Zeitung der Gotham City Gazette – ersetzt werden können. Und der Abschlussbericht hätte in einem eigenen verschlossenen Umschlag Platz finden können, sodass das Spiel dann ohne Internet ausgekommen wäre. Mit den Szenenkarten wurde doch bewusst auf das Internet verzichtet. Hier besteht also noch Verbesserungsbedarf und mehr Mut für das nächste „Detective“-Spiel.

Da für die Geschichte von „Batman – Everybody Lies“ als Altersempfehlung „ab 14 Jahren“ vorgegeben wurde, eignet sich dieses Spiel nicht unbedingt für die ganze Familie. Das macht aber gar nichts, da die langen Texte und Dialoge auf den Spurenkartendecks ohnehin manche Kinder gelangweilt hätten. Für Fans von düsteren Kriminalgeschichten oder Freunde der Welt von Gotham City dagegen sind die gebotenen Nebeninformationen eine riesige Freude, da sie einen noch tiefer in die Welt und die düsteren Orte von Gotham City eintauchen lassen. Die Fülle an bekannten Figuren aus der „Batman“-Welt, die in diesem Spiel auftauchen, passen perfekt in die erzählte Geschichte. Am Ende der vielen Spielstunden hat man so einiges erlebt und Gotham City hoffentlich zu einem klein wenig besseren Ort gemacht, an dem es fortan mehr Gerechtigkeit geben wird.

Fazit: Wer Interesse am „Batman“-Universum oder düsteren Superhelden-Geschichten hat, der wird eine sehr starke Zeit mit diesem Brettspiel erleben. Die Spiel-Atmosphäre durch die comicartigen Szenenkarten sind ein Highlight. Sowohl die Charaktere als auch die Befragten strotzen nur so vor Kraft, und die spannende Geschichte ist in sich abgeschlossen. Da sich in Gotham City natürlich nicht alle dunklen Wolken mit einem einzigen Brettspiel zur Seite schieben lassen, könnten wir uns womöglich – wie bereits im Jahre 1992 – auf „Batmans Rückkehr“ freuen! Ob es eine Fortsetzung dieses Brettspiels geben wird? Zu wünschen wäre es so was von!

Batman – Everybody Lies
Brettspiel für 2-4 Spielende ab 14 Jahren
Ignacy Trzewiczek, Weronika Spyra
Pegasus Spiele 2022
EAN: 4250231733840
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 44,99

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