One last job – Ein letzter Auftrag

In der hauseigenen Reihe „die kleine Reihe“ präsentiert der System-Matters-Verlag Rollenspielsysteme, die sich eher für narrative One Shots denn das klassische Kampagnenspiel eignen. Mit „One last job“ – zu Deutsch „Ein letzter Auftrag“ – erhält die Reihe neue Verstärkung.

von André Frenzer

In dem neuesten Spross der „kleinen Reihe“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von alternden Ex-Profis, die sich noch einmal zusammenfinden, um „einen letzten Auftrag“ zu erledigen. Was nach einem klassischen Gangsterkrimi klingt, funktioniert theoretisch auch in vielen anderen Genres. Vielleicht müssen die alten Dorfhelden noch ein letztes Mal zusammentreten, um einen Drachen zu erledigen oder eine Gruppe ehemaliger Cyberpunk-Runner ein letztes Mal gegen die Konzernsicherheit ins Gefecht ziehen? Nichtsdestotrotz merkt man dem Buch an, dass es wohl mit einer im Gangstermilieu angesiedelten Geschichte im Hinterkopf geschrieben wurde.

Es gibt – neben dem klar umrissenen Auftragsprofil, das Ausgangslage für das Spiel ist – aber noch einige andere, ungewöhnliche Aspekte in dem Spiel. So erschaffen die Spieler ihre Charaktere nicht selbst – stattdessen werden diese komplett von den Mitspielern erschaffen. Das funktioniert in zwei Ebenen – ein grundlegendes Konzept wird bereits vor dem eigentlichen Abenteuer erarbeitet, der Rest – wie besondere Fähigkeiten und Schwächen – werden im Laufe des Auftrags eingeführt. Vor dem Abenteuer lädt jeder Spieler einen weiteren Charakter zum Auftrag ein („Wir müssen unbedingt Gasfuß-Joe, den besten Fluchtwagenfahrer aller Zeiten dabeihaben!“); während des Spiels können dem jeweiligen Charakter anhand Geschichten aus seiner Vergangenheit zusätzliche Fähigkeiten angedichtet werden („Mensch, weißt Du noch, wie Du damals in Atlanta 25 Streifenwagen und zwei Hubschrauber abgehängt hast?“), die die Charaktere weiter ausdefinieren. Wichtig ist und bleibt, dass diese Aspekte nur von den Mitspielern eingeführt werden können.

Während „One last job“ bezugnehmend auf die Charaktererschaffung einen sehr narrativen, erzählerischen Ansatz verfolgt, ist das eigentliche Regelsystem sehr abstrakt gehalten. Ein Auftrag setzt sich aus vier Szenen zusammen. In diesen Szenen müssen die Spieler mit erfolgreichen Würfen eine bestimmte Anzahl von Erfolgen sammeln, um die Szene abzuschließen. Der Spielleiter wiederum würfelt mit Würfeln aus einem sogenannten „Gefahrenpool“, der stetig wächst, gegen die Würfe der Spieler. Am Ende jeder Runde haben Spieler wie Spielleiter noch zahlreiche Möglichkeiten, die Wurfergebnisse zu verändern. Spielleiter können die Gefahrensituation weiter eskalieren lassen, um mehr „Gefahrenpool“-Würfel zu generieren, Spieler können ihre eigenen Wurfergebnisse aber auch die des Spielleiters manipulieren, wenn sie bereit sind, anderweitige Nachteile in Kauf zu nehmen. Ein simples Schadenssystem und die Möglichkeit, über den erzählerischen Charaktererschaffungsansatz ebenfalls auf die Fertigkeiten der Charaktere Einfluss zu nehmen, runden das System ab. Neben den eigentlichen Regeln enthält das Grundregelwerk noch einige Szenarien. Wie schon eingangs beschrieben, sollen so verschiedene Genres angesprochen werden.

Wirken die Regeln auf den ersten Blick durch ihren abstrakten Ansatz recht komplex, so gehen sie doch schnell in Fleisch und Blut über und ermöglichen spannende Szenen voller Action und Dramatik. Dabei kristallisiert sich aber rasch heraus, dass es einer wirklich erzählfreudigen Gruppe bedarf, um nicht nur aus den abstrakten Wurfergebnissen spannende Ereignisse zu generieren, sondern gleichzeitig auch noch die Charaktere immer weiter auszudefinieren und mit immer neuen Geschichten aus ihrer einst großen Vergangenheit zu versorgen. Eine erfolgreiche Runde „One last job“ steht und fällt damit mit der Kreativität der gesamten Gruppe (es gibt immerhin sogar eine Regeloption, komplett spielleiterlos zu spielen).

„One last job“ erscheint in dem für die Reihe typischen, ansonsten aber eher ungewohnten, A5-Querformat und ist komplett vollfarbig. Entgegen der englischen Originalversion hat der Verlag optisch noch eine ordentliche Schippe draufgelegt und aus dem recht schlichten Heftchen ein sehr einheitlich und stimmungsvoll bebildertes Büchlein gemacht. Die Übersetzung ist gelungen und über einige Formatierungsfehler kann man wohl hinwegsehen, womit technisch eine gute Durchschnittsnote herausspringt.

Fazit: Wer eine erzählfreudige und kreative Spielgruppe hat, Spaß an actionreichen One Shots mit narrativen Elementen hat und ein Faible für das Gangstermilieu mitbringt – denn hier funktioniert das Spiel meines Erachtens einfach am besten – sollte einen Blick auf „One last job“ werfen, denn es erledigt diesen Auftrag absolut souverän. Wer an einem eher klassischen Ansatz interessiert ist, findet hier aber wohl nicht das Richtige.

One last job – Ein letzter Auftrag
Grundregelwerk
Grant Howitt, Daniel Neugebauer u. a.
System Matters Verlag 2018
ISBN: 978-3963780035
68 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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