Skymines

Alexander Pfister hat viele großartige Spiele ersonnen und „Mombasa“ gehört wegen seiner tollen Mechanismen auf jeden Fall dazu. Sechs Jahre nach dem Erscheinen wurde es komplett überarbeitet und nun unter dem Titel „Skymines“ erneut auf den Markt gebracht.

von KaiM

2016 gewann „Mombasa“ den deutschen Spielepreis, und man kann nun wirklich nicht behaupten, dass es sich um einen schwachen Jahrgang gehandelt hätte. Immerhin musste es sich gegen wirklich tolle andere Titel durchsetzen. „T.I.M.E. Stories“, „Pandemic: Legacy Season 1“ und „Codenames“, um nur die Plätze zwei bis vier zu nennen, sind großartige Spiele, die allesamt einen Sieg verdient hätten. Schon alleine, weil sie alle sehr besonders waren und Dinge einfach anders gemacht haben. Doch das Rennen machte „Mombasa“ und das obwohl das Spiel schon wirklich ein ganz schöner Brecher ist und direkt nach der Veröffentlichung kritische Stimmen über das Thema des Kolonialismus in Afrika zu hören und zu lesen waren.
 
Wenige Jahre später wurde dann wohl klar, dass das Spiel nicht länger verkäuflich sein würde, und daher hat man sich dazu entschlossen, das Setting zu ändern. In „Skymines“ wird nun der Mars von vier Firmen bewirtschaftet und die Spieler sind Investoren, die ihr Geld durch eben diese Bewirtschaftung verdienen wollen. Gewonnen hat am Ende schließlich, wer am meisten Credits einsammeln konnte.

Das Spiel ist für ein bis vier Personen und wird auch für Kinder ab einem Alter von zwölf Jahren empfohlen. Solo und zu zweit lässt es sich zweifellos sehr gut spielen, birgt aber vielleicht weniger Dynamik als mit der Vollbesetzung. Spielt man jedoch zu Dritt oder zu Viert, kann das Spiel schon recht lange dauern. Außerdem verzeiht dieses Expertenspiel ohnehin keinen Fehler und wird noch gemeiner, je mehr Personen am Tisch sitzen. Es ist also zu empfehlen, dass man sich sein eigenes Bild über die optimale Besetzung macht. Das empfohlene Einstiegsalter ab 12 Jahren ist wirklich die unterste Grenze, da es sich um ein sehr verzahntes Expertenspiel handelt. Alles andere dürfte doch eher für Frust am Tisch sorgen.

Die Spieldauer wird mit 75 bis 150 Minuten angegeben. Mit der Vollbesetzung würde ich aber eher 240 Minuten ansetzen, auch wenn es andere vielleicht schneller spielen mögen.  



Das Material

Ein doppelseitiges Spielbrett, schön geschnittene Holzmarker, passgenaue und integrierte Pappboxen zur Aufbewahrung zum Selberbasteln: In Sachen Ausstattung hat man hier vieles richtig gemacht. Der Kunsstoffanteil ist sehr gering und die Materialboxen eine wahre Freude, auch wenn man etwas Geduld und Kleber benötigt, um die Boxen wirklich stabil aufzubauen.

Die Anleitung führt durch das Grundspiel, den zweiten Spielplan, die Module und die Kampagne, sodass man dort einen guten Einstieg bekommt. Damit ist dann auch klar, dass es in der Box viel zu entdecken gibt. Ein variabler Spielaufbau und die zweite Spielplanseite sorgen zusätzlich zu den kleinen, modularen Erweiterungen für Abwechslung. Der Spielablauf ist zwar ohnehin schon komplex und man hat wirklich eine Menge zu lernen, aber es ist auch einzusehen, dass man noch ein wenig mehr Variabilität spendieren wollte, um den Experten unter den Brettspielern möglichst viel in der Neuauflage zu bieten.



Das Spiel

Im unscheinbaren Zentrum des Spiels befindet sich die individuelle Kartenhand. Man startet mit einigen auf der Hand und einigen in der Auslage und plant den ersten Zug. Mit zunächst nur drei Karten pro Runde muss man aber einiges beachten, denn man möchte so unglaublich viel erledigen. Man will in die Firmen investieren, aber wenn man investiert, will man auch, dass sie erfolgreich sind. Damit sie dies sind, müssen sie sich nachhaltig auf dem Mond ausbreiten. Damit man sie unterstützen kann, benötigt man mächtigere Karten aus dem Markt, und um diese zu kaufen, muss man Ressourcen einsetzen, die, richtig eingesetzt, wieder zu Boni führen, die man aber nur bekommt, wenn man in diesem Zug die Mehrheit einer der drei verschiedenen Ressourcen ausgespielt hat. Oder man unterstützt die zwei verschiedenen Wissenschaftler, die sich um die Heliumversorgung und Forschungsarbeiten kümmern. Aber die Forschungsarbeiten können auch wieder nur erfolgreich sein, wenn man bestimmte andere Karten auch noch gespielt hat. Und wären all diese Überlegungen nicht schon kompliziert genug, muss man auch noch bestimmen, wie die ausgespielten Karten auf die drei Ablagestapel verteilt werden. Denn man kann immer nur einen der drei verfügbaren pro Runde wieder auf die Hand nehmen. Das heißt also, die gerade teuer gekaufte Karte verschwindet nach einmaligem Einsatz erstmal und kommt auch nicht so schnell wieder.

Wer bis hierher gelesen und ein leichtes Grinsen aufgesetzt hat, bringt die besten Voraussetzungen mit, ein Fan dieses Spiels zu werden. Aber erwähnte ich eigentlich schon, dass all die schönen Pläne oft überhaupt nicht aufgehen, weil beim Einsatz der ausgespielten Karten und den damit verbundenen Aktionen auch noch eine richtige Reihenfolge eingehalten muss und dass manche Dinge dann nicht funktionieren, weil die Gegner eine Aktion früher gewählt haben? Sollte sich an dieser Stelle das Grinsen noch verbreitert haben, dann sind wir auf einer Wellenlänge. Ihr könnt einfach nochmal kurz zum Fazit scrollen und das Spiel dann in einem Shop eurer Wahl bestellen oder am besten direkt mitnehmen. Für alle anderen soll es hier aber noch weiter gehen.



Wie man gewinnt: Über sieben Runden baut man gemeinsam die Firmen auf dem Mond auf und investiert in Anteile. Hat sich eine Firma am Ende gut auf dem Plan ausgebreitet und hat man zudem ordentlich investiert, kann man viele Punkte machen. Aber natürlich ist das nicht alles, denn auch wenn die beiden Forschungszweige gut laufen, bekommt man gute Credits. Dafür muss man die Heliumproduktion ankurbeln, um die Vorräte am Ende zu gutem Geld zu machen. Oder aber man forciert die Forschungsaufträge. Auch diese sind wichtig, denn beide Zweige bieten neben den Credits am Ende die Möglichkeit, Kartenslots freizuschalten, um jede Runde jeweils eine zusätzliche Karte ausspielen zu können. Es ist aber nicht zu empfehlen, einen der Zweige komplett außen vor zu lassen, denn dann wird es knapp mit dem Sieg.

Wie fühlt es sich an?

Wer „Blackout: Hong Kong“ schon einmal gespielt hat, dürfte das Gefühl kennen, das „Skymines“ vermittelt, denn der Kartenmechanismus ist derselbe. Allerdings wird hier insgesamt noch eine Verzahnungstufe oben drauf gelegt. Es gibt so unglaublich viel zu beachten und es kann wirklich viel schief gehen. Das Spiel verzeiht nicht und die Mitspieler tun es schon gar nicht. Nutzt man die ausgespielten Mehrheiten nicht, kann sie vielleicht jemand anders wegschnappen. Kauft man eine Karte nicht, ist sie mit Sicherheit nicht mehr am Markt, wenn man wieder dran ist. Nutzt man eine Aktion nicht, macht es der Gegner. Und zu guter Letzt muss man ja auch die Firmen ausbreiten, damit die wertvollen Boni nicht der Gegner bekommt. Zu zweit kann man vielleicht noch einiges vorhersehen und die Prioritäten des Gegners kalkulieren, aber mit vier Personen wird das umso schwerer und kann damit auch etwas schneller zu Frustmomenten führen.



Auf der anderen Seite ist das Gerangel um die Firmen ein ganz wunderbarer Mechanismus, der mit vielen Personen an Reiz gewinnt. Am Ende des Spiels bekommen alle Siegpunkte für ihre Anteile an den vier Firmen. Die Anteile multipliziert mit der Ausbreitung kann gegebenenfalls eine Menge Punkte bringen. Nun wird niemand gehindert in die größte Firma zu investieren, aber um zu gewinnen, sollte man ja einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz haben und nicht nur gleichziehen. Abgesehen davon lohnt sich der Invest in eine Firma, weil jede zwei individuelle Vorteile bringt, wenn genug investiert wurde. Auf diese Weise entfaltet sich ein wunderbares Psychospielchen, bei dem es ständig darum geht, die Absichten seiner Gegner abzuwägen. Denn investiert man zu spät, hat man kaum noch eine Chance, die notwendigen Anteile zu ergattern. Investiert man aber zu früh oder lässt zu früh die eigene Absicht erkennen, könnten die Gegner auf den Zug aufspringen und es lässt sich kaum ein Vorteil generieren.

Diese Kombination aus Planungshölle, Worker Placement und dem phantastischen Area-Control-Mechanismus macht dieses Spiel unter den Expertentiteln des Jahres so besonders und so spannend. Insbesondere, weil Euro Games auch oft der Vorwurf gemacht wird, zu solitär zu sein, ist dieses Spiel ein Glanzstück. Es atmet Interaktion förmlich ein und aus, denn ein einziger unvorhergesehener Zug des Gegners kann alles verändern, was es umso wichtiger macht, die eigenen Pläne nicht zu offenbaren.

Was kann „Skymines“ mehr als „Mombasa“?

Im Grunde sind die beiden Spiele sehr ähnlich. Obwohl ich „Mombasa“ besitze, kann ich an dieser Stelle nicht genau sagen, ob in Details, dem Balancing, den Karten viel geändert wurde, aber das Spielgefühl ist doch fast gleich. Aber über den Umfang des Vorgängers hinaus wurden einige Details ergänzt, die das moderne Spielerherz höher schlagen lassen. Zum Einen hat insbesondere der Bedarf an guten Solomodi zugenommen und damit kann das Spiel nicht nur dienen, es ist auch noch ein durchaus eleganter Modus dazu, der sogar auch gut eingesetzt werden kann, um eine Partie von zwei Personen durch eine virtuelle dritte zu ergänzen, falls man unbedingt mehr Konkurrenz haben will.



Um dem statischen Mondspielplan etwas Abwechslung angedeihen zu lassen, wurde außerdem ein weiterer Spielplan spendiert. Auf der Rückseite des Spielbretts findet sich nun eine Karte mit Asteroiden. Dieser bietet nicht nur ein anderes Kartenlayout, sondern bringt auch eine leichte Veränderung der Regeln für die Ausbreitung auf der Karte mit sich. Dadurch fühlt sich der Plan nicht ganz so voll an, aber dennoch birgt er genug Konfliktpotenzial, damit es den Spielern ganz und gar nicht langweilig wird.

Zu guter Letzt wurde dem Spiel die für Alexander Pfister schon beinahe obligatorische Kampagne hinzugefügt. In jeder Partie werden kleinere Module ergänzt, und man wechselt zwischen Mond- und Asteroidenspielplan. Am Ende jeder Partie werden Erfolgspunkte verteilt, und wer nach Abschluss der vier Spiele am meisten „EP“ gesammelt hat, gewinnt die Kampagne. Die Module sind jeweils kleine, ergänzende Regeln, die jeweils zumindest die Strategie beeinflussen und auf diese Weise die einzelnen Partien in verschiedene Richtungen lenken.

Diese Ergänzungen sind im normalen Spiel komplett optional und stellen ein schönes Angebot dar, ohne ein absolutes Muss zu sein.

Fazit: „Skymines“ ist mein Expertenhighlight von 2022. Punkt.

Skymines
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Alexander Pfister, Viktor Kobilke
Pegasus Spiele 2022
EAN: 4250231731914
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 59,99

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