Gruselkabinett 127: Die Fakten im Fall Valdemar

In einer Hörspielreihe wie „Gruselkabinett“ von Titania Medien, die sich rühmt, die „Meisterwerke der Schauer-Romantik als atmosphärische Hörspiele“ zu versammeln, dürfen Werke des amerikanischen Autors Edgar Allan Poe nicht fehlen. Nicht zum ersten Mal dienen zwei Werke des literarischen Genies zur gemeinsamen Vorlage für eine „Gruselkabinett“-Adaption. Für Folge 127 der Reihe sind das die beiden Erzählungen „Die Fakten im Fall Valdemar“, auch bekannt als: „Die Tatsachen im Fall Waldemar“, und „Das verräterische Herz“.

von Simon Ofenloch

Als unausweichlich klar ist, dass Ernest Valdemar in Kürze an Schwindsucht sterben wird, kommt er mit seinem Freund Dr. Pelham, der sich mit Magnetismus und Mesmerismus beschäftigt, überein, seinen bevorstehenden Tod zu einem gruseligen Experiment zu nutzen, zu etwas, das bisher noch niemand gewagt hat: Ernest Valdemar will sich vor Eintritt seines Todes in Hypnose versetzen lassen. Doch bevor es dazu kommt, möchte er zuerst noch sein Gewissen erleichtern und beichtet Dr. Pelham eine grauenhafte Tat.

Die Gruselgeschichten des amerikanischen Autors Edgar Allan Poe, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte, zählen heute noch zu den bedeutendsten Werken dieser inhaltlichen Ausrichtung. Seine Kurzgeschichte „Die Fakten im Fall Valdemar“, auch bekannt als: „Die Tatsachen im Fall Waldemar“, im Original: „The Facts in the Case of M. Valdemar“, erschien erstmals Ende 1845, als vorgetäuschte wissenschaftliche Abhandlung. „Das verräterische Herz“, auch: „Das schwatzende Herz“ oder: „Der alte Mann mit dem Geierauge“, im Original: „The Tell-Tale Heart“, wurde erstmals 1843 veröffentlicht. Beide Geschichten verknüpfte Buch-Autor Marc Gruppe für die Hörspieladaption von Titania Medien miteinander zur „Gruselkabinett“-Folge 127 „Die Fakten im Fall Valdemar“. Einzeln wären sie für eine solche Hörspielumsetzung wohl jeweils zu kurz gewesen.
 
Die Vorgehensweise ist raffiniert, funktioniert allerdings nur bedingt. Ist die Handlung von „Das verräterische Herz“ doch so ausgefallen und gleichzeitig eindringlich, dass sie zunächst völlig von der mindestens ebenso besonderen Rahmenhandlung ablenkt. Eine Gleichwertigkeit beider Vorlagen ist hier einfach nicht gegeben und erschwert die Balance. Der Schlussteil leidet dann ziemlich unter dem Gewicht der vorangegangen Beichte mit ihrem schwerwiegenden Ende. Da wirkt so manches Röcheln und Ächzen eher unfreiwillig komisch, als dass sich wahrer Schauer einstellen mag.

An der Umsetzung beteiligt waren die Sprecher Rolf Berg, Helmut Winkelmann, Tom Raczko, Louis Friedemann Thiele, Peter Weis und Dagmar von Kurmin. Allesamt haben gute Arbeit geleistet. Ebenso die Verantwortlichen für Musik und Sound, Geräusche und Effekte.

Zeichnerisch hat der routinierte Illustrator Ertugrul Edirne mit dem Covermotiv ein weiteres kleines Meisterwerk geschaffen, in offenkundiger Anlehnung an eine frühere zeitgenössische Bebilderung.

Fazit: In der Kombination zweier Kurzgeschichten von Großmeister Edgar Allan Poe haben die Macher von Titania Medien mit Folge 127 ihrer hochgeschätzten Hörspielreihe „Gruselkabinett“ ein Mash-up geschaffen, das nicht vollends zu überzeugen vermag, über weite Strecken aber gute Kurzweil bietet.   

Gruselkabinett 127: Die Fakten im Fall Valdemar
Hörspiel nach den Erzählungen „Die Fakten im Fall Valdemar“ und „Das verräterische Herz“ von Edgar Allan Poe
Marc Gruppe
Titania Medien 2017
ISBN: 978-3-7857-5559-4
1 CD, ca. 68 min., deutsch
Preis: EUR 8,95

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