Spiele-Comic Abenteuer: Ritter #1 – Wie alles begann

Man kennt Spielbücher und man kennt Comics – aber Spiel-Comics sind doch ein seltener Anblick. Außer den alten „Asterix“-Spielebüchern ist mir spontan auch kein Spiel-Comic präsent. Erfreulich, dass Pegasus mit „Ritter – Wie alles begann“ mal wieder einen publiziert. Man darf gespannt sein, was einen erwartet.

von Morgath

Das Idee ist schnell erklärt: Bei Spiel-Comics handelt es sich um Spielbücher, die als Comic erzählt werden. Oder Comics, die man wie Spielbücher spielen kann. Das heißt, der Leser schlüpft in eine Figur und trifft seine eigenen Entscheidungen, wie die Geschichte weitergehen soll, und der Fortgang der Geschichte wird als Comic erzählt.

Das Büchlein erscheint als handliches und schickes Hardcover, für einen einsteigerfreundlichen Preis von 14,95 Euro. Die Zeichnungen sind kindlich gehalten, woraus ich schließe, dass sich das Werk eher an die jungen Leser richtet. Die Zeichnungen versprühen einen pfiffigen Charme und haben mir gut gefallen. Doch worum geht es?

Der Leser schlüpft in die Rolle eines von jungen Bauernsohnes, dessen Alltag hauptsächlich darin besteht, für Düngernachschub zu sorgen. Da dies ziemlich „Scheiße“ ist, entschließt er sich, zur Schule der Ritter zu gehen und Ritter zu werden. Doch nicht jeder wird dort angenommen. Zuerst muss man einen Test bestehen, ob man zum Ritter geeignet ist und der sieht so aus: Man muss fünf Tage durch die Gegend reisen und Heldenbändchen sammeln. Diese kann man für alle möglichen Aufgaben und Heldentaten erhalten. Falls man nach fünf Tagen genügend Heldenbändchen gesammelt hat, wird man angenommen.

Regeln und Konzept

Man kann mit dem Abenteuer ohne große Vorbereitungen sofort beginnen. Die erforderlichen Regeln werden an passender Stelle kurz erklärt. Sie sind erfreulich wenig, aber sie hätten noch weniger sein können, denn die Werte, die man erhält, benötigt man eigentlich nicht wirklich. Allerdings scheint man den Helden in späteren Bänden weiterspielen zu können, sodass man die Werte wohl dafür benötigt.

Das Abenteuer ist geschickt konzipiert. Der Leser kann sich frei bewegen und sich gleich zu Beginn sechs Orte aussuchen, zu denen er reisen möchte. An verschiedenen Stellen findet er ein Symbol, das den Ablauf eines Tages markiert. Sobald er das Symbol zum fünften Mal sieht, muss er zu Schule zurück und schauen, ob er bestanden hat.

Bewertung

Vorweg, es hat viel Spaß gemacht, mal wieder einen Spiel-Comic in Händen zu halten. Allein deswegen lohnt es sich schon, sich das Büchlein zuzulegen. Doch sehen wir uns die Stärken und Schwäche doch etwas näher an:

Es gibt zahlreiche Begegnungen und Anekdoten, die man erleben kann. Von Zauberschule, über Militärlager, bis Drachenhort ist alles dabei, was das phantastische Mittelalter so zu bieten hatte. Die Begegnungen sind sehr abwechslungsreich, liebevoll gezeichnet und laden gelegentlich sogar zum Schmunzeln ein. Die Möglichkeiten, die ein Spiel-Comic bietet, werden gut genutzt, da es oft Aufgaben zu lösen gibt, bei denen man sowohl Text als auch Bild beachten muss. Beispielsweise kommt man einmal in ein Waldstück und wird gefragt, wohin man gehen möchte. Wer sich das Bild aufmerksam angeschaut hat, erkennt, dass sich irgendwo ein paar Leute versteckt haben und kann dementsprechend sein Entscheidung treffen. 

Geht man allerdings kritisch an die Sache heran, dann gibt es einige Punkte, die man bemängeln muss:

Mir gefällt die Idee mit der Ritterschule nicht, weil es historisch gesehen eine solche nicht gab. Man hätte die Aufgabe des Helden ohne Problem so gestalten können, dass sie historisch korrekt ist, und hätte so noch etwas zur Bildung des Lesers beigetragen. Schade, dass diese Chance vertan wurde.

Einige der Rätsel und Aufgaben, die man lösen soll, haben mich nicht überzeugt. Hierzu einige Beispiele:

  • eine Aufgabe war unverständlich formuliert (Abschnitt 30), sodass ich nicht wusste, was ich eigentlich machen soll.
  • ein anderes Mal bekam ich nur ein Bild ohne Text mit mehreren Entscheidungsmöglichkeiten präsentiert (Abschnitt 208), ohne dass ich wusste, was der Autor von mir erwartet. Das merkte ich erst nachdem ich mir die richtige Lösung angeschaut hatte (die anderen Entscheidungen führten übrigens zum Tod)
  • einmal kommt mir die Lösung falsch vor (Abschnitt 248)
  • ein anderes Mal verstehe ich die Lösung nicht (Abschnitt 324), auch wenn ich sie durch Herumblättern im Buch schließlich gefunden habe. Generell wäre es das ein oder andere Mal wünschenswert gewesen, wenn man die Lösung nicht nur präsentiert, sondern erklärt hätte. Andere moderne Spielbücher wie zum Beispiel „Das Feuer des Mondes“ lösen das geschickt, indem im Anhang alle Rätsel erklärt werden.


Wie man merkt, sind die Beispiele nicht gerade wenig. Tatsächlich hätte man meiner Meinung nach bei den Aufgaben etwas mehr Sorgfalt walten lassen können. Auch mehrere Spieltests wären nützlich gewesen, um die Sichtweise des Leser besser zu verstehen. Es gibt aber auch viele gute Rätsel. Es ist daher letztlich Geschmacksache, wie sehr einem diese zusagen.

Fazit: „Ritter – Wie alles begann“ greift eine vergessene Spielidee wieder auf und haucht ihr neues Leben ein. Die Möglichkeiten, die ein Spiel-Comic bietet, werden gut genutzt. Trotz der erwähnten Schwächen, würde ich das Büchlein immer noch wärmstens empfehlen, da es einfach Spaß macht, einen Spiel-Comic zu spielen.


Spiele-Comic Abenteuer: Ritter #1 – Wie alles begann
Spielcomic
Shuky, Waltch und Novy
Pegasus Press 2017
ISBN: 978-3-95789-101-3
Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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