Kagematsu

„Schande. Ehre. Liebe“. Unter diesen drei Schlagworten steht das Spiel „Kagematsu“, das als „schnelles Spiel für vier bis sechs Spielerinnen und Spieler“ angepriesen wird. Worum es genau geht und ob sich das Büchlein lohnt, das sehen wir uns einmal genauer an.

von Jens Krohnen

„Kagematsu“ war das erste Spiel in der sogenannten „kleinen Reihe“ des damals noch jungen System-Matters-Verlag. In der „kleinen Reihe“ veröffentlicht der Verlag Erzählspiele und Indy-Spiele, die es sonst womöglich nie nach Deutschland geschafft hätten. Mit einem ungewohnten A5-Querformat und einem Seitenumfang von gerade einmal 52 großzügig illustrierten Seiten wird die „kleine Reihe“ ihrem Namen mit „Kagematsu“ dann auch gleich doppelt gerecht.

„Kagematsu“ spielt im Japan des Jahres 1572. Es behandelt die Geschichte eines umherstreifenden Kriegers, dem Ronin Kagematsu. Dieser trifft auf ein Dorf voller wehrloser Frauen, Kinder und Alten, das unter einer grauenvollen Bedrohung leidet. Nun machen sich die Dorffrauen auf, um den kampffähigen Krieger zu bezirzen und dazu zu überreden, für die Sache des Dorfes einzustehen. Können die Frauen die Zuneigung des Kriegers erhaschen und wird sich der Ronin der Bedrohung stellen?

„Kagematsu“ bedient sich eines sehr abstrakten Würfelsystems, um das Werben der Dorffrauen um Kagematsus Gunst darzustellen. So gibt es insgesamt 16 verschiedene Zuneigungen, um die die Dorffrauen Kagematsu bitten können – von einem Lächeln über einen Kuss und ein Liebesgeständnis bis hin zu dem Versprechen des Ronin, es mit der Bedrohung des Dorfes aufzunehmen. In einer Szene kann eine Dorffrau versuchen, eine Zuneigung Kagematsus zu erhalten. Jede dieser Zuneigungen ist mit einem Schwierigkeitsgrad versehen, der angibt, wie viele Würfel der Ronin werfen darf, um den „Schwierigkeitsgrad“ der Szene festzulegen; die Dorffrau würfelt dann dagegen. Je nach dem erzählten Verhalten der Frau und dem Wurfergebnis beim „Kampf“ um die Zuneigung erhält die Dorffrau Liebes- oder Mitleidspunkte von Kagematsu, die sich dann auf spätere Szenen und Zuneigungen auswirken. Gelingt es den Dorffrauen, Kagematsu „ein Versprechen“ abzuringen, so zieht der Ronin gegen die Bedrohung des Dorfes in den Kampf. Der besondere Kniff an „Kagematsu“ ist allerdings der Geschlechtertausch: Die Dorffrauen sollen von Männern dargestellt werden, während der einsame Ronin Kagematsu von einer Spielerin verkörpert wird. So wird gerade das Rollenspiel noch einmal etwas intensiver und die klassische Rollenverteilung geschickt vertauscht.

Mit dieser kurzen Zusammenfassung dürfte auch klar geworden sein, dass „Kagematsu“ wohl kein Spiel für jede Gruppe sein wird. Zum einen ist das Regelkonstrukt nur mit Mühe zu übertragen und eignet sich daher eher dafür, exakt diese eine Geschichte zu erleben. Zum anderen braucht es reichlich erzählfreudige Spieler, um der ganzen Würfelei dann auch tatsächlich etwas Geschichte zu verleihen. Und zum Dritten muss die Gruppe nicht nur die passende Anzahl unterschiedlicher Geschlechter am Spieltisch versammeln können, sondern zudem auch noch Spaß an dieser besonderen Form des Crossgendering haben. Wer all diese Komponenten vereint, erhält ein durchaus interessantes Spiel mit einem allerdings zugegebenermaßen geringen Wiederspielwert.

Handwerklich ist „Kagematsu“ durchaus ansprechend gelungen. Das Büchlein wirkt stabil, ist vollfarbig gedruckt und wirklich reichhaltig und sehr stimmungsvoll illustriert. Zwar haben sich einige Rechtschreibfehler eingeschlichen, doch würde ich dem Korrektorat in Summe eine gute Note bescheinigen. Handwerklich habe ich damit kaum etwas auszusetzen.

Fazit: „Kagematsu“ ist ein sehr spezielles Spiel, das wohl nicht ohne weiteres für jede Spielgruppe geeignet sein wird. Wer sich mit den oben aufgeführten Prämissen anfreunden kann, erhält ein handwerklich gut gemachtes Buch mit einem stabilen Regelwerk.

Kagematsu
Grundregelwerk
Danielle Lewon, S. R. Knipe, Daniel Neugebauer u. a.
System Matters Verlag 2016
ISBN: n.a.
52 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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