Extremity 1

Wehe dem, der sich mit dem Mann mit der Schaufel anlegt. Der Stamm der Paznina wollte nicht hören und hat nun mehr als eine Handvoll zerstückelte Clanmitglieder zu betrauern. Das schreit nach einem Vergeltungsschlag, wodurch sich die Spirale der Gewalt immer schneller dreht …

von Lars Jeske

Mittendrin, statt nur dabei. Hier wird nicht lang prokastiniert: Der Angriff der Roto gegen die Paznina ist ein voller Erfolg und trotz schwerer eigener Verluste ist die blutgewaltige Rache erfolgreich und das einzig rationale Zeichen, das die Unterdrücker verstehen. – Die Welt der aufsteigenden Ebenen ist extrem. Vor allem für uns Erdlinge, da wir uns nur schlecht vorstellen können, wie einzelne Landmassen in der Luft stehen, als würden sie im Raum schweben und man nur mittels Flugmaschinen von einem Hoheitsgebiet in ein anderes gelangt. Schöpfer Daniel Warren Johnson und sein Colorist Mike Spicer haben mit „Extremity“ eine brutale, aber überaus glaubhafte Welt geschaffen, in der selbst Mad Max um sein Überleben fürchten müsste.

In dieser Welt herrscht seit Langem nicht mehr eitel Sonnenschein, denn die kriegswütigen Paznina ziehen umher, um alle anderen Stämme zu unterjochen. Dies traf vor Jahren auch den Roto-Stamm, aus dem sich die Protagonisten rekrutieren. Dessen Oberhaupt Abba Jerome wurde die Frau genommen und seiner zeichnerisch überaus talentierten Tochter Thea jene Hand. Allein Rollo, sein Jüngster, blieb unversehrt. Blind vor Hass begeht Jerome seither jeden Tag und will nicht eher ruhen, bis dass er seinen Verlust gerächt hat. Während seine Tochter mehr oder weniger in seine Fußstapfen tritt und bereit ist, sich jeden Tag ihren Feinden entgegenzuwerfen, ist Rollo eher besonnen und in den Augen des Vaters ein schwächlicher, in sich gekehrter Denker. Also so gar nicht das Potenzial für den nächsten Abba, sprich Anführer des Clans.

Der roten Faden der Geschichte ist nicht zuletzt das Blut, welches quasi von jeder Seite tropft. Durchgängig koloriert, sind die sehr detailliert gezeichneten Gräueltaten somit noch martialischer anzusehen, als sie ohnehin schon in einen Schwarz-Weiß-Comic gewesen wären. Hier wird nichts beschönigt und sogleich mit der exzessiven Darstellung von Gewalt in unterschiedlichsten Ausprägungen und Actionszenen eine sehr harte Gangart eingelegt. Selbst eine Schaufel wird der Rezipient des Comics anschließend kritischer im Augenwinkel betrachten, als noch vor dem letzten Baumarktbesuch.

Wenn man jetzt jedoch vermutet, dass es nur um sinnfreies Töten geht, irrt man. Bereits auf den ersten 100 Seiten werden durch Daniel Warren Johnson die designierten Protagonisten, welche die kommenden Ausgaben tragen sollen, sehr gut charakterisiert. Sie agieren sogar mit einer Selbstreflexion, welche man gemeinhin Comics in eigener Unwissenheit leichtfertig abspricht. Die Intention von Rache um jeden Preis, die zugrundeliegende blinde Wut und auch der Zweck des Lebens werden bereits hinterfragt. Insgesamt passiert sehr viel in diesem ersten Band, in welchem nicht nur das Setting vorgestellt wird. Es werden bereits viele feine Fäden geknüpft, die wohlüberlegt in einem späteren Band wieder aufgenommen werden könnten und eine solide Story über die nächsten Seiten hinweg erkennen lassen. Das zu erwartende offene Ende ist nicht schlimm, der Cross-Cult-Verlag plant die nachfolgenden Bände regelmäßig auf Deutsch nachzulegen.

Fazit: Der Auftakt von „Extremity“ ist extrem super. Es gibt viele Bilder pro Seite und der Comic ist überraschend textlastig. Dennoch ist das empfohlene Lesealter von 16 Jahren mehr als gerechtfertigt, gibt es doch sogar noch mehr spritzendes Blut und Gewalt als etwa bei „The Walking Dead“; in welchem es immerhin „nur“ gegen Zombies geht und nicht gegen andere Menschen. Aber neben der Gewalt wird auch die Story durch die sehr gut dargestellten Charaktere in „Extremity“ vorangetrieben. Ein überaus actionlastiger, rasanter Ritt, dem man sich nicht entziehen kann oder will. Kurzum: Üppiger Preis, aber krasser Sch...

Extremity 1
Comic
Daniel Warren Johnson, Mike Spicer
Cross Cult 2018
ISBN: 978-3-959815-89-5
131 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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