Spiele-Comic Noir: Gefangen!

Ein Gruselcomic mit der Entscheidungsgewalt beim Leser. Könnte klappen und tut es auch. Das Buch hat mich durchaus „Gefangen!“.

von Kai Melhorn

Wenn man das Hardcover-Buch, dessen Altersempfehlung bei 16 Jahren liegt, in die Hand nimmt, macht es den Anschein eines einfachen, stimmungsvoll illustrierten Gruselcomics. Das Wort Spiele-Comic auf dem Cover lässt aber schon vermuten, dass es sich hier um etwas Besonders handelt.

Wenn man von vorne beginnt, wird man erstmal durch die Regeln geführt. Diese sind einfach: Der Charakter hat drei Attribute, Lebenskraft und Ausrüstung. Vor den Einstieg in die Geschichte darf sich der Leser entscheiden, ob er besonders geschickt, stark oder schlau sein möchte. Man kann allerdings auch den Durchschnittstypen geben und hoffen, dass man damit am besten fährt. Außerdem spielt in diesem Comic die Zeit eine wichtige Rolle. Daher muss man sich vergangene Zeit notieren, sobald man beim Lesen auf ein entsprechendes Symbol trifft.

In der Geschichte geht es um einen Mann (den Leser), dessen Tochter entführt wird. Zur Lösegeldübergabe in einer alten Villa im Wald, nimmt er zwei Freunde mit. Natürlich geht alles schief. Ein offensichtlich Verrückter versucht den Helden zu erschießen und wird in dem kurzen Kampf selbst erledigt. Seltsame Andeutungen von ihm scheinen darauf hinzuweisen, dass es gar nicht um das Lösegeld geht, aber der Held und somit der Lesen hat selbst keine Ahnung.

Also machen sich die drei Freunde auf die Suche nach der Tochter, hoffend, dass sie sie finden, bevor ihr etwas angetan werden kann. Sie trennen sich notgedrungen, und ab diesem Zeitpunkt entscheidet der Leser, wie es weiter geht.

Die Story ist ein Stück weit cthuloid und zieht den Leser mit sich. Ich bin auch sehr gespannt, wie sich alles denn nun auflöst, ich konnte bisher trotz einiger Versuche leider noch kein positives Ende erreichen. Denn es ist durchaus möglich und sogar wahrscheinlich, dass man den Verletzungen erliegt, die man sich allerorten zuziehen kann.

Im Spielablauf wird man durch die verschiedenen Szenen geführt. Jeder Abschnitt ist mit einer Zahl gekennzeichnet und auf den Bildern sowie im Text finden sich Anweisungen, wo man weiter lesen soll. Entscheidet man sich für die eine oder die andere Tür im Hausflur, muss man den entsprechenden Abschnitt aufschlagen. Außerdem können Proben abgelegt werden oder teilweise sind auch Zahlen in den Bildern versteckt.

Die fortschreitende Zeit ist eine gute Idee, die in die Geschichte eingearbeitet wurde. Verstreicht davon zu viel, konnte man seine Tochter nicht retten und das Spiel ist verloren. Zudem entwickeln sich auch Begegnungen in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Aufeinandertreffens unterschiedlich. Ein spannender Mechanismus, wie ich finde, der dem Ganzen zusätzliche Tiefe verleiht.

Die Zeichnungen dienen zu einhundert Prozent der Story und der Stimmung und gefallen mir sehr gut. Die Texte sind ebenfalls stimmungsvoll und knapp gehalten. Durch die Notwendigkeit, die Bilder genau zu inspizieren ist die Verweildauer pro Abschnitt genau richtig. Man kommt ohne zu viel Verlust der Stimmung in der Geschichte voran und wird regelrecht hineingezogen.

Fazit: Ein rundum guter Zeitvertreib für den Gruselfreund. Der Preis passt zur Leistung und Illustrationen, Story und Spielmechanismen gefallen absolut.

Gefangen! (Spiele-Comic – Noir)
Comic
MC & Maruno
Pegasus Spiele 2018
ISBN: 9783957891730
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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