Symbaroum Grundregelwerk

„Symbaroum“ ist ein wahrer Hingucker. Das wird jedem auffallen, der bereits einen Blick auf das Cover geworfen hat. Doch wie gehaltvoll ist das zugehörige Regelwerk geworden? Der Ringbote liest nach.

von Jens Krohnen

„Symbaroum“ hat – wie viele Veröffentlichungen des Prometheus Games Verlag – bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich, bevor es auf Deutsch veröffentlicht wurde. Über ein Crowdfunding vorfinanziert, verzögerte sich die Veröffentlichung mehrmals und auch zum jetzigen Zeitpunkt liegen noch nicht alle Goodies aus dem Crowdfunding vor. Doch das Grundregelwerk ist jetzt bereits einige Zeit erhältlich und auch die ersten Abenteuerbände haben bereits den Weg zu uns Kunden gefunden. Zeit also, einmal einen kritischen Blick auf das Grundregelwerk zu werfen.

Man kann wohl kaum über „Symbaroum“ sprechen, ohne die optische Aufbereitung zu erwähnen. Der schwedische Verlag Järnringen konnte mit Martin Bergström einen Illustrator von außerordentlicher Kunstfertigkeit gewinnen, der das gesamte Regelwerk in einem einheitlichen Stil illustrierte. Seine Illustrationen zeichnen eine düstere, dreckige, gefährliche und brutale Welt und sind wahrlich ein Augenschmaus. Das Layout würdigt das, indem viele der Illustrationen großformatig angelegt sind und so zum betrachtenden Verweilen einladen. Optisch ist „Symbaroum“ auf jeden Fall sehr gelungen.

Doch wir reden ja nicht über einen Bildband, sondern über ein Grundregelwerk für ein Rollenspiel. Wie schlägt sich also der Text? Wenig überraschend wird zunächst das Setting von „Symbaroum“ erläutert. Die Geschichte des Spiels beginnt vor wenigen Jahren. Das Land Alberetor liegt im Sterben: Ein „Großer Krieg“ gegen die Dunklen Fürsten konnte zwar gewonnen werden, doch finstere Magie und nekromantische Mächte haben die Lande verwüstet. Also muss Königin Korinthia für ihr Volk eine neue Lösung finden und führt sie nach Norden, über die Gebirgskette der Titanen hinweg. Hier lassen sich die heimatlosen Albereter nieder und gründen ihr neues Reich, Ambria. Doch an den Grenzen Ambrias warten Konflikte: allen voran die Barbaren, die diesen Landstrich zuvor bevölkerten. Und natürlich der Wald Davokar, einst Keimzelle des untergegangen Reiches Symbaroum und heute ein finsterer Ort, an dem die Geheimnisse der Altvorderen lauern. Der Große Krieg mag vorbei sein, doch für tapfere Streiter gibt es genug zu tun …

Das Setting wirkt vertraut, setzt es doch auf bekannte Versatzstücke. Doch insbesondere der Davokar mit seinen hier liegenden Ruinen wirkt frisch, unverbraucht und schreit danach, bespielt zu werden. Leider wird gerade dieses Alleinstellungsmerkmal des Spiels im Grundregelwerk kaum näher erforscht; was auf der einen Seite viel Freiheit für angehende Spielleiter lässt, wirkt auf der anderen Seite auch irgendwie verschenkt. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Stattdessen wird die nächste „Fantasy-Königreich-Hauptstadt“ vorgestellt und der nächste „Oberster Häuptling aller Barbaren“. Hier wäre mehr drin gewesen.

Anschließend werden die Regeln vorgestellt. Die Charaktere bei „Symbaroum“ setzen sich aus acht Attributen zusammen, die sich aber von den gewohnten Klassikern leicht unterscheiden. Zwar finden sich Stärke, Willenskraft und Gewandtheit wieder, aber eben auch Präzision oder Heimlichkeit. Fähigkeiten des Charakters modifizieren in erster Linie die Attribute, bringen aber auch Sonderfertigkeiten an den Spieltisch. Im Falle einer Probe muss mittels eines W20 das jeweilige Attribut unterwürfelt werden. Einziger Kniff des Systems ist es wohl, dass der Spielleiter keine einzige Probe würfelt, sondern ausschließlich die Spieler die Würfel rollen lassen. Ihre Ergebnisse können jedoch durch die Fähigkeiten und Attribute der Gegenspieler modifiziert werden. Gerade im Kampf führt das faktisch zu einer aktiven Parade; durch die gerade auf niedrigen Stufen geringen Verteidigungswerte bleibt das System dennoch schnell. Das passt zwar gut zu dem „grim-and-gritty“-Stil des Settings, unterstützt in meinen Augen aber nicht den erzählerischen Ansatz, der durch das Weglassen von Proben auf Spielleiterseite erreicht werden soll.

Natürlich gibt es auch Magie in „Symbaroum“, doch wer die Kräfte der Natur derart missbraucht, der lebt gefährlich. Spieltechnisch sammeln Mystiker durch den Einsatz von Magie sogenannte „Korruption“, die sich auf sein Seelenheil auswirkt. Irritierenderweise sind die kompletten Korruptionsregeln dem Spielleiter vorbehalten. In meinen Augen sollten die Spieler durchaus wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie einen Spruch oder ein Ritual einsetzen. Wer seinen Spielern also das Spielerkapitel zugänglich gemacht hat, muss vor der ersten Spielrunde noch ein paar Informationen nachliefern. Das mitgelieferte Grimoire ist umfangreich und weiß mit sehr unterschiedlichen Zaubern zu gefallen.

Das Spielleiterkapitel enthält Anmerkungen zur Rolle des Spielleiters, stellt Kampagnenansätze für „Symbaroum“ vor und enthält ein umfangreiches Bestiarium. Gerade letzteres hat es mir angetan und weiß wirklich zu gefallen. Gerade die Bestien des Davokar fügen sich hervorragend in das Setting ein und sind einmal etwas anderes. Die Spielleiterhinweise wiederum sind etwas komplizierter formuliert und können so gerade Anfänger vor Probleme stellen; Wer bereits etwas Erfahrung mitbringt, wird sich hier aber sicher zurechtfinden. Abgerundet wird der Band durch ein kurzes Einstiegsabenteuer, das die Charaktere von Alberetor nach Ambria führen wird. Leider spielt es kaum mit den Besonderheiten des Settings und wirkt recht kurz und eindimensional; für einen Regeltest ist es aber wohl zu gebrauchen.

Die deutsche Ausgabe ist ordentlich lektoriert und gut lesbar. Über einige übersetzte Begrifflichkeiten lässt sich natürlich trefflich streiten, denn es ist schon etwas „nordisches Flair“ im Zuge der Übersetzung verloren gegangen. Aber im Ganzen empfinde ich die Übersetzung als eine runde Sache.

Fazit: Kommen wir zum Fazit. Ich bin ein wenig enttäuscht, denn „Symbaroum“ hält nicht das ein, was die großartigen Illustrationen versprechen. Settingseitig werden die wirklich interessanten Aspekte „Symbaroums“ nur gestreift. Das Regelwerk wiederum ist brauchbar, wenn auch mit einigen Schwächen versehen. Insbesondere die komplexe Modifikationsberechnung und die ungewöhnliche Würfelverteilung verlangen mehr Übung, als es das simple Grundregelwerk eigentlich verlangen dürfte. Die Folgepublikationen werden zeigen müssen, wie es mit den guten Ansätzen – insbesondere aus dem Setting – weitergeht.

Symbaroum
Grundregelwerk
Mattias Johnsson, Matthias Lilja, Sascha Schnitzer u. a.
Prometheus Games 2017
ISBN: 978-3994713489
288 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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