Vienna Connection

Bei „Vienna Connection“ ermittelt man gemeinsam als Spezialeinheit der CIA in Europa zu Zeiten des Kalten Krieges. Die Handlung ist fiktiv, hat aber viele Parallelen zur Realität, wie man es bereits von „Detective“ kennt. Die „Detective“-Reihe umfasst inzwischen mehrere Spiele, wovon die meisten eigenständig spielbar sind, dazu gehört auch „Vienna Connection“.

von Shadow

Bei „Vienna Connection“ gilt es, gemeinsam 4 Fälle zu lösen, die eine zusammenhängende Hintergrundgeschichte haben, weshalb es sich empfiehlt, diese mit derselben Gruppe und bestenfalls mit nur kurzen Zwischenpausen zu spielen.

In der ersten Mission soll man einen rätselhaften Mordfall aufklären, welcher nur eine Spur zu etwas viel Größerem ist, nämlich zu geplanten Terroranschläge der RAF. Für jeden Fall erhält man einen Prolog und die ersten Spurenkarten, bei denen man gut überlegen sollte, welchen Hinweisen man folgt, da man nur begrenzt oft recherchieren darf und somit nur einen Bruchteil davon kennenlernen wird. Die Spuren sind in verschiedenen Zonen unterteilt: konspirative Wohnungen der CIA und Orte, die für das Team sicher sind (weiß), öffentliche Orte (blau), kriminelle Unterwelt und Polizei (gelb) und Orte, die von der Gegenspionage kontrolliert werden (rot). Jede Zone hat ihre eigene Limitierung, weshalb man immer auf die Farbe achten sollte. Häufig ist es sinnvoll, zunächst einmal Spuren zu folgen, für die man noch viele Versuche frei hat, da man im Laufe des Spiels neue Möglichkeiten entdecken kann, die gegebenenfalls interessanter sind als die bisher bekannten Optionen. Für manche Recherchen benötigt man außerdem Marker einer bestimmten Farbe, welche zu Beginn einer Mission zugeteilt werden oder die man während den Ermittlungen erhält. Auch hierbei sollte man stets gut überlegen, ob der Hinweis es wirklich Wert ist.



Durch die Spurenkarten kommt man nach und nach auf unterschiedliche Wege an weitere Informationen. In den meisten Fällen erhält man eine oder mehrere der DIN-A4 großen Dokumentseiten, die beabsichtigterweise mal mehr und mal weniger hilfreiche Hinweise geben. Dies können unter anderem Zeitungsausschnitte sein, Verhöre, Personenakte oder Notizen. Neben Schlussfolgerungen, basierend auf der Handlung, gibt es weitere Spielelemente, die für Abwechslung sorgen. Bei den Spurenkarten kann es vorkommen, dass man auf der Rückseite Fragen zu dem Text beantworten muss. Diese Fragen sind meist für den Fall nicht von Bedeutung, sondern gehen auf beiläufig erwähnte Details ein. Einerseits ist das eine interessante Idee, manchmal kann dies aber auch störend sein, weshalb manche Spieler dieses Element lieber weglassen. Für das Weiterkommen grundlegend sind Zahlenrätsel, die erfreulicherweise eine eindeutige Logik haben, anders als bei manchen Exit-Games. Außerdem erhält man im Laufe der Ermittlungen Puzzle-Fragmente, bei denen es sich um Zahlen für einen der Codes handelt, die man über eine Internetseite oder App eintragen kann. Da diese Puzzle-Fragmente für die Ermittlungsarbeit wichtig sind, sollte man ein entsprechendes Endgerät zu Verfügung haben und eine Anbindung zum Internet.

Kann man sich die Recherche in einer bestimmten Zone nicht mehr leisten, muss man ein freies Feld bei „Mann in Schwarz“ kennzeichnen, bis keine freien Felder verfügbar sind, denn sonst endet die Mission, da man bei ausländischen Geheimdiensten zu viel Aufmerksamkeit erregt hat. Die Gruppe muss den Fall nun über die App lösen. Hierfür kommt es zur Auswertung der entschlüsselten Codes und zu Fragen zu dem Fall. Für jeden gefundenen Code bekommt man eine Zusammenfassung wichtiger Informationen zu dem Fall. Bei fehlenden Codes muss man sich die Informationen selbst logisch erschließen, was meist über passend gestellte Frage in der App geschieht. Die vier Fälle hängen zusammen, sind aber in sich weit genug abgeschlossen, sodass es nicht allzu tragisch ist, wenn man mal zu einem Fall nicht alles herausgefunden hat.

Der Schwerpunkt von „Vienna Connection“ liegt auf dem Erleben einer spannenden Geschichte und der Recherchearbeit anhand des verfügbaren Materials und teilweise auch im Internet. Es macht richtig Spaß, oft schwierige Entscheidungen zu treffen, doch sollte man sich bewusst sein, dass man hierfür viel lesen muss oder sich gegenseitig vorlesen wird. Die Fälle sind knifflig und somit vor allem für Spieler geeignet, die eine Herausforderung suchen und gern mehrere Stunden am Stück gemeinsam grübeln. Als Unterstützung sind sorgfältig erstellte Notizen und eine Mindmap sehr empfehlenswert. Eine Besonderheit der Geschichte ist, dass die Ereignisse auf wahre Begebenheiten basieren. Die Charaktere und Fälle sind zwar fiktiv, haben aber Parallelen zu realen Personen. Wer tiefer in die Hintergründe eintauchen möchte, kann sich nach dem letzten Fall noch eine äußerst interessante Erläuterung dazu durchlesen.



Freude bringt auch das liebevoll gestaltete Spielmaterial. Jede Mission steckt gut sortiert in einem eigenen Umschlag. Die einzelnen Dokumente sorgen allein schon optisch für eine passende Atmosphäre, da die Gestaltung gut zu den Zeiten des Kalten Krieges passt. Die Website beziehungsweise App hat ebenfalls ein ansprechendes Design und enthält neben den Puzzlefragmenten auch Tonaufnahmen von geheimen Botschaften. Die Ressourcenmarker bestehen aus Holz, wodurch sie einen besseren Eindruck hinterlassen als die sonst gerne verwendeten Pappmarker.

Wie für Krimi-Spiele üblich, wird man „Vienna Connetion“ nur einmal spielen. Da vom Spielmaterial nichts zerstört werden muss, kann es jedoch einfach weitergeben. Lediglich das Kampagnentagebuch und der Missionsbogen werden verbraucht, doch dafür gibt es eine einfache Lösung: Entweder man erstellt sich vorher eine Kopie oder man nutzt einen Bleistift. Denkt man mal nicht daran, ist das auch nicht so schlimm, da es von jedem Missionsbogen sogar zwei Exemplare gibt. Das hochwertige Spielmaterial und die Möglichkeit, dass „Vienna Connetion“ weitergegeben werden kann, rechtfertigen den Preis von 44,95 Euro. Wer sich die Spielschachtel anschaut, könnte auf den ersten Blick jedoch etwas schockiert sein und sich denken: „45 Euro für nur 3 Stunden Spielzeit?“ Tatsächlich ist die Angabe fehlerhaft, da es sich um 4 Fälle handelt, bei denen jeder einzelne rund 3 Stunden in Anspruch nimmt – somit erwartet die Spieler eine positive Überraschung. Die empfohlene Spieleranzahl beträgt 5, was als Obergrenze gesehen werden sollte. Theoretisch würde die Spielmechanik mehr zulassen, doch den meisten Spaß am Spiel wird man zu dritt oder zu viert haben, da sonst Wartezeiten entstehen können, bis jeder ein Blick in die Dokumente geworfen hat.

Im Vergleich zu „Detective“ erzeugt „Vienna Connection“ ein ähnliches Spielgefühl, doch gibt es auch Unterschiede. Die Fälle sind sehr komplex, aber weniger komplex als bei „Detective“. Es gibt weniger falsche Fährten und insgesamt kann man weniger Fehler machen, was man unter anderem daran erkennt, dass der Abschlussbericht nicht mehr so umfangreich ist. Zudem wirken sich falsche Schlussfolgerungen in vergangenen Fällen kaum auf künftige Fälle aus. Hat man bei „Detective“ noch sehr viel Zeit mit der Antares-Website verbracht, spielt diese nun eine untergeordnete Rolle, da die wichtigsten Informationen auf dem Spielmaterial selbst enthalten sind.



So liebevoll „Vienna Connection“ auch umgesetzt wurde, haben sich bei der Übersetzung ins Deutsche leider Fehler eingeschlichen, wie eine inkonsequente Schreibweise des Namens derselben Person, Daten bei denen der Monat mit dem Tag vertauscht wurde oder auch Puzzle-Fragemente, die man nirgends eingeben kann.

Spielmaterial:
1 Spurenkartendeck
1 Aktenstapel mit fast 100 Dokumentenseiten
4 Umschläge mit Spezialmaterial für die Missionen
15 Holzplättchen
8 Missionsbögen
1 Spielanleitung

Fazit:
Der Schwerpunkt von „Vienna Connection“ liegt auf dem Erleben einer spannenden Geschichte und der Recherchearbeit anhand des verfügbaren Materials. Außerdem benötigt man einen Internetzugang für die eigens für das Spiel erstellte Website beziehungsweise App. Die Fälle sind anspruchsvoll und richten sich somit an Spieler, die eine Herausforderung suchen und gern mehrere Stunden am Stück gemeinsam grübeln. Am besten plant man mehr als 3 Stunden ein, da man vor lauter Spannung nur schwer aufhören kann und wahrscheinlich gleich mehrere Fälle auf einmal lösen möchte.

Vienna Connection
Spiel für 1 bis 5 Spieler ab 16 Jahren
Ignacy Trzewiczek
Pegasus Spiele 2021
EAN: 4250231729300
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 44,95

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