Jenseits der Mauern

Lange mussten sich die Freunde der Erwachten Katzen Havenas gedulden, bis Ulisses endlich neues Material für „Die Schwarze Katze“ präsentiert. Im Rahmen der „Fasar“-Spielhilfe, welche spielbare Hunde als Ergänzung des Settings einführt, wurde auch gleich erweiterndes Hintergrundmaterial für das Havena-Setting per Crowdfunding finanziert.

von André Frenzer

Während Havena – und insbesondere jene Bereiche, welche von erwachten Katzen bewohnt werden – im Grundregelwerk ausführlich beschrieben wurde, widmet sich der vorliegende Band dem Havener Umland. Dabei wurde großteils die „Ingame“-Beschreibung, welche für das Grundregelwerk gewählt wurde und zumeist aus der Sicht erzählender Katzen stattfand, nicht weiter übernommen. Stattdessen finden sich in „Jenseits der Mauern“ zwar zahlreiche Zitate dort ansässiger Katzen und Hunde wieder, der Großteil des Textes ist jedoch aus der Vogelperspektive verfasst.

Zunächst wird das sogenannte „Hundeland“ genauer vorgestellt. Dabei handelt es sich um den Havener Stadtteil Feldmark, welcher als einziger von deutlich mehr erwachten Hunden als Katzen bewohnt wird. Kein Wunder also, dass die Havener Katzen nur hinter vorgehaltener Pfote von diesem finsteren Stadtviertel raunen und üblicherweise einen großen Bogen um die Brücke machen, die nach Feldmark führt. Tatsächlich regieren hier zwei erwachte Hunde mit eiserner Faust und den meisten Katzen, die sie erwischen können, geht es schlicht an den Kragen; doch finden sich auch einige mutige Katzen, Mauerläufer genannt, die in Feldmark wohnen. Feldmark bietet damit ein wunderbar konfliktreiches Setting, wenn man mit Don Gato bereits das ein oder andere Mal aneinandergeraten ist und sich Langeweile einzustellen droht.

Dann wendet sich der Band der Muhrsape zu. Die Muhrsape ist ein sumpfiger Landstrich, der sich südlich von Havena bis zum Windhaggebirge erstreckt. Der ins Meer mündende Große Fluss bildet dort ein Delta mit zahlreichen Nebenarmen, welches sich rund 50 mal 50 Meilen ausbreitet. Und auch wenn die Muhrsape ein lebensfeindlicher Ort ist, findet sich natürlich auch hier einiges Abenteuerliches für die erwachten Katzen wieder. Da gäbe es zum einen natürlich die Feen und Biestinger, welche den Landstrich in großer Zahl bewohnen und nicht nur ihren Schabernack mit den Sterblichen treiben, sondern auch Geschenke gegen Gefallen eintauschen. Zum anderen gibt es eine Unzahl finsterer Kreaturen, welche hier ihr Unwesen treiben. Und zum dritten gibt es eine Mischung aus erwachten Katzen und Hunden, die hier wohnen, handeln und leben.

Insbesondere das friedliche Dorf Moorwinkel verdient Beachtung, leben hier doch Katzen und Hunde friedlich Seite an Seite. Man geht dem Fischgang nach, kocht Marmelade ein und treibt regen Handel mit den Havener Stadtkatzen, welche die Delikatessen vom Land zu schätzen wissen. Darüber hinaus gibt es noch einige seltsamere Bewohner der Muhrsape – menschliche Magier, die in einsamen Türmen alchemistischen Forschungen nachgehen, ein Schwarm Harpyien und nicht zuletzt einige untote Wiedergänger, welche dem Morast eine unheimliche Note verleihen. Abgerundet wird dieses Kapitel durch einige Abenteueraufhänger und Geheimnisse für die Spielleitung.

Zu guter Letzt finden sich noch einige Spielwerte für Hunderassen in dem Band wieder. So können interessierte Spieler auch erwachte Hunde spielen, ohne sich gleich die „Fasar“-Spielhilfe kaufen zu müssen. Alles wichtige rund um die Charaktererschaffung und die in Havena häufigsten Hunderassen wurde hier auf wenigen Seiten zusammengefasst.

Inhaltlich hat es mir gerade die Beschreibung der Muhrsape angetan. Das Setting ist nicht nur äußerst charmant – und erinnert nicht nur wegen der Illustrationen an eine Mischung aus Mark Twains „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ gepaart mit einem guten Schuss Gruselatmosphäre – sondern wurde auch sehr spielleiterfreundlich aufbereitet. Es gibt zahlreiche Abenteueraufhänger und vor allem ungewöhnliche Herausforderungen für erwachte Katzen. Wem Havena als Setting also langsam etwas öde vorkommt, der findet hier reichlich Abwechslung und eine gänzlich neue Umgebung.

Die Optik des Quellenbandes entspricht den bisher erschienen Publikation. Wieder sind es insbesondere die Illustrationen, welche die doch recht ungewöhnliche Welt der „Schwarzen Katze" lebendig werden lassen. Diese sind weiterhin auf einem angenehm hohen Niveau. Das Layout ist übersichtlich, und auch das Korrektorat und Lektorat haben eine gute Arbeit geleistet. Technisch gibt es damit abermals nichts zu meckern.

Fazit: „Jenseits der Mauer“ ist eine gelungene Vorstellung zweier kompakter Mini-Settings. Für „Die Schwarze Katze“-Spieler, die einmal ein wenig Abwechslung von Havena suchen, ist „Jenseits der Mauer“ uneingeschränkt zu empfehlen. Dank neuer Kreaturen und Ergänzungsregeln ist der Band aber schlussendlich für jeden Spielleiter der „Schwarzen Katze“ einen Blick wert.

Jenseits der Mauern

Quellenband
Stefan Tannert, Jens Ullrich
Ulisses Spiele 2021
ISBN: 978-3963316524
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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