Die Quacksalber von Quedlinburg

Kwakzalver. So nannten auch schon die Niederländer des Mittelalters diese obskuren Gestalten, die quackend und prahlend durch die Lande zogen, um die Menschen zu salben. Angst und Hoffnung führten häufig zu falschem Vertrauen in diese verbrecherische Spezies, was leider auch häufig mit dem Tode endete. Denn in den allermeisten Fällen hatten sie gar kein Interesse daran, ihren Opfern wirklich zu helfen.

von Kai Melhorn

Lustiges, einfaches Spielprinzip, kurze Spieldauer, Poenzial für Jubel und Tränen, Variabilität für die Langzeitmotivation. Genau diese Eigenschaften habe ich dem Spiel zugeschrieben und mich über diverse Blogs und Vlogs darüber informiert. Dann kam die Nominierung zum „Kennerspiel des Jahres“ und schließlich sogar der Gewinn des Preises. Schließlich hatte ich die Gelegenheit für einen Test und konnte sehen, ob sich meine Erwartungen an dieses Spiel und damit auch an das beste „Kennerspiel des Jahres 2018“ erfüllen würden.

Das Material

Spielerboards, Plättchen, Karten, Holzsteine, Stoffbeutel. Die Qualität ist durchweg gut und die Dimensionierung ebenfalls. Das Design im Comic-Stil ist stimmig und schön. Damit dieses Kapitel nicht nur drei Sätze lang wird, mecker ich jetzt wenigstens ein bisschen und merke an: Die Holzmarker passen nicht zu den Spielerfarben. Das ist irgendwie unnötig und gibt Abzüge in der B-Note. Zudem wurde an anderer Stelle über die Qualität der Stoffbeutel geklagt. Ich konnte jedoch keinerlei Makel oder Sollbruchstellen finden.

Das Thema und das Spielprinzip

Einmal im Jahr treffen sich Alchimisten, Scharlatane und fahrendes Apothekervolk in Quedlinburg, um sich auszutauschen und zu konkurrieren. Im freundlichen Wettbewerb werden über neun Runden hinweg Tränke gebraut, Zutaten gekauft und Würfel gerollt.

Jeder Spieler verfügt über seinen eigenen Stoffbeutel, in dem er alle Zutaten für seine Tränke und Salben sammelt. In jeder Runde zieht er so viele davon aus dem Beutel, wie er möchte, um einen besonders raffinierten Trank zu brauen. Dazu platziert er sie in seinem Kochtopf und hat dabei vor allem das Ziel, den Topf so weit wie möglich zu füllen, denn das gibt Siegpunke und Geld für neue Zutaten.

Jetzt wäre das ja ganz einfach, aber um bei diesem Wettbewerb zu gewinnen, braucht jeder Trank einen besonderen Pepp. Die Knallerbsen müssen überall mit hinein und für einen perfekten Trank sollten auch möglichst viele davon enthalten sein. Aber man darf es auch nicht übertreiben, denn nur eine Knallerbse zu viel kann den ganzen Kessel zur Explosion bringen. Dann bleibt nicht mehr viel übrig und man muss sich in dieser Runde mit einem Trostpreis zufrieden geben. Nach diesem Push-Your-Luck-Prinzip braut man sich von Runde zu Runde, bis am Ende der Sieger feststeht.

Die Zutaten

Neben den Knallerbsen stehen noch sieben weitere Zutaten zur Verfügung. Der Witz und die Spannung im Spielverlauf liegt nun darin, dass jede Zutat sich auf spezielle Art auf den Trank auswirkt, sobald sie in den Kessel gelangt. Es liegt also am Spieler, wie er seinen Fundus zusammenstellt. Nimmt man von allem etwas oder konzentriert man sich auf wenige? Man kann also diverse Taktiken ausprobieren und hoffen, die beste Kombination gefunden zu haben. Um den Wiederspielwert weiter zu erhöhen, gibt es vier verschiedene Sets, bei denen die Zutaten jeweils unterschiedliche Auswirkungen haben und man sich in jedem Spiel für eines entscheidet. Es gibt also unendlich viel auszuprobieren.

Wie spielt es sich?


Es geht schnell und macht Spaß, soviel ist sicher. Die Zusammenstellung der Zutaten, das Ziehen aus dem Beutel und das Platzieren im Kessel ist schon wirklich ein gutes Gefühl. Zumindest, solange man nicht zu viel Pech hat. Kommt man bei diesem Spiel ins Hintertreffen, ist es trotz einer Aufholmechanik schwer, den Boden wieder gut zu machen.

Fazit: Ein tolles Spiel, trotz oder gerade wegen des hohen Glücksfaktors. Da es so schön schnell geht, kann man es eigentlich immer mal dazwischenschieben. Es gibt also wenig auszusetzen, wenn da nicht der Preis wäre, den dieses Spiel gewonnen hat. Denn das Spiel ist für etwas spielerfahrene Kinder im Schulalter problemlos innerhalb kürzester Zeit erlernbar. Die Einstufung „ab 10“ kann ich also nicht teilen, gerade weil bei den Alterangaben aus meiner Sicht auch häufig zu tief gegriffen wird. Die strategische Tiefe und die Entscheidungen, die der Spieler treffen muss, sind aus meiner Sicht nicht wirklich eines Kennerspiels würdig. Es macht Spaß diese Entscheidungen zu treffen, aber so schwerwiegend sind sie nun auch wieder nicht. Das vor diesem Hintergrund „Pandemic Legacy Season 2“ „nur“ einen Sonderpreis bekam, finde ich schade.

Die Quacksalber von Quedlinburg
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab10 Jahren
Wolfgang Warsch
Schmidt Spiele 2018
EAN: 4001504493417
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 31,49

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