Star Wars – Rogue One: Die illustrierte Enzyklopädie

Als „Das Erwachen der Macht“ ins Kino kam, gab es nicht wenig Fans, die von dem Film enttäuscht waren. In ihren Augen war der Film zu wenig eigenständiges Abenteuer und zu sehr eine Nummernrevue der schönsten Momente der klassischen Trilogie. „Rogue One“, der ein Jahr später vom Diebstahl der Baupläne des ersten Todessterns erzählte, versöhnte das Fandom mit den Disney-Machern. Eine spannende Handlung, die coole Special-Forces-Truppe um die unangepasste Jyn Erso sowie die visuelle Anlehnung an „Episode IV“ – all das wusste zu begeistern. „Die illustrierte Enzyklopädie“ gewährt einen tieferen Einblick in Personen, Technik und Schauplätze.

von Frank Stein

Als ich die Begleitbände zu „Episode VII“ – etwa „Star Wars – Schauplätze und Planeten“ – im letzten Jahr rezensierte, lauteten meine Bedenken gegen Ende: „Der einzige Wermutstropfen ist da, dass das Buch in zwei Monaten schon wieder überholt ist. Dann nämlich kommt „Rogue One“ in die Kinos und bringt seine eigenen Schauplätze und Planeten mit. Genauso wie „Episode VIII“ nächsten Jahr. Wie Dorling Kindersley mit diesen jährlichen „Star Wars“-Film umgehen wird, muss sich noch zeigen. Ich persönlich hoffe ja auf „Filmbände“, die Figuren, Fahrzeuge und Schauplätze je eines Films gesammelt vorstellen. Jedes Jahr die gleichen Bücher  – nur um 30 Seiten ergänzt – herauszubringen, wäre jedenfalls furchtbare Geldschneiderei.“

Offenbar war ich nicht der Einzige, der diese Sorge hegte. Und tatsächlich hat Dorling Kindersley mit „Star Wars – Rogue One: Die illustrierte Enzyklopädie“ die richtige Antwort darauf gefunden. Denn der großformatige Hardcoverband präsentiert auf seinen 200 Seiten wirklich den Film in seinem ganzen Ausmaß. Durch mehr als 500 Farbfotografien bebildert, gewährt das Buch in sechs Kapiteln viele interessante Einblicke und bietet Unmengen an kleinen Hintergrundinformationen, die Fans ja stets wie ein Schwamm aufsaugen.

Nach einem Vorwort von Effektspezialist John Knoll, der auch als Produzent von „Rogue One“ tätig war, geht es mit einem Überblick über die Galaxis los. Eine Karte verortet die wichtigsten Planeten – darunter natürlich die vier neuen Welten Lah?mu, Jedha, Eadu und Scarif –, eine Timeline erklärt dem unwissenden Machtschüler die Vorgeschichte des Films. In „Kapitel 1: Frieden in Gefahr“ wird die Zeit von Jyns Kindheit betrachtet: das Leben ihrer Familie auf  Lah?mu und wie es durch den alten Freund ihres Vaters, Orson Krennic, zerstört wird.

Kapitel 2 stellt „Die Rebellenallianz“ vor. Dabei stehen neben Jyn als erwachsener Frau vor allem die Anführer im Fokus, also Mon Mothma, Admiral Raddus, General Draven, weitere Offiziere und Senatoren. Natürlich gibt es auch ein paar Seiten über Cassian Andor, K-2SO, das Bodenpersonal und die berühmten Jagdmaschinen der Rebellen. „Kapitel 3: Besetztes Gebiet“ führt dann nach Jedha. Pilger und Bürger der lebhaften Metropole Jedha City werden ebenso kurz vorgestellt wie die Widerstandsbewegung um den fanatischen Saw Gerrara. Dabei erfährt man beispielsweise, dass Beezer Fortuna, der Cousin von Bib Fortuna, des Hofmeisters des berüchtigten Huttenverbrechers Jabba, unter Saw dient. Extraseiten erhalten die wichtigen Nebenfiguren Bodhi Rook, Chirrut Îmwe und Baze Malbus, die später alle zu Jyns Team gehören.

Kapitel 4 widmet sich dem Imperium und hierbei zunächst den namhaften Gegenspielern der Helden, Orson Krennic und – immerhin in einem Cameo zu sehen – Darth Vader. Auch dem Todesstern, Sternenzerstörern, Offizieren und Soldaten sowie Galen Erso und seinen Wissenschaftlern wird Raum gegeben. Durch auffällige Abwesenheit glänzt Moff Tarkin, der im Film „Rogue One“ in einer digitalen Wiederbelebung von Schauspieler Peter Cushing zu sehen ist. Warum just diese keineswegs unwichtige Figur nicht präsentiert wird, bleibt offen. Es muss sich um irgendeine produktionstechnische und lizenzrechtliche Beschränkung gehandelt haben, denn auch die zweite Digitalfigur, die ganz am Ende des Films einen Cameo hat, fehlt bezeichnenderweise. Das ist schade, denn ansonsten ist die Enzyklopädie sehr vollständig.

„Kapitel 5: Die Einzelgänger“ nimmt den Leser zur finalen Konfrontation nach Scarif mit. Imperiale Küstentruppen werden kurz, das Rebelleneinsatzkommando dafür umso ausführlicher vorgestellt. Auch zahlreichen Rebellenpiloten erhalten ihren kleinen Infokasten. Dieses Präsentieren auch der unwichtigsten Nebenfigur wird hier wirklich im großen Stil betrieben, ganz zur Freude detailverliebter Fans. Sehr cool ist auch eine Doppelseite mit den individuell bemalten Helmen der Rebellen-Kampfpiloten. Leider bleibt dagegen der Kampf um Scarif selbst auf der Strecke. So vermisst man einige Großkampfschiffe der Rebellen, vor allem den Hammerhead, der im Alleingang einen Sternenzerstörer ausschaltet. Auch gibt es überhaupt keine strategischen Pläne der Bodenschlacht, und eine Übersicht der imperialen Anlage auf Scarif fehlt ebenso.

Den Abschluss bilden mit „Kapitel 6: Eine Star Wars-Story“ einige Seiten über die Filmproduktion selbst, die nett, aber zwangsläufig oberflächlich bleiben, sowie ein 4-seitiger Index zum raschen Auffinden einzelner Aspekte des Buchs.

Wie schon erwähnt, vereint diese Enzyklopädie Aspekte gleich mehrerer älterer Filmbegleitbücher zur Saga. Sie ist nicht nur ein bild- und textreiches illustriertes Nachschlagewerk – inklusive der für DK-Bücher typischen, teils kuriosen Bildbeschriftungen –, sondern weist auch Risszeichnungen von Raumschiffen auf (was früher in die „Risszeichnungsbücher“ ausgelagert war). So kann man einen Blick in eine Delta-Klasse T-3C – Krennics Shuttle – werfen oder in einen U-Flügler UT-60D. Ein TX-225 Besatzerpanzer wird ebenso im Detail gezeigt wie der Frachter SW-0608, mit dem die Rebellen Scarif infiltrieren, und der TIE/SK-Jäger.

Der Informationsgehalt des Buchs ist schlicht und ergreifend unglaublich hoch. Echte Fans können in diesem Buch stundenlang schmökern und dabei auch die eigentümlichsten Details erfahren. Von welcher Welt stammt Jyn Ersos Mutter? Was trägt General Draven in seiner Brusttasche mit sich? Wie heißen all die Offiziere und Piloten der Rebellion, die irgendwann während des Films durchs Bild huschen? Wer hat K-2SO hergestellt? Wer Antworten auf diese und unzählige Fragen mehr haben möchte, muss zu diesem Buch greifen.

Der einzige Wermutstropfen ist das völlige Fehlen von Schauplatzbeschreibungen. Das Begleitbuch „Star Wars – Schauplätze und Planeten“ gehört zum Besten, was je an Sekundärwerken zur Saga erschienen ist. Die liebevoll detaillierten Illustrationen, die einem das Innere der Cantina in Mos Eisley oder der Rebellenbasis auf Hoth zeigen, sind einfach großartig anzuschauen. Vergleichbare Bilder etwa zur Farm der Ersos, der Rebellenbasis auf Yavin IV, der Innenstadt von Jedha City oder dem imperialen Komplex auf Scarif wären echt noch das Sahnehäubchen auf diesem bereits extrem schmackhaften Kuchen gewesen. Aber man kann wohl nicht alles haben.

Fazit: „Star Wars – Rogue One: Die illustrierte Enzyklopädie“ ist ein phantastischer Schmökerband, der unglaublich viel Inhalt bietet. Es macht extrem viel Spaß, darin zu blättern und sich in die Details der Filmwelt zu versenken. Leider bleibt der Band trotz seiner 200 Seiten unvollständig. Mit Tarkin fehlt eine sehr wichtige Filmfigur, außerdem vermisst man einige Großkampfschiffe und planetare Übersichtskarten etwa zu Jedha City oder der imperialen Anlage auf Scarif. Noch 20 Seiten mehr – oder ein paar doppelseitige Fotos weniger – und das Ganze wäre perfekt gewesen. Trotzdem erhält der Band für seinen Kampfpreis von knapp 20 Euro eine Kaufempfehlung von mir. Wer „Star Wars“ im Allgemeinen und „Rogue One“ im Besonderen mag, der wird dieses Buch lieben.


Star Wars – Rogue One: Die illustrierte Enzyklopädie
Sachbuch
Pablo Hidalgo, Kemp Remillard u.a.
Dorling Kindersley 2016
ISBN: 978-3-8310-3107-8
200 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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