Baker Street – das Vermächtnis von Sherlock Holmes (Escape Game)

Escape Games oder auch Exit Games als Brett- oder Kartenspiel kommen immer mehr in Mode. Es gibt bereits mehrere deutsche Verlage, die dieses Genre in ihrem Sortiment haben. Panini ist seit April 2021 neu dabei und hat inzwischen vier Escape Games veröffentlicht. Eines davon ist „Baker Street – das Vermächtnis von Sherlock Holmes“, welches in folgender Rezension nun genauer unter die Lupe genommen wird.

von Shadow

Als Amateurdetektive sollen die Spieler herausfinden, wer Shirley Hawkes ermordet hat, deren Leiche in der City of Westminster gefunden wurde. Hierfür untersuchen die Spieler vier Orte, die jeweils ein Rätsel bereithalten, das zu einem Hinweis auf den Täter führt. Es gibt für jeden Ort 9 verschiedene Rätselkarten, woraus sich 9 etwa 30-minütige Spielrunden ergeben.

Es ist eine gelungene Idee, ein Escape Game in Form eines Krimis umzusetzen. Es handelt sich dadurch nun nicht mehr um ein typisches Escape Game, doch da der Schwerpunkt auf den Rätseln liegt, spielt es sich wie eines. So schön die Idee auch ist, hat die Umsetzung jedoch Verbesserungspotenzial. Dies liegt in erster Linie an den Rätseln selbst, aber auch an einem stellenweise undurchdachten Spielablauf.



Grundsätzlich sind die Rätsel abwechslungsreich und knifflig, doch zu oft auch frustrierend. Häufig erinnern die Texte an eine uneindeutig formulierte Textaufgabe aus dem Matheunterricht – da scheitern selbst die besten Logiker. Uneindeutig ist oft auch der Lösungsweg. Die Auflösungen sind nachvollziehbar, doch hätte man oft mit einem anderen Ansatz ebenfalls zu einer logisch erklärbaren Lösung kommen können. Hat man ein Rätsel gelöst, führt das Ergebnis zu einer Zahl, die benennt, welchen Hinweis man aufdecken darf. Ob es sich nun um einen richtigen Hinweis handelt oder nicht, erfährt man hierbei nicht. Dass ein falsch gelöstes Rätsel einen falschen Hinweis hervorbringt, ist an sich sinnvoll, doch nur, wenn man davon ausgeht, dass es stets nur einen Lösungsweg gibt. Das Niveau der Rätsel schwankt erheblich. Manchmal sind sie genial, manchmal viel zu einfach. Hin und wieder ist die Auflösung außerdem zu sehr an den Haaren herbeigezogen.

Hat man alle vier Rätsel einer Spielrunde gelöst, darf man einen Blick auf ein Poster mit Illustrationen von 36 Verdächtigen werfen. Anhand von Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Gegenständen, die die Personen mit sich führen, beginnt man ein Ausschlussverfahren, bis bestenfalls nur noch einer übrig bleibt. Hierfür sollte man sich die Illustrationen sehr genau anschauen, da es viele Überschneidungen gibt. Dahinter steckt ein originelles System, da man die 9 Karten der jeweiligen Orte beliebig miteinander kombinieren kann. Somit muss jede Kombination zu einem passenden Täter führen. Im Laufe des Spiels wird man sich jedoch immer wieder fragen, ob das System vielleicht doch Fehler hat. Manche Täter scheinen einfach nicht auf die Hinweise zu passen. Wie es zu der Schlussfolgerung zu dem jeweiligen Täter gekommen ist, wird nicht aufgelöst.



Zu den Rätseln gibt es allerdings eine Auflösung. Diese findet man online als PDF zum Download. Da man vermutlich eher nicht mit einem Laptop oder PC am Spieltisch sitzt, wird man auf ein mobiles Endgerät zurückgreifen. Eine PDF-Datei ist hierfür etwas ungeeignet. Da wäre ein für mobile Endgeräte optimierter Code angenehmer gewesen. Die Lösungen sind in drei Schritte aufgeteilt, sodass man sich noch einmal an den Rätseln versuchen kann, ehe man zur Auflösung springt. Die einzelnen Schritte sind jedoch über mehrere Seiten der PDF-Datei verteilt, die Zahlen der betroffenen Karte nur schwer lesbar, was sehr nervenaufreibend sein kann.

Laut der Packung ist dieses Escape Game „(fast) bis zu Unendlichkeit spielbar“. Um dies präziser auszudrücken: Pro Gruppe ist es genau 9x spielbar, wenn man keine Rätsel doppelt lösen möchte. Danach kann man das Spiel problemlos weitergeben, da mit wenigen Ausnahmen vom Material nichts bemalt oder zerstört werden muss. Dies wäre bei einem solch schönen Spielmaterial auch etwas schade. Insbesondere die Karte mit den Verdächtigen wurde liebevoll umgesetzt und auch die Spielschachtel hinterlässt einen ansprechenden Eindruck. Durch eine raffinierte Faltung kann man den unteren Teil der Schachtel zu einem Spielbrett auseinanderfalten.

Passend zum Titel spielt der Kriminalfall im 19. Jahrhundert in London – damit hört die Verbindung zu Sherlock Holmes allerdings schon auf. Die Rätsel werden häufig von einer stimmungsvollen Geschichte eingerahmt, die jedoch immer wieder einen harten Bruch erleiden. Sie verlaufen sehr konstruiert, da die Rätsel sonst nicht mehr funktionieren.

Enthaltenes Spielmaterial:


Fazit: „Baker Street – das Vermächtnis von Sherlock Holmes“ bringt eine geniale Idee mit sich und ist optisch sehr ansprechend. Die Umsetzung hat jedoch Verbesserungspotenzial. Dies liegt in erster Linie an den Rätseln selbst, aber auch an einem stellenweise undurchdachten Spielablauf.

Baker Street – das Vermächtnis von Sherlock Holmes (Escape Game)
Spiel für 2 bis 6 Spieler ab 14 Jahren
Nicolas Lupi
Panini 2021
EAN: 4026898004124
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 13,99

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