Star Wars – Die illustrierte Enzyklopädie der kompletten Saga

20 Jahre ist es her, seit 1998 mit „Was ist was im Star Wars-Universum“ bei Heyne die erste „Illustrierte Enzyklopädie“ zu „Star Wars“ erschienen ist. Es folgten drei Einzelbände zu den Prequels, dann erschien 2007 ein Kompendium, das 2013 nochmal – sehr behutsam erweitert – nachgedruckt wurde. Schließlich kamen Begleitbände zu „Das Erwachen der Macht“, „Rogue One“, „Die letzten Jedi“ und „Solo“ heraus – dieser Band, erschienen Anfang 2019, will all diese Werke zusammenfassen. Hat das funktioniert?

von Frank Stein

„Moment mal!“, mag jetzt mancher rufen. Gab es da nicht 2017 erst „Star Wars – Die illustrierte Enzyklopädie – Alle Filme und Serien“? Richtig. Doch dabei handelt es sich um ein völlig anderes Buchkonzept, was leider im Deutschen aufgrund einer unglücklichen Titelübersetzung nicht deutlich wird. Folgen die illustrierten Enzyklopädie jeweils den einzelnen Filmen und stellen im jeweiligen Kontext Helden, Schurken, Technik und exotische Kreaturen vor, finden sich in dem Band von 2017 große Blöcke zum Thema Geografie, Natur, Geschichte, Kultur sowie Wissenschaft und Technik. Einzelne Personen oder namhafte Raumschiffe stehen nicht mehr im Fokus, sondern werden diesem globaleren Ansatz untergeordnet. Im englischen Original werden die Unterschiede im Ansatz klarer: Während die echten „Illustrierten Enzyklopädien“ dort als „Visual Dictionary“ bezeichnet werden, war der Band von 2017 eigentlich eine „Visual Encyclopedia“. Obwohl sich Informationen natürlich doppeln, ist also das Konzept völlig anders – sodass dieser Band im Grunde eine überarbeitete Neuausgabe der Kompendien von 2007 und 2013 ist.

Es ist wieder ein großformatiges und gewichtiges Buch geworden, dass Dorling Kindersley hier vorlegt. 26 x 30,8 x 2,9 cm, gute 2 kg Gewicht und 352 schwere Fotopapierseiten Umfang – das sind die harten Zahlen zu diesem massiven Nachschlagewerk. Damit ist das Buch übrigens ganze 80 Seiten dicker als sein Vorgänger von 2013. Über 1500 Farbfotos aus den Archiven von Lucasfilm verspricht der Band, die mehr als 250 Haupt- und Nebenfiguren aus allen (Saga-)Kinofilmen und Spin-Offs (das heißt „Star Wars“-Storys) vorstellen. Darüber hinaus werden Original-Requisiten wie Lichtschwerter, Helme, Kostüme und Waffen präsentiert. Raumschiffe und Fahrzeuge stehen hier nicht im Fokus. Sie werden zwar auch gezeigt, allerdings stets beiläufig und im Kontext einer Figurenvorstellung. So wird der Sith Infiltrator beispielsweise auf der Doppelseite von Darth Maul gezeigt, die Tantive IV auf den Seiten von Prinzessin Leia Organa. Wer sich für die Fahrzeuge und Raumschiffe der Saga interessiert, ist mit dem Werk „Star Wars – Lexikon der Raumschiffe und Fahrzeuge“ von 2018 deutlich besser bedient.



Der innere Aufbau der Enzyklopädie folgt dem aus Vorgängerbänden bekannten Muster. Thematisch in die drei großen Blöcke „Prequel-Trilogie“, „Klassische Trilogie“ und „Sequel-Trilogie“ unterteilt (wobei Material zu „Episode IX“ natürlich noch fehlt), finden sich nach der Einleitung und Überblicksseiten zur Galaxis und zur Technologie insgesamt 173 Einträge auf jeweils einer bis mehreren Seiten. Den Abschluss bilden ein umfangreiches Register und das Impressum. Die Einträge stellen oft jeweils eine Person vor, von Qui-Gon Jinn, Anakin Skywalker und Mace Windu, über Luke, Han und Leia bis Rey, Finn und Poe Dameron. Manche Helden oder Schurken erhalten auch mehrere, über das Buch verteilte Einträge, etwa die Recken der klassischen Trilogie, die ja deutlich gealtert und in anderen Lebensumständen in den Sequels erneut auftreten. Daneben finden sich viele Einträge zu Gruppen, etwa Jedi-Rittern, spezialisierten Sturmtruppen oder den Gästen in Maz Kanatas Schloss.

Mit über 1500 Fotos mag hier primär ein opulentes (und vom Druckbild her erfreulich gelungenes) Bilderbuch vorliegen, allerdings ist auch der Beschreibungstext, der mal als Bildbeschriftung, mal als Text in kleinen Blöcken präsentiert wird, in Summe eindrucksvoll. Unzählige spannende und kuriose Details lassen sich vom Fan hier entdecken. Schmuck der Naboo wird ebenso abgebildet wie das exotische Kriegsgerät der Wookiees oder die Rangabzeichen der Ersten Ordnung. Man kann in den Blechkopf eines Kampfdroiden schauen, lernt einiges über die Produktion von Klonkriegern, bekommt einen Überblick über den Rat der Neuen Republik und erfährt, wie R2-D2 im Detail aufgebaut ist. Das Buch lädt hier wirklich zum Schmökern und Staunen ein und dürfte sowohl Neulingen als auch dem gestandenen Fan-Veteran der Saga noch einiges Neues bieten.



Apropos gestandene Fan-Veteranen: Wie viel Neuheitenwert hat das Werk eigentlich? Auf der letzten Seite wird freimütig zugegeben, dass es sich um eine überarbeitete Neuausgabe handelt, die Material aus sage und schreibe 11 Vorgängerpublikationen (von 1998 bis 2018) übernimmt. Obwohl ich viele der Vorgängerbücher besitze, konnte ich natürlich keinen Abgleich Seite für Seite vornehmen. Ein stichprobenartiger Vergleich zeigt aber, dass in der Informationsübernahme mehrgleisig gefahren wurde. Mehr als nur ein paar Seiten wurden (von minimalen sprachlichen Anpassungen) eins-zu-eins übernommen, einige wurden etwas umgestellt, wieder andere fassen behutsam in den Vorgängerwerken verstreute Einträge – etwa zu den Kommandeuren des Widerstands – zusammen. Dabei gehen zwangsläufig ein paar Informationen verloren. Im Fall der Saga-Filme halten sich die Verluste in Grenzen. „Rogue One“ und „Solo“ dagegen werden extrem stiefmütterlich behandelt. Gerade einmal drei Doppelseiten wurden den Helden und Schurken dieser Filme gewidmet, dazu finden sich im Kapitel der „Klassischen Trilogie“ einige verstreute Bilder und Textschnipsel. Die Begleitbände zu diesen Filmen kann die vorliegende Enzyklopädie nicht ersetzen!

Zwei Wermutstropfen muss man wohl obendrein erwähnen: TV-Serien wie „The Clone Wars“ oder „Rebels“ spielen in dem Band überhaupt keine Rolle. Auch Bildmaterial und Informationen aus kanonischen Romanen und Comics findet man nicht. Das war zugegebenermaßen aber noch nie der Fall und würde wohl auch den Rahmen vollends sprengen. Darüber hinaus ist der Band Ende 2019 leider schon wieder überholt, denn dann kommt „Episode IX“ in die Kinos. Aber auch mit dem Problem hatten alle „Star Wars“-Sekundärwerke schon immer zu kämpfen. Als Ersatz des vergriffenen Kompendiums von 2013 und der beiden Sequel-Einzelbände ist das vorliegende Werk dennoch perfekt.



Fazit: Wer bereits seit Jahren die illustrierten Enzyklopädien sammelt, für den wird das neue Sammelwerk keinen erkennbaren Novitätenwert haben. Der vorliegende Band führt schlichtweg seinen Vorgänger aus 2013 mit allen danach erschienen Einzelfilmwerken zusammen, wobei „Das Erwachen der Macht“ und „Die letzten Jedi“ sehr umfangreich übernommen werden, „Rogue One“ und „Solo“ so gut wie gar nicht. Wer allerdings bis jetzt kein Sammler von Sekundärwerken war oder einem jungen Padawan eine Freude bereiten will, der liegt mit diesem atemberaubend opulenten Werk genau richtig. Stundenlanges Schmökern und Staunen garantiert!

Star Wars – Die illustrierte Enzyklopädie der kompletten Saga
Sachbuch
James Luceno, David West Reynolds, Ryder Windham, James Fry, Pablo Hidalgo
Dorling Kindersley 2019
ISBN: 978-3-8310-3655-4
352 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 29,95

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