Star Wars – Die Hohe Republik: Die Schlacht von Jedha

In dem Film „Star Wars: Rogue One“ nahm es kein gutes Ende mit Jedha, dem spirituellen Zentrum aller Machtanwender in der Galaxis, denn der Wüstenmond wurde zum Schauplatz eines Waffenfunktionstests des ersten Todessterns. Jahrhunderte früher, zur Zeit der Hohen Republik, ist die Welt – und vor allem ihre Hauptstadt Jedha-City – ein lebhafter Pilgerort. Doch nicht alle sind zum friedlichen Miteinander imstande …

von Frank Stein

Bevor ich auch nur einen weiteren Satz zu „Die Schlacht von Jedha“ schreibe, sei deutlich gesagt: Das Buch ist kein Roman, sondern das Manuskript eines Hörspiels – das leider nur auf Englisch existiert. Insofern gibt es keine Kapitel und keinen Fließtext auf den mehr als 600 Seiten, sondern nur gute 100 Szenen, die sich durch kurze Anweisungen zur Geräuschkulisse und ansonsten ganz viel Dialog auszeichnen. Man kennt das noch aus dem Deutschunterricht, denn auch die Dramen von Goethe und Schiller in den kleinen gelben Reclam-Heftchen sind ähnlich aufgebaut.

Das hat natürlich den Nachteil, dass man auf die Beschreibung von Figuren und Schauplätzen weitgehend verzichten muss. Abgesehen von den zwei Figuren auf dem Buchcover – Creighton Sun und Aida Forte – könnte ich beispielsweise nicht sagen, wie die Protagonisten aussehen. Hier fühlt man ein gewisses Informationsdefizit, das zugegeben ein Grundsatzproblem von Hörspielen ist. Figuren definieren sich hier durch ihre Stimme (oder im vorliegenden Fall eben: die Art, wie sie sprechen und sich verhalten). Auf der Habenseite liest man die Handlung beinahe in Echtzeit – zumindest in den Teilen, die keine Zeitsprünge aufweisen –, was für ein sehr unmittelbares Erleben sorgt. In den spannenden Momenten wird man somit förmlich durch das Buch gezogen. Und spannend ist das Buch, das muss man dem Autor George Mann lassen! Außerdem passiert wirklich eine Menge.

382 Jahre vor der Schlacht um den ersten Todesstern, also mitten in Phase II des Multimediaprojekts „Die Hohe Republik“, soll Jedha zum Schauplatz einer wichtigen Friedenskonferenz werden. Delegationen der zwei Welten Eiram und E’ronoh, die seit fünf Jahren Krieg miteinander geführt und erst kürzlich durch die Heirat der zwei Erben der planetaren Herrscherfamilien zu einem unsicheren Frieden gefunden haben, wollen den neuen Bund zwischen ihren Planeten formell absichern und einen Vertrag unterzeichnen. Doch am Tag der Unterzeichnung kommt es zu einem Bombenanschlag – und das ist erst der Anfang einer Spirale aus Gewalt und Intrigen, die in völligem Chaos, namentlich der titelgebenden Schlacht von Jedha, enden wird.

Für diese Intrigen und die sich zuspitzende Katastrophe fährt George Mann eine breite Riege an Personal auf. Wir haben die Jedi, die Wächter der Whills, die Mitglieder des Pfads der Offenen Hand, eine Delegation von Eiram, eine von E’ronoh, Stammgäste der Bar „Zur Erleuchtung“, einen übereifrigen Diener der Kirche der Macht samt seinem Droiden, Angehörige der berühmt-berüchtigten Prospektorenfamilien san Tekka und Graf sowie eine Reihe düsterer Gestalten aus den Gassen von Jedha. Gerade zu Beginn erschlägt einen das beinahe, denn in jeder Szene tauchen neue Figuren auf, die man nicht richtig einordnen kann. Das sortiert sich erst im Laufe der Seiten.

Man muss indes zugeben, dass das Personal durchaus seinen Zweck erfüllt. Zum einen werden hier die Interessen und Geschichten der einzelnen Fraktionen aus der ersten Hälfte der Phase II von „Die Hohe Republik“ zusammengefasst und verflochten. Zum zweiten verleihen die vielen Nebenfiguren dem Autor die Freiheit, der Schlacht von Jedha am Ende durch entsprechenden Blutzoll dramatisches Gewicht zu verleihen. Es kommt halt nicht jeder durch – und da man zu Beginn auch kaum jemanden kennt, kann man – von einer zwei bis drei Ausnahmen abgesehen – nicht sicher sein, wen es erwischt und wen nicht.

Wenn man dem Text etwas vorwerfen möchte, dann vielleicht, dass er auf den ersten hundert Seiten etwas schwatzhaft ist und die Handlung nicht so recht in die Gänge kommt. Tatsächlich denke ich aber im Nachhinein, dass das vielleicht sogar nötig war. Denn so bekommt man nicht nur ein Gefühl für die Figuren und ihre Beziehungen untereinander, durch die Wiederholung gewisser Aspekte – etwa das Bemühen um einen Frieden zwischen Eiram und E’ronoh oder den Wunsch des Pfads der Offenen Hand, sich auf Jedha einen Namen zu machen – sackt dieses Wissen im Kopf, was wichtig für den Verlauf der weiteren Intrigen ist.

Fazit: „Die Schlacht von Jedha“ mag in den Augen mancher nur ein halbes Lesevergnügen sein, schließlich handelt es sich nicht um einen Roman, sondern um ein Hörspiel-Manuskript. Ich kann nur sagen: Diese Sorge ist unbegründet. Ja, an manchen Stellen hätte man sich gewünscht, etwas beschreibenden Text zu bekommen, um Figuren und Schauplätze plastischer vor Augen zu haben, aber dafür zieht einen die Unmittelbarkeit der fast rein dialoggetriebenen Handlung immer wieder regelrecht mit. Komplex und spannend, gegen Ende sogar hochdramatisch, ist das Geschehen auf jeden Fall. Die Entscheidung der Macher mag ungewöhnlich gewesen sein, aber „Die Schlacht von Jedha“ ist das legitime Herzstück der kompletten Phase II, der Fokuspunkt, an dem sich alles, was vorher war, bündelt, und an dem die Weichen für das Kommende gestellt werden. Tragisch nur, dass blanvalet den Roman so spät veröffentlicht hat, dass sich vermutlich bereits viel zu viele Leser durch die Panini-Werke „Der Pfad der Rache“ und „Auf der Suche nach Planet X“, die danach spielen, haben spoilern lassen. Etwas mehr Absprache zwischen den deutschen Lizenzverlagen wäre wirklich wünschenswert.

Star Wars – Die Hohe Republik: Die Schlacht von Jedha
Film/Serien-Roman
George Mann
blanvalet 2024
ISBN: 978-3-7341-6382-1
640 S., Paperback, deutsch
Preis: 16,00 EUR
        
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