Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache

Die Phase II des Großprojekts „Die Hohe Republik“ neigt sich dem Ende zu. Während blanvalet im Sommer noch zwei wichtige Lücken schließen muss, hat Panini mit „Der Pfad der Rache“, dem zweiten Young-Adult-Roman nach „Der Pfad der Täuschung“, bereits den chronologischen Schlusspunkt vorgelegt (sieht man von ein paar Kurzgeschichten ab). Erneut geht es vor allem um die Cousinen Marda und Yana Ro, die auf einem gefährlichen Weg auf den metaphorischen Abgrund zu schlittern …

von Frank Stein

Die Handlung beginnt noch vor der Schlacht von Jedha, an Bord des Raumschiffs des Pfads der Offenen Hand. Während Marda Ro, die frisch erkorene „Führerin“ des Pfads, die Lehren von der Reinheit der Macht predigt, ist ihre Cousine Yana, die als Agentin der ominösen „Mutter“ seit jeher die Drecksarbeit des Pfads im Schatten erledigt hat, zunehmend ernüchtert. Im Trainingsduell und Streitgespräch der zwei wird klar, dass schon hier Verblendung auf Zynismus treffen, ein Riss zwischen den beiden, der sich noch stark vertiefen wird auf den kommenden 440 Seiten.

Das Buch ist dann inhaltlich in drei Akte und drei mehr oder minder parallel laufende Handlungen getrennt. Anfangs erleben wir weitere Krisenmomente der Schlacht von Jedha, die im Hörspiel-Skript „Die Schlacht von Jedha“ von George Mann im Detail ausgebreitet wurde. Danach zieht sich der Pfad nach Dalna zurück und gräbt sich praktisch ein, während parallel Richtungsstreitigkeiten stattfinden und die Mutter eine Expedition zu „Planet X“ entsendet, die weitere Eier des monströsen Jedi-Killer-Untiers namens „Gleichmacher“ finden soll. Was dem Leser im Jugendbuch verwehrt bleibt, wird hier dann eingelöst – allerdings versteht man dann auch gleich, warum die Kids in „Auf der Suche nach Planet X“ eben nicht dort angekommen sind. Die Welt ist ziemlich verstörend und gefährlich! Im dritten Akt kommt es dann zur Konfrontation der Jedi mit dem Pfad auf Dalna und zur dramatischen Auseinandersetzung.

Erzählt wird das Ganze – wie erwähnt – aus drei Perspektiven. Auf der einen Seite haben wir Marda Ro, die zunehmend in den Fanatismus abrutscht und die Macht gegen alle „Machtschänder“ verteidigen will. Gleichzeitig entsetzt sie die Gewalt, zu der die Mutter offenbar skrupellos greift, wann immer es ihr nützlich erscheint. Yana Ro durchschaut zunehmend die Machenschaften der Mutter und den Fanatismus, der in den Reihen des Pfads um sich greift. Sie ist abgestoßen davon, schafft aber irgendwie den Absprung nicht, obwohl sie mehrfach die Chance dazu hätte, zu fliehen. Zuletzt folgen wir der Jedi-Seite aus der Perspektive der vorlauten Twi’lek-Padawan Matthea „Matty“ Cathley, die zusammen mit der Jedi-Ritterin Oliviah Zeveron von Jedha losgeschickt wird, um Nachforschungen über den Pfad auf Dalna anzustellen. Womit sie ein weiterer von zig kleinen Trupps ist, der sich über die verschiedenen Romane hinweg zu dem Planeten auf den Weg macht, um dort in das chaotische Finale verwickelt zu werden, ohne sich dabei irgendwie über den Weg zu laufen.

Ein Urteil über Cavan Scotts Roman zu fällen, ist gar nicht so leicht, denn er steht ja nicht nur für sich, sondern auch in Beziehung zu den anderen Werken der Phase II. Sogar Fragen, die in den Romanen der Phase I aufgeworfen wurden, mussten hier beantwortet werden. Grundsätzlich, das muss man einfach sagen, ist Scott ein wirklich spannender Roman gelungen. Zwischen den Geschehnissen der Schlacht um Jedha City bis zum finalen Knall auf Dalna ist eine Menge los, und auch wenn Scott den alten Trick des Cliffhangers beim Kapitelwechsel zuweilen etwas überstrapaziert, ist ihm ein echter Pageturner gelungen, den man gerade im letzten Drittel kaum noch aus der Hand legen möchte.

Als Einzelwerk kann man den Roman natürlich trotzdem kaum lesen. Es fehlt einfach zu viel Vorwissen. Wichtig sind vor allem der Roman „Der Pfad der Täuschung“, das Hörspiel-Skript „Die Schlacht von Jedha“ und die zwei Comics „Das Gleichgewicht der Macht“ und „Der Kampf um die Macht“. Die zwei Jugendromane kann man getrost ignorieren, aber auch die zwei Erwachsenenromane sind fürs Verständnis der Handlung praktisch irrelevant, auch wenn am Ende irgendwie alle drei Zweiteiler in der Schlacht um Dalna zusammenfinden.

Besagte Schlacht ist für mich übrigens ein wesentlicher Kritikpunkt: Irgendwie fühlt sie sich nicht wie ein Ganzes an. In „Auf der Suche nach Planet X“ wird am Ende eine Raumschlacht über Dalna inszeniert, die keinen erkennbaren Grund zu haben scheint. Hier nun findet sich ein wirklich sehr lokaler Kampfeinsatz von Jedi und Dorfbewohnern gegen den Pfad der Offenen Hand in dessen Höhlen. Die Raumschlacht wird nur in einem Nebensatz erwähnt – und erneut nicht begründet! In Phase I wurde eine berüchtigte „Night of Sorrow“ angeteasert, in der Jedi großes Leid über Dalna gebracht haben sollen. Das lässt sich hier leider so gar nicht erkennen. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für Scott war, mit dem vorliegenden Material zu arbeiten. Dennoch wäre ein angemesseneres Finale wünschenswerter gewesen – ungeachtet der Tatsache, dass die beschriebene Konfrontation durchaus dramatisch ist, das will ich gar nicht leugnen!

Ein bisschen seltsam ist auch, bei genauerem Hinblicken, das ganze Verhalten der „Mutter“. Nach dem Desaster auf Jedha versucht sie zunächst alle Schuld von sich zu weisen. So weit, so gut. Doch warum kehrt sie nach Dalna zurück? Sie muss damit rechnen, dass ihr misstrauische Jedi folgen. Das tut sie auch, denn genau genommen bunkert sie sich in den Höhlen unter dem einstigen Lager des Pfads ein. Dennoch setzt sie ihre Hauptverteidigung auf eine Waffe gegen die Machtbenutzer – mehr Gleichmacher von Planet X –, von der sie nicht wissen kann, ob sie rechtzeitig eintrifft. Das alles zeugt weniger von taktischem Geschick als von zunehmender geistiger Zerrüttung, was vielleicht durch ihr  Haustier, den ersten ausgewachsenen „Gleichmacher“, zu erklären ist.

Doch auch die Jedi bekleckern sich nicht mit Ruhm. Allzu naiv treten sie dem Pfad gegenüber. Wobei: Genau genommen sind ja schon alle misstrauisch, bloß reicht dieses Misstrauen nicht, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, obwohl alle Indizien darauf hindeuten, dass der Pfad eine Waffe hat, die Jedi in Staub verwandeln kann. Das nennt man wohl die Arroganz der Mächtigen (beziehungsweise Machterfüllten).

Immerhin ein paar (zugegeben mäßig originelle) Antworten gibt es zum Schluss: Wie sah der Plan der „Mutter“ aus? Was trieb sie all die Jahre an? Wie endet es mit Yana? Und wie genau wird der Ausgangspunkt für die Ro-Linie gelegt, die in Phase I (und III) bis zu Marchion Ro, dem Anführer der Nihil, führte? Insofern ist der Roman, auch wenn er an der Perfektion vorbeischrammt, ein unbedingt lesenswertes Werk für alle Fans von „Die Hohe Republik“.

Fazit: „Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache“ ist spannend und absolut kurzweilig zu lesen. Es macht Spaß, den Hauptfiguren Marda, Yana und Matty dabei zuzuschauen, wie sie schlingernd durch diese turbulente Zeit manövrieren. Für die Kernhandlung von Phase II ist der Roman sowieso unabdingbar. Die Schlacht von Dalna wirkt leider etwas zerfasert und löst nicht ganz das Versprechen auf Drama ein, dass in Phase I mit der nur geflüsterten Erinnerung an die „Night of Sorrow“ gegeben wurde. Trotzdem fühlt sich das Ende rund an und man ist nun gespannt darauf, wie sich die Geschehnisse in Phase III entfalten werden.

Star Wars – Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache
Film/Serien-Roman
Cavan Scott
Panini Books 2024
ISBN: 978-3-8332-4254-0
447 S., Paperback, deutsch
Preis: 18,00 EUR
        
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