Klingen der Nacht

Die Helden hat es zur Winterzeit nach Frisov am Rande der Bernsteinbucht nahe des ewigen Eises verschlagen. Die Einwohnerzahl ist deutlich größer als sonst, da viele Schiffe und ihre Besatzungen aufgrund der zugefroreren Bernsteinbucht Zuflucht suchen. Doch während sich die Helden noch gemütlich am Herdfeuer einrichten und Kontakte knüpfen, bricht ein Unglück über die Stadt herein, als die nur aus Legenden bekannten Nachtalben über die Stadt herfallen. Können die Helden sie aufhalten und ihre Pläne ergründen?

von Ansgar Imme

Das Abenteuer „Klingen der Nacht“ ist das erste größere und „dickere“ Abenteuer der fünften Edition von „Das Schwarze Auge“. Auch aufgrund der Rückmeldungen der Spieler war der Verlag Ulisses Spiele dazu übergegangen, statt umfassender Abenteuer, wie in der vierten Edition, lieber mit wenig Vorbereitung schneller spielbare Abenteuer zu veröffentlichen. Selbst die „Theaterritter-Kampagne“ war auf sechs Abenteuer mit je 64 Seiten aufgeteilt worden. Dem bekannten Autor Dominic Hladek (Autor mehrerer „DSA“-Abenteuer, Mitarbeit an etlichen Spielhilfen, Autor für „Space 1889“) war es vorbehalten, mit „Klingen der Nacht“ nicht nur ein auf 120 Seiten fast schon episches Abenteuer zu schreiben, sondern dieses gleichzeitig auch im sehr hohen Norden anzusiedeln, welcher in der neuen Edition bisher sowohl in Abenteuern und vor allem nicht in Regionalbänden erwähnt wurde.

Handlungsüberblick (Spoiler)

Die Helden sind im Winter 1040 nach Bosparans Fall in die kleine Siedlung Frisov an der Bernsteinbucht gelangt. Auch etliche Schiffsbesatzungen halten sich dort auf und vergrößern die Einwohnerzahl, da die Bernsteinbucht zugefroren ist und die Schiffe den Winter über dort verbringen. Noch während sich die Helden eingewöhnen und Kontakte knüpfen, bricht eines Nachts das Unheil über die Stadt herein. Die Nachtalben – auch Shakagra oder Dunkelelfen genannt –  greifen Frisov an und machen die Stadt dem Erdboden gleich. Die Helden können erste Hinweise der Ziele der Shakagra bekommen und einer von ihnen kann zum Träger eines Himmelslichts werden, des Artefakts eines firnelfischen Kriegers. Doch sie verhindern trotzdem nur das Schlimmste, retten Bewohner und schlagen die Nachtalben noch zurück – für die Stadt ist es zu spät und ein Weiterleben dort nicht mehr möglich.

Im Folgenden unterstützen die Helden die Überlebenden bei der Reise nach Glyndhaven, der größten menschlichen Stadt in der Nähe. Auf dem Weg dorthin kommen sie auch an der Halbinsel Nikku vorbei, wo sie in einem Tempel Informationen zu den Nachtalben und Hochelfen erlangen können. Außerdem treffen sie einen weiteren Himmelslicht-Träger – ebenso wie bei ihrer Ankunft in Glyndhaven. Im bekannten Praioskloster der Stadt führen sie ihre Nachforschungen zu weiteren Erkenntnissen, ehe sie erneut mit den Nachtalben zusammenstoßen. Beauftragt durch die Äbtissin des Klosters machen sich die Helden auf, mehr über die Himmelslichter und ihre Träger sowie die Motive der Shakagra herauszufinden.

Ihre Nachforschungen führen sie zum legendären Grauen König und in den Versunkenen Wald, wo eine erneute Konfrontation mit den Nachtalben droht. Doch sie erfahren, dass ein alter Stützpunkt des Mittelreichs ein Geheimnis birgt, welchem auch die Shakagra auf der Spur sind. Und so gilt es, die Träger des Himmelslichts zu sammeln und sich den Dunkelelfen erneut entgegenzustellen. Aber es droht ein Zwist unter den Verteidigern, sodass ein innerer und äußerer Kampf gefochten werden muss.

Kritik: Aufmachung, Layout, Inhalt

Mit den 120 Seiten plus Karten ist das Abenteuer „Klingen der Nacht“ wesentlich umfangreicher als die bisherigen zur fünften Edition von „Das Schwarze Auge“ erschienenen Abenteuer. Die Vollfarbigkeit, die man seit der neuen Edition nutzt, kommt hier auch positiv voll zum Tragen. Das Cover, tolle Karten und oft schöne Illustrationen bieten einen guten Rahmen für den Inhalt. Auch wenn man vielen Illustrationen die Erstellung am Computer oder Zeichentablet ansieht und einer der Shagakra mehr einem berühmten Elben aus „Der Herr der Ringe“ ähnelt, ist die Qualität doch zumindest gut und sorgt vor allem durch die Farben für die richtige eisige Stimmung und stimmungsvolle Gestaltung. An manchen Stellen wäre etwas weniger Comic-Relief mehr gewesen. Positiv ist zudem eine ausreichende Anzahl an Karten und Plänen, die das Spiel unterstützen. Einzig das Kloster Auridalur in Glyndhaven hätte noch eine Karte vertragen können.

Die Handlung zeigt sich dann durchaus abwechslungsreich, überraschend und spannend. Zwar gibt es einen roten Faden, welche Orte die Helden in welcher Reihenfolge aufsuchen könnten oder sollten, aber grundsätzlich ist man hier als Spielleiter sehr frei und kann dies komplett variieren, ohne dass die Handlung darunter leidet. Dies gibt den Spielern viele Freiheiten, ohne dass sie das Gefühl haben, zu sehr in eine Richtung gedrängt zu werden.

Der Aufbau des Bandes unterstützt dies allerdings nicht, da das Inhaltsverzeichnis mit fünf Einträgen geradezu minimalistisch ist und auch kein Index existiert (was beides keine Schuld des Autors Dominic Hladek ist), sodass man unter Umständen viel hin und herblättern oder die Stellen mit Post-its markieren muss. Ansonsten bemüht sich der Autor, dem Spielleiter viel Unterstützung durch Vorgeschichte, Hintergrundbeschreibungen, Wahl der Helden, Einstiege ins Abenteuer und einem speziellen Glossar zum Norden zu geben. Dazu gibt es einen sehr umfangreichen Anhang zu den Nachtalben und einen speziellen Clan derselben über fast 20 Seiten. Hier werden Aussehen, Kultur, Weltsicht oder Glaube beschrieben. Es gibt Beschreibungen der unterschiedlichen „Berufe“ wie Kämpfer oder Magiebegabte inklusive Spielwerten oder auch spezielle Waffen, Sonderfertigkeiten oder Zaubersprüche dieses „Volkes“. Damit kann das Abenteuer plastischer gestaltet werden. Es gibt dem Spielleiter aber auch die Möglichkeit, die Nachtalben in weiteren Abenteuern auftauchen zu lassen und mit Hintergrund zu versehen.

Die Hintergründe der Handlung sind nicht gleich zu durchschauen, sondern müssen langsam im Abenteuer aufgedeckt werden. Allerdings können sich auch hier durchaus Schwierigkeiten auftun, wenn die Spieler nicht unbedingt den Hinweisen folgen wollen. Vor allem die Hintergründe um die Himmelslichter können durchaus außen vorbleiben, was aber gerade einen wichtigen Teil der Geschichte darstellt. Das Abenteuer ist zwar auch so zu „lösen“, aber ohne diese Informationen und Unterstützung wird es für die Spieler und Helden schwer. Dies beginnt bereits in Frisov, wenn die Helden das erste Himmelslicht vom Toten an sich nehmen sollen. Dominic Hladek bietet zwar Vorschläge an, wie es dazu kommen kann, aber es wirkt doch größtenteils etwas gedrängt (auch wenn sie schon vorher seine Bekanntschaft machen konnten). Hier sollte der Spielleiter sich bereits vorher Gedanken machen und gegebenenfalls die Helden vorher auf Hintergründe stoßen lassen, sodass ihnen die Wichtigkeit deutlicher bewusst wird.

Innerhalb der jeweiligen Abschnitte bietet Hladek selbst in Kleinigkeiten viel Unterstützung und Hinweise an, ob es Beschreibungen alltäglicher Handlungen, taktisches Vorgehen der Nachtalben, Beispiele für Befragungen durch diese, Motivationsideen für die Helden, genaue Beschreibungen von Orten oder mögliche Verläufe von Kämpfen sind. Hier erhält der Spielleiter einiges an Unterstützung. Gleichzeitig werden auch die Regeln mehrfach gut angewendet: einerseits über das Sammeln von Qualitätsstufen verschiedener Fertigkeiten, was unterschiedliche Informationen erbringt, andererseits über Hinweise zu Taktik, Zaubern, Sonderfertigkeiten, die die Gegner einsetzen können. Gerade die Gegner sind allerdings ganz schön happig und viele Teile des Abenteuers sehr kampflastig beziehungsweise die Kämpfe schwer zu umgehen. Zwar gibt es für alle Bereiche von Helden Anwendungsmöglichkeiten (gerade Nachforschungen sind nicht wenige, sodass forschende Professionen infrage kommen), aber letztlich werden Wildnis-Charaktere durch die lebensfeindliche Umgebung und Kämpferische Professionen durch die Gegner dringend benötigt. Ein zu „defensive“ Gruppe mit wenig Kampfkraft kann hier schnell in Bedrängnis kommen.

Fazit: Nach kürzeren Abenteuern mit einfacher bis mittlerer Schwierigkeit wartet hier die erste richtig große Herausforderung für Spieler und auch den Spielleiter. Der Autor Dominic Hladek bietet ein spannendes und gefährliches, vor allem kampflastiges Abenteuer im eisigen Norden mit viel Unterstützung für den Spielleiter. Mit einer etwas besseren Struktur und ausführlicherem Inhaltsverzeichnis wäre die Umsetzung für den Spielleiter einfacher. Insgesamt aber ein gutes Abenteuer für erfahrene Helden, welches zu überzeugen weiß.

Klingen der Nacht
Abenteuerband
Dominic Hladek
Ulisses Spiele 2016
ISBN: 978-3-95752-333-4
112 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

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