Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Täuschung

In den USA ist die dritte Welle des Verlagsgroßprojekts „Star Wars – Die Hohe Republik“ bereits in den Startlöchern, doch hierzulande arbeiten wir uns noch eifrig an der zweiten Welle ab, die sich Dank Blanvalet auch noch bis Spätsommer 2024 ziehen wird. Panini ist da deutlich schneller. Der vorliegende Band ist der erste von zwei Young-Adult-Romanen und führt zwei Jedi auf die Grenzwelt Dalna.

von Frank Stein

Wir befinden uns nach wie vor 150 Jahre vor den Geschehnissen der ersten Welle. Die Drengir und die Nihil spielen hier noch keine Rolle. Wobei das tatsächlich nicht ganz stimmt. Wer sich nämlich für die Geschichte von Ober-Nihil Marchion Ro interessiert, seine Herkunft und sein eigenartiges Schiff, die Gaze Electric, der wird diesen Roman mit größter Aufmerksamkeit lesen. Denn auf dem Planeten Dalna lebt ein kleiner Machtorden, der „Pfad der offenen Hand“, dessen Mitglieder fanatisch daran glauben, dass es ein Frevel ist, die Macht zu benutzen. Man soll ihr aus freien Stücken dienen und sie befreien, wo immer es geht. Zwei junge Mitglieder des Ordens sind die Cousinen Marda und Yana Ro – und, nein, die Namensgleichheit ist kein Zufall, auch wenn in diesem Roman noch unklar bleibt, in welcher Beziehung sie zu Marchion stehen werden. Interessant ist auch, dass es eine „Mutter“ des Ordens gibt, die an einem prächtigen Schiff namens Gaze Electric bauen lässt, das den Pfad irgendwann zu den Sternen führen soll.

Auf diese Gruppe nun stoßen zwei Jedi, Meisterin Zallah Macri und Padawan Kevmo Zink. Sie sind auf der Suche nach Dieben von Machtartefakten, und die Spur weist irgendwie Richtung Pfad. Während Zallah eine kühle, stets professionelle Jedi ist, sprüht Kevmo als junger Mann geradezu vor Leben und nimmt die Macht auf berauschende Art und Weise wahr. Als er auf Marda trifft, mögen zwei völlig unterschiedliche Lebensweisen zusammenstoßen, doch zugleich begegnen sich auch zwei junge Leute, deren Hormone brodeln. Ihre Gefühle füreinander sind eine Herausforderung für sie beide.

Die beiden Autorinnen Tessa Gratton und Justina Ireland lassen sich viel Zeit, um die Figuren und das Setting in „Der Pfad der Täuschung“ einzuführen. All das salbungsvolle, friedliche Miteinander der naturnahen Pfad-Sekte ließen mich anfangs befürchten, der Roman könne wieder eine dieser „Star Wars“-Geschichten werden, die allzu weichgespült und inhaltlich auch unbedeutend daherkommen. Es gab von Disney in der Vergangenheit ein paar Beispiele in dieser Hinsicht. Doch schon der Nachname der Cousinen, Ro, hält einen als Leser bei der Stange, ahnt man doch, dass man hier der prägenden Frühphase der Ro-Familie beiwohnt. Abgesehen davon ist die Mutter des Pfads undurchsichtig genug, um ständig unterschwelliges Unheil auszustrahlen, zumindest für jene, die ihr nicht blind folgen.

Und wirklich kippt die Romanhandlung dann im letzten Drittel spürbar in die Dunkelheit, und nun zahlt sich die lange Exposition aus, denn obwohl man alle Hauptfiguren hier erstmals kennenlernt (es gibt – bis auf eine winzige – keine nennenswerten Überschneidungen zu dem ebenfalls bei Panini auf Deutsch erschienen Jugendroman „Star Wars – Die Hohe Republik: Die Suche nach der verborgenen Stadt“), hat man sie am Ende ins Herz geschlossen und leidet mit ihnen, wenn alles den Bach runtergeht. Dabei bleibt das Ende leidlich offen, denn es gibt ja noch den Folgeroman „Der Pfad der Rache“, der bei Panini in Kürze erscheint. Außerdem soll die Handlung dieses Werks auch in die  Erwachsenenromane beziehungsweise das als Buch veröffentlichte Hörspiel-Skript hineinspielen, die leider erst viel zu spät – im nächsten Jahr – bei Blanvalet herauskommen werden. Wer der Handlung also in der richtigen Reihung folgen will, muss sich noch ein gutes halbes Jahr gedulden.

Obwohl „Der Pfad der Rache“ fast schon erschienen ist, sollte man den Roman, das muss ich leider sagen, aktuell nicht  lesen, denn er ordnet sich zeitlich ganz am Ende der Welle 2 ein und spoilert praktisch alles, was zuvor da war (nicht nur die zwei Erwachsenenromane, sondern auch die Comic-Reihe). Diese Veröffentlichungspolitik – erneut: Blanvalet geschuldet, da kann Panini nichts für – ist bedauerlich, zumal man nach „Der Pfad der Täuschung“ wirklich neugierig auf die weiteren Entwicklungen ist.

Fazit: „Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Täuschung“ beginnt leise und fast zu freundlich, um spannend zu sein, entwickelt sich aber im Laufe der Seiten zu einem Werk voller unheilvoller Vorzeichen, nur um schließlich mit einem Paukenschlag zu enden. Ein Roman, der einen voller Spannung zurücklässt. Umso bedauerlicher, dass man hierzulande auf die Fortsetzung der Geschichte (nicht „Der Pfad der Rache“, sondern „Die Schlacht von Jedha“) noch fast ein Jahr (wenn ich richtig recherchiert habe: Juni 2024) warten muss.

Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Täuschung
Film/Serien-Roman
Tessa Gratton, Justina Ireland
Panini Books 2023
ISBN: 978-3-8332-4254-0
352 S., Paperback, deutsch
Preis: 17,00 EUR
        
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