Corum 1 – Der scharlachrote Prinz

„Prinz Corum“ ist ein ewiger Held. Einer von vielen, aber nicht wie die anderen. Er begibt sich auf eine Reise, eher ein Wettrennen, um nicht von den Wogen der Geschichte ertränkt zu werden wie sein Volk. Die Reise beginnt hier und er ist gewillt, sie anzutreten und am Ziel über seine Feinde und die Geschichte zu triumphieren.

von KaiM

Vor etwa 30 Jahren hatte ich zum ersten Mal Kontakt zu den Werken von Michael Moorcock. Ich war aber noch zu jung, um sie selbst zu lesen und musste mir daher die wichtigsten Dinge erzählen lassen. Später kam noch das Rollenspiel „Sturmbringer” hinzu und ich lernte einiges über die Welt von Elric von Melnibone. Dann wurde es für mich lange still um diese Welt, und erst vor einigen Wochen landete, beinahe wie aus dem Nichts, dieser Comic bei mir und ich war sofort fasziniert. Schließlich ist der Autor gewissermaßen eine Legende, der viele große Roman-Reihen geschrieben hat.

Rückblickend war ich sehr verwundert, dass ich so lange nichts von den ewigen Helden gehört hatte. Große Roman-Zyklen wurden in den letzten Jahren verfilmt und Streaming-Anbieter haben einen großen Anteil daran, dass viele Themen und Geschichten in Serienform veröffentlicht wurden. Ein wenig Recherche zeigte nun, dass sogar eine Serie bei einem großen Anbieter geplant war, aber anscheinend nun doch erstmal nicht realisiert wird. Natürlich ist das sehr schade, aber bis dahin können wir die Welten von Michael Moorcock in Form von Comics genießen.

Die zugrundeliegende Roman-Reihe wurde von 1971 bis 1974 geschrieben und der Comic erschien im Englischen etwa 15 Jahre nach dem ersten Buch. Dann hat es tatsächlich 34 Jahre gedauert, bis der erste Band im Jahre 2020 endlich auf Deutsch erschien. Er umfasst 112 Seiten und kommt als Sammelband der ursprünglichen Einzelhefte im  edlen Hardcover daher.  

Der Autor Mike Baron hat insbesondere in den 1980ern und 1990ern bei diversen Verlagen veröffentlicht und hauchte zum Beispiel auch dem Punisher oder Superheld Flash Leben ein. Auch der Zeichner Mike Mignola ist heute kein Unbekannter mehr, wo er doch Hellboy erfand. Aber während der Arbeiten an „Prinz Corum“ stand er noch am Anfang seiner Karriere. Natürlich wurden Comics damals noch anders produziert als heute, was man dem Comic auch ansieht. Die Bildaufteilung ist klassisch, die Hintergründe sind schlicht gehalten und die Detailtiefe der Einzelbilder überschaubar. Es kann zumindest nicht schaden, vor dem Kauf einen Blick hinein zu werfen, falls man sich über den geplanten Kauf noch nicht ganz im Klaren ist.
     
Die Geschichte dieses ersten Comic-Bandes adaptiert das erste von sechs Büchern, die den gesamten Zyklus rund um den Helden Corum beschreiben. Fernab von generischen Fantasy-Geschichten sieht der Prinz im scharlachroten Mantel, wie die Weltordnung, derer sich seine Sippe über Jahrtausende gewiss war, in sich zusammenfällt. Er wird gezwungen, sich auf eine Reise zu begeben, deren Ziel ihm selbst über weite Strecken unklar ist. Er kennt weder seinen Feind, noch wirkliche Freunde.

Auf dieser Reise ist er umgeben von skurrilen Charakteren und Wesen und stolpert aus seltsamen Landschaften in noch seltsamere Sphären. Vieles bleibt vage und wird nur am Rande dargestellt. Mit Informationen über sein eigenes Volk, die Vadhagh, oder ihre alten Feinde, die Nhadragh, wird gegeizt. Auch über die Mabden, die neu auferstandenen Feinde der alten Völker, wird wenig verraten. Sicher ist lediglich, dass sie die Menschheit darstellen sollen.

Aber nicht nur die Völker werfen viele Fragen auf. Die Welt steht nicht alleine in einem unendlichen Universum, im Gegenteil. Neben der normalen Welt, oder wie man sie auch nennen möchte, gibt es fünfzehn Ebenen – und nur den Vadhagh war es erlaubt, zwischen ihnen zu reisen. Und weiter? Man weiß es nicht und auch nach den ersten einhundert Seiten ist man nicht viel schlauer. Und so wird eine Welt erschaffen, die so ausgedehnt und unendlich scheint, dass sie für den Leser im Resultat auf das Hier und Jetzt zusammenschrumpft. Der Held findet sich an Orten wieder, die in kaum einem Kontext zu anderen Orten stehen und so bleiben sie völlig isoliert. Das führt zu einer episodenhaften Reise von Szene zu Szene, und als Leser fühlt man sich ein wenig verloren.

Aber natürlich ist man sich bewusst, dass noch eine lange Reise durch fünf weitere Bände bevorsteht. Es bleibt die Hoffnung, dass man alle Zusammenhänge, die Völker und Welt, am Ende des Zyklus verstanden haben wird. Ich kann nicht sagen, ob dies passieren wird, aber ich hoffe darauf, und es gibt wenig, was mich davon abhalten könnte, es herauszufinden. Mir gefällt diese Abgedrehtheit der Welt und der Wesen, die dort leben. Denn sie werden auch gestützt und betont: durch die Sprache, die Handlung selber und die künstlerische Darstellung. Nur mit der Wahl der Namen kann ich nicht besonders viel anfangen. Sie sind zwar alles andere als stereotyp und abgenutzt, aber irgendwie auch sperrig und wirken ein wenig wie aus einem Zufallsgenerator.

An vielen Stellen bedarf es auch eines mitdenkenden Lesers, wenn hier etwas mit ein paar wenigen Bildern erzählt wird, was im Roman mit einiger Sicherheit mehrere Seiten Text umfasst. Das führt an einigen Stellen zu Handlungsweisen, die nicht immer ganz nachvollziehbar sind, und manchmal hilft es dann, die Szene einfach noch einmal zu lesen. Zumindest hat mir das an einigen Stellen geholfen, eine sinnhafte Erklärungen die Handlung zu finden.    

Leseprobe

Fazit: Die Geschichte zieht den Leser in eine Welt, über die er nichts weiß und die er nicht versteht. Nur wenig kann man sofort einsortieren, und man steht verloren zwischen skurrilen Charakteren und einer teils recht blutigen Handlung. Aber durch den Spannungsbogen wird man wortwörtlich durch die Geschichte gezogen. Am Ende ist man nicht viel schlauer, aber dafür froh, diesen Klassiker der Fantasy in seiner nun schon fast 35 Jahren alten Comic-Ausgabe gelesen zu haben.

Corum 1 – Der scharlachrote Prinz
Comic
Mike Baron, Mike Mignola
Cross Cult 2020
ISBN: 978-3-966581-86-8
112 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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