Pathfinder Grundregelwerk

Mit dem „Pathfinder Grundregelwerk“ liegt der inoffizielle „Dungeons & Dragons 3.5“-Nachfolger nun auf Deutsch vor. Abweichend von der neuen „Dungeons & Dragons 4th Edition“ bietet „Pathfinder“ Altbekanntes mit kleineren Verbesserungen und Erweiterungen.

von Shawn Neal

Der erste Eindruck: Hardcover, 576 Seiten, komplett in Farbe. Was für ein Wälzer! Aber hält der Inhalt auch, was die grandiose Aufmachung verspricht? Auf den zweiten Blick fallen vor allem zwei Dinge sofort auf: Es gibt Kapitel 7 gleich zweimal (sowohl als „Ausrüstung“ und als „Weitere Regeln“), und das Kapitel 10 heißt auf jeder Seitenüberschrift „Spells“. So etwas fällt bei der Nutzung des Buches nicht groß ins Gewicht, erweckt aber etwas den Eindruck, dass das Buch „mit der heißen Nadel“ gestrickt wurde.

Eine Rezension des Buches gestaltet sich insofern als etwas problematisch, da die gesamten 576 Seiten eigentlich nur ein Regelgerüst enthalten. Es gibt keine Hintergrundwelt und keine Monster, nur die reinen Regeln. Das sorgt dafür, dass das Ganze extrem trocken zu lesen ist. Zusätzlich hat „Pathfinder“ natürlich eine extreme regeltechnische Nähe zu „Dungeons & Dragons 3.5“, was dafür sorgt, dass der überwiegende Teil der Regeln den meisten Lesern schon bekannt sein dürfte. Ich versuche also, ein paar der wichtigeren Änderungen zwischen „Pathfinder“ und „Dungeons & Dragons 3.5“ herauszustellen und darzustellen, welches der Regelwerke („Dungeons & Dragons 3.5“oder „Pathfinder“) für mich das bessere ist – und warum ich dies denke.  

Nun aber zum Aufbau und Inhalt des Buches. Das Buch besteht aus 15 Kapiteln und vier Anhängen. Hierbei fällt auf, dass man es, im Gegensatz zu „Dungeons & Dragons“, nicht mit einem Spielerhandbuch, sondern mit einer Kombination auf Spielerhandbuch und Spielleiterhandbuch zu tun hat. Alles was zum Spielen benötigt wird, steht im Grundregelwerk (von Monstern und einer Spielwelt abgesehen).

Prinzipiell kann man das Buch also in zwei Teile teilen. Den Spielerteil (Kapitel 1 bis 11) und den Spielleiterteil (Kapitel 12 bis 15). Es handelt sich bei „Pathfinder“ sozusagen um „Dungeons & Dragons 3.75“. Einige Änderungen zur „Dungeons & Dragons 3.5“-Version wurden in das Buch eingebaut, aber dabei handelt es sich um keine wirklich großen Änderungen. So wurde zum einen die Charaktererschaffung etwas erweitert, und es wurden kleinere Optimierungen am Kampfsystem durchgeführt. Es gibt bei der Charaktererschaffung eine Tabelle mit unterschiedlichen Steigerungspunktkosten für die Attribute (je nach Art der gespielten Kampagne), der Hexenmeister muss eine Blutlinie wählen, durch die er seine magische Macht bezieht, der Kleriker bekommt je nach gewählter Domäne noch besondere Fähigkeiten durch seinen Gott verliehen.

Auch im Kampfkapitel finden sich Verbesserungen. So gibt es jetzt zum Beispiel einen Kampfmanöverbonus und eine Kampfmanöververteidigung. Diese Werte werden bei der Durchführung von Kampfmanövern beziehungsweise deren Abwehr eingesetzt. Unter Kampfmanövern werden hierbei solche Aktionen wie Ansturm, Entwaffnen, Finte etc. verstanden. Auch die neuen (und verständlichen) Regeln für Ringkampf werden über ein Kampfmanöver abgewickelt.

In einem Vergleich zwischen „Dungeons & Dragons 3.5“ und „Pathfinder“ schneidet das „Pathfinder“-Buch eindeutig besser ab. Die gesamten Regeln in einem Buch, zahlreiche kleinere regeltechnische Verbesserungen und natürlich die schöne Aufmachung – all das spricht für „Pathfinder“. Und dann wäre da natürlich auch noch die Verfügbarkeit. Ein deutsches „Dungeons & Dragons 3.5“-Spielerhandbuch und -Spielleiterhandbuch ist nicht mehr einfach zu bekommen.

„Pathfinder“ ist trotz der Veränderungen, die am Regelwerk vorgenommen wurden, weiterhin komplett OGL 3.5 kompatibel. Das bedeutet, jedes Setting das für „Dungeons & Dragons 3.5“ erschienen ist, kann auch mit „Pathfinder“ gespielt werden, ohne das größere Änderungen an NSC-Werten etc. vorgenommen werden müssen.

Fazit: Ich finde „Pathfinder“ ist außerordentlich gelungen. Die kleineren Probleme mit Tippfehlern kann man angesichts des Umfang des Regelwerks verzeihen. Für mich ist „Pathfinder“ das, was „Dungeons & Dragons 4“ hätte werden können, wenn das Regelwerk beibehalten worden wäre. Wer mit „Dungeons & Dragons 3.5“ nichts anfangen konnte, wird allerdings auch an „Pathfinder“ keine Freude haben. Dazu gibt es zu wenige Änderungen am System. Von meiner Seite aus eine klare Kaufempfehlung. Ich werde „Pathfinder“ jederzeit „Dungeons & Dragons 4.0“ mit Freude vorziehen.


Pathfinder Grundregelwerk
Grundregelwerk
Jason Bulmahn, James Jacobs, Sean K. Reynolds, F. Wesley Schneider
Ulisses Spiele 2009
ISBN: 978-3-86889-009-9
576 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95

bei amazon.de bestellen