Kull – Das Schattenkönigreich

Keine Figur steht wohl mehr im Schatten ihres wesentlich erfolgreicheren Nachfolgers als die Person von Kull – dem Krieger aus Atlantis und späteren König von Valusien. Robert E. Howards erste und vielleicht ursprünglichste Ausarbeitung seiner Kultfigur Conan hat in den letzten Jahrzehnten wohl so ziemlich alles durchgemacht (es gab sogar mal einen Kinofilm mit Kevin Sorbo – ursprünglich als dritter „Conan“-Film geplant), doch der wirklich große Durchbruch bliebt ihm verwehrt. Aber nachdem die neuen „Conan“-Comics ein ziemlicher Erfolg waren, mag dieser lang erhoffte Durchbruch nun vielleicht auch endlich Kull gelingen.

von Dominik Cenia

Kull aus Atlantis tauchte zum ersten Mal in der Geschichte „The Shadow Kingdom“ in der Zeitschrift „Weird Tales“ im Jahr 1929 auf. Seine Abenteuer sind denen des Barbaren aus Cimmeria im Großen und Ganzen nicht unähnlich (diverse Atlantis-Ideen wurden zum Beispiel später in anderer Form auch wieder bei „Conan“ aufgegriffen), fallen aber mit anfangs nur drei publizierten Kurzgeschichten (sowie neun weiteren, aber deutlich später veröffentlichen Storys) aus Howards Feder, bedeutend kürzer aus. Zumal eine der anfangs unveröffentlichten Kurzgeschichten („Kull: By This Axe, I Rule“) in „The Phoenix on the Sword“ von Howard umgeschrieben und als „Conan“-Story veröffentlicht wurde. Zwischen 1971 und 1985 sind außerdem bei Marvel Comics nochmals drei damals recht erfolgreiche Comic-Serien mit Kull erschienen. Außerdem gab es Gastauftritte in der berühmte „The Savage Sword of Conan“-Reihe, eine eigene Graphic Novel und natürlich sogar den besagten Kinofilm aus dem Jahr 1997 mit „Hercules“- beziehungsweise „Dylan Hunt“-Darsteller Kevin Sorbo. Damit endet aber auch schon weitgehend das mediale Auftreten dieses „Ur-Conans“.

Dark Horse Comics sicherte sich nach dem Erfolg ihrer neuen „Conan“-Reihe ebenfalls die Rechte an „Kull“, um nach dem gleichen Prinzip die klassischen Kurzgeschichten in eine neue, chronologisch einheitlich sortierte Story zu bringen. In Deutschland scheinen die „Conan“-Comics von Panini nicht weniger erfolgreich zu sein, weshalb wir hierzulande nun auch in den Genuss dieses kleinen Ablegers kommen dürfen.

Zur Handlung: Conan … ähm Kull ist zwar der neue König von Valusien, doch stehen ihm noch eine Reihe von hochrangigen Adligen, politische Verhandlungen mit benachbarten Nationen und zu guter letzten auch Feinde und Verräter am eigenen Hofe im Weg. Doch erst nachdem sich Kull der letzten adligen Widersacher entledigt hat und sein Vertrauen den ihm eigentlichen verhassten Botschaftern der Pikten schenkt, geraten die Dinge ins Lot. Gemeinsam mit den beiden Pikten Ka-Nu und Brule dem Jäger deckt Kull eine Verschwörung von Schlangenmenschen auf, die scheinbar bereits den kompletten Königspalast unterwandert haben.

Arvid Nelson (bekannt aus „Rex Mundi“) gehört zwar nicht zu den Bekanntesten unter den Writern, liefert hier aber eine solide Arbeit ab. Man kann der Story gut folgen, auch wenn Kull in seiner völligen Unwissenheit darüber, was an seinem eigenen Hofe geschieht, von seinem deutlich überlegener wirkenden Gefährten Brule in den Schatten gestellt wird. Nelson gibt seinem Kull die ein oder andere Handlungsweise zur Hand, die sich deutlich von der Figur des Conan unterscheiden. Kull erscheint weniger berechnend als Conan und mehr darum bemüht, sich seiner Umgebung anzupassen, um seine Herrschaft auch wirklich zu sichern. Er wirkt weniger wie ein kompromissloser Eroberer, sondern eher als ein kluger Krieger, der seine Macht auf einem soliden Fundament festigen will. Ihm ist nicht daran gelegen, seine erworbenen Reichtümer, wie Conan, gleich wieder auf den Kopf zu hauen.

Zeichner Will Conrad hat dagegen deutlich größere Probleme, Kull von Conan abzugrenzen. Kein Wunder, hat der Brasilianer doch schon so einige Zeichnungen des Cimmerianers zu Papier gebracht (etwa in „Conan and the Midnight God“ bei Dark Horse). Seine Bilder wissen trotzdem zu überzeugen und geben unter anderem deutlich zu erkennen, worin Conrads Stärken liegen (sein Zentaur am Anfang ist einfach klasse – genauso wie seine ausdrucksstarken Gesichter). Kull wirkt deutlich älter als vergleichbare „Conan“-Zeichnungen anderer Künstler, auch wenn mir Conrads Figur stellenweise ein wenig zu vernarbt wirkt und manche Perspektive aus der Ferne noch den ein oder anderen Bleistiftstrich mehr hätte vertragen können. Dafür hat Conrad aber auch ein Händchen für blutige Gemetzel – von denen es in „Kull – Das Schattenkönigreich“ eine ganze Menge gibt.

José Villarrubia ist auch hier wieder für die Farben verantwortlich. Graue und blaue Farbtöne herrschen neben knalligem und dunklen Rot vor. Der Stil passt und hat etwas für sich.

Fazit: „Kull – Das Schattenkönigreich“ ist ein solider Fantasy-Comic ganz im Stil der erfolgreichen „Conan“-Serie von Dark Horse, der trotzdem auf eigenen Beinen steht und Lust auf mehr macht. Ich könnte mir Nelson und Conrad durchaus als ein gutes Team für weitere „Kull“-Abenteuer vorstellen. Neben einer gut erzählten Story bietet der Comic vor allem ein ordentliches Gemetzel im klassischen „Sword & Sorcery“-Stil. Die Figur von Kull verblasst zwar auf einigen Seiten ein wenig neben seinem Gefährten, macht aber keine der Hauptfiguren deswegen unsympathisch. Vielleicht ist es einfach das Los von Kull, der „ewige Zweite“ zu sein. ;-)


Kull – Das Schattenkönigreich
Comic
Arvid Nelson, Will Conrad, José Villarrubia
Panini Comics 2010
ISBN: 9783866073678
ca. 148 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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