Isola 1

Ein Soldat und ein Tiger durchstreifen eine farbenfrohe Welt auf der Suche nach „Isola“. Was einfach klingt, ist jedoch eine lebensgefährliche Mission. Denn der Krieger ist eine Frau, der Tiger der verwandelte Herrscher von Maar und beide sind sie auf der Flucht vor Jägern hin zu ihrem unbekannten, sagenumwobenen Ziel, an welchem es womöglich nicht einmal Hilfe für ihre aussichtslose Situation gibt.

von Lars Jeske

Obwohl es nicht leicht zu erkennen ist, stellt sich der Name des Comics als „Isola“ heraus. Wenngleich man immer unvoreingenommen sein soll, ist dann der Einstieg in die Geschichte ebenfalls schwierig. Der Leser beginnt die Reise beim Nacht. Ein Wächter bewacht draußen im Regen ein Zelt mit einer schlafenden Wildkatze, die abgesehen von der Farbgebung an einen Tiger erinnert. Der Wächter wird weggelockt und erkennt spät, dass es eine Art Falle war. Plötzlich liegt der Tiger von Pfeilen durchlöchert sterbend vor ihm. Der Wächter trauert um Olwyn und will Rache. Eine Kopfdrehung später ist der Tiger weg, aber die Pfeile noch da. Dann sind auch die Pfeile weg. Szenenwechsel: Der Tiger erwacht und wird unterwürfig mit „Majestät“ angesprochen. Beide brechen bei herrlichem Sonnenschein auf, als wäre nichts gewesen …

Entweder ist man nun verwirrt und gibt sofort auf weiterzugucken (denn zu lesen gab es noch nicht so viel) oder sieht es als Appetizer an und gibt dem Comic weitere Seiten, um sich zu entwickeln. Im letzteren Fall bekommt man als Leser erst einmal ein paar Infos, um sich zurechtzufinden. Es handelt sich beim Tiger um den verwandelten Regenten von Maar, einem nicht näher spezifizierten Königreich. Allerdings ist die Verwandlung alles andere als freiwillig gewesen. Nun ist der Soldat an der Seite, der sich später als Rook, die Anführerin der Königlichen Garde herausstellen wird, mit dem Tiger unterwegs in das namensgebende Isola, um dort der Misere Abhilfe zu schaffen. Komplizierter wird es sogleich dadurch, dass allerdings selbst Rook lediglich hofft, dass es dieses Land Isola überhaupt gibt. Allein, dass sie sich auf dem Weg vor allerlei Gefahren, allem voran Jäger-Clans, schützen müssen, ist gewiss. Frohen Mutes stürzen sich also beide in dieses Abenteuer, was sie sich nicht ausgesucht haben, aber unbedingt erfolgreich bestehen müssen.

„Isola“ ist der erste Band der geplanten Reihe der beiden Autoren Brenden Fletcher und Karl Kerschl. Auf Deutsch veröffentlicht von Cross Cult und in einer Größe zwischen A5 und A4 im angenehmen Softcover.
Wie man im Anhang erfährt sind beide seit ihrer Kindheit Freunde und hatten nach genügend Erfahrungen an Arbeiten wie „Motor Crush“ oder „Gotham Academy“ nun endlich Zeit, ihren lang gehegten Kindheitstraum wahr werden zu lassen und so umsetzen zu können, wie sie es für richtig halten. Herausgekommen ist vor allem ein Band mit wie es auf dem Comic-Rücken so schön heißt „Animation zum Blättern“. Und in der Tat ist „Isola“ graphisch sehr ansprechend und farbgewaltig in Szene gesetzt. Dies ist die Arbeit von Karl Kerschl, der bei den Zeichnungen und Farben von Msassyk (Michelle Assarasakorn) unterstützt wurde. Auf den ersten Seiten begutachtet man also eher die sehr schönen Zeichnungen samt interessanter Farbgebung und lässt das Setting auf sich wirken. Abhängig von der Szenerie bekommt nämlich die gesamte Comic-Seite einen entsprechenden Farblayer verpasst. Im Dschungel wird also alles grünstichig, während die späteren Traumsequenzen beispielsweise lila sind und Szenen in der Nacht haben einen Blauschleier. Eine interessante Idee, die mir so massiv in ihrem Einsatz in bislang keinem Comic untergekommen ist. Also optisch allemal ein Hingucker, denn auch die Charaktere sind gut gezeichnet und auf detaillierte Hintergründe haben die Schöpfer ebenfalls Wert gelegt.

Was die Story an sich angeht, bin ich hingegen noch unentschlossen. Alles bleibt sehr vage (wer hat den Machthaber verflucht oder verzaubert und warum?) und auch der Sinn der Mission erschließt sich nur derart, als dass es wohl die einzige Option ist, die Rook einfiel. Wie sonst lässt sich erklären, warum Isola das Ziel ist, jener sagenumwobene Ort, an dem es vielleicht Hilfe für die aktuelle Situation gibt. Warum genau dort und wer wie womit helfen kann oder soll, bleibt vorerst auch im Dunkeln. Die eingeflochtenen Traumsequenzen tragen ihr Übriges dazu, da diese vor allem am Anfang eher stören, ist man doch noch gar nicht in der Geschichte angekommen und kann sie bei Weitem nicht sofort als selbige wahrnehmen. Wenn man sieht, an welchen anderen Veröffentlichungen die beiden Autoren bereits mitgewirkt haben, hätte ich mir ein paar weitere Details gewünscht, welche mit Sicherheit bereits in ihren Köpfen manifestiert sind. Ebenso sind die vielen losen Enden von Informationen und Andeutungen schwierig bezüglich ihrer Relevanz einzuordnen. Dazu passt es dann ja im Prinzip ganz gut, dass generell sehr wenig sprachliche Interaktion stattfindet (erst Recht, da der Tiger nicht antworten kann) und es somit mehr um die Bilder als die übersichtliche Anzahl an Dialogen geht.

Wem all das eher ein Ansporn ist, kann sich bereits auf die deutsche Veröffentlichung des zweiten Bandes freuen. Bis dahin hat man neben diesen knapp 130-seitigen Auftakt (leider ohne Nummerierung) den auf ein Dutzend Seiten gebannten, angefügten, mehrteiligen Prolog zu „Isola“ und kann auch als weiteren ebenso mächtigen Bonus einen Blick hinter die Kulissen und auf die Cover-Galerie werfen.

Fazit: „Isola“ stellt sich als ein interessanter, vor allem farbenprächtiger Einstieg in eine Fantasywelt und die Abenteuer von Rook und Olwyn auf ihrer Reise dar. Man bekommt einen ersten Einblick in eine neue Welt und kann vor allem die sehr toll gezeichnete Landschaft als Leser richtig genießen. Im Gegensatz zum Hauptcharakter Rook, die eher um das nackte Überleben kämpft und auf das Gelingen ihrer sehr unwahrscheinlichen Mission fokussiert ist. Also regt auch die Story zum Weiterlesen an und wird hoffentlich noch in sich vollständiger und inhaltlich schlüssiger, was das einzige Manko des Comics ist. Mal sehen, wie viele Teile noch folgen, denn „Isola“ ist auf der im Comic-Deckel abgedruckten Karte nicht einmal verzeichnet; es kann also eine lange Reise werden …

Isola 1
Comic
Brenden Fletcher, Karl Kerschl, Msassyk
Cross Cult 2019
ISBN: 978-3-95981-358-7
158 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,00

bei amazon.de bestellen