Die Götter von Blut und Pulver 1: Sünden des Imperiums

Der Krieg in Adro und das Sterben der Götter lässt Lady Vlora Flint gern hinter sich. Als Anführerin der Riflejacks die sich nunmehr als Söldnern in der bekannten Welt verdingen, verschlug es sie nach Fatrasta. Jenem Ort, der Taniel so veränderte und wo es noch immer Menschen gibt, die den Wilden Ben Styke persönlich kannten. Beste Voraussetzungen für neue Abenteuer, die aus Sterblichen Legenden formen.

von Lars Jeske

Nach der hervorragenden Debüt-Trilogie von Brian McClellan dürstete einem schnell nach mehr aus der Welt der Neun, Adro, den Göttern sowie Privilegierten und Pulvermagiern. Zwei Sammelbände mit weiteren Geschichten folgten und dann dieses Jahr die große Überraschung, dass auch die Nachfolgetrilogie „Die Götter von Blut und Pulver“ bei Cross Cult ins Deutsche übertragen und verlegt wird. Wie bei „Die Powder-Mage-Chroniken“ fünf Jahre nach der amerikanischen Erstveröffentlichung, aber ein guter Roman wird nicht schlecht. Somit kann man davon ausgehen, dass die Verkaufszahlen in Deutschland gut genug waren, um die weiteren Bücher zu übernehmen. Das kann man nur befürworten und sich jetzt bereits auf diese anderen beiden Bände freuen. Auch dieser Roman wurde von Johannes Neubert übersetzt, wodurch die bisherige ausgezeichnete Qualität, die in Bezug auf Rechtschreibung und Grammatik an den Tag gelegt wurde, beibehalten ist.

Nichtsdestotrotz bleibt nach dem imposanten Debüt die Schwierigkeit, an den Erfolg anzuschließen. Erst recht, wenn man aufgrund der Roman-Ereignisse nicht mehr auf das gesamte Arsenal der Figuren zurückgreifen kann. Allen voran der überaus charismatische dargestellte General Tamas war das Zugpferd der Serie, selbst wenn er nicht Dreh-&-Angelpunkt der Geschichte gewesen wäre. Um nicht sehenden Auges zu scheitern, gibt es dieses Mal gleich mehrere Handlungsstränge, die gleichsam gesponnen werden und erst nach und nach ineinandergreifen und zueinander finden. Die den Lesern bereits bekannte Pulvermagierin Vlora, der neue Charakter des Blackhats Michel Bravis und der durch die Novellen ebenfalls bereits bekannte und nun abgehalfterte Wilde Ulane Ben Styke bilden das Rückgrat dieses über 650 Seiten starken Buches.

Der Begriff „Sünden des Imperiums“ macht natürlich neugierig, und irgendwann wird er auch erklärt. Schwieriger ist es hingegen mit dem Prolog, der erst nach über 450 weiteren Seiten überhaupt so etwas wie eine Relevanz bekommt. Aber der Reihe nach. Die neue Serie beginnt ein paar Jahre nach den Ereignissen des Bürgerkriegs zwischen Kez und Adro in Fatrasta. Jener Kontinent, welcher aus den Kurzgeschichten in den Novellen bereits etwas bekannt war und zu dem Taniel Zweischuss eine so große Bindung hatte, nicht zuletzt durch Ka-Poel. Gleich die erste Landkarte offenbart, dass es eine richtig große neue Welt zu entdecken gibt und der Krieg damals jenseits des Meeres im Süden Adros, so schrecklich er doch war, gerade einmal eine Randnotiz in hiesigen Zeitungen wert gewesen wäre.

Vlora sorgt sich um ihre Männer und nimmt in Fatrastas Hauptstadt Landfall einen gut dotierten Söldnerjob an, um das Beste zu geben, was sie kann. Zweifel kommen ihr jedoch, als sie gegen die einheimische Bevölkerung der Palo vorgehen soll. Diese Unterdrückten bringen die schmerzhaften Erinnerungen an Taniel zurück, der zu seinen Lebzeiten für diese einstand. Dass die Kontrolle über Fatrasta so gut gelingt, liegt vor allem an der kühl kalkulierenden Kanzlerin Lindet und ihrem Sicherheitsapparat aus Blackhats. Einer von ihnen ist der ambitionierte Michael Bravis, der wohl auch etwas schizophren ist, spricht er doch mit sich selbst. Am menschlichsten gezeichnet wird jedoch Ben Styke. Zu Beginn verrottet der einstige Held und Anführer der Wilden Ulanen noch in einem Arbeitslager, jedoch hat das Schicksal noch viel mit ihm vor. An seiner Seite befindet sich die kleine Celine, für die er so etwas wie väterliche Gefühle entwickelt hat und die uns Lesern somit weitere Seiten seiner Persönlichkeit offenbart. Der mysteriöse Rechtsanwalt Gregious Tampo, Drachenkrieger und der akribische Fidelis Jes runden das Ensemble ab und verflechten die einzelnen Handlungsstränge immer mehr miteinander.

Die Figuren sind wiederum sehr gut charakterisiert, wobei entsprechend mehr Wert auf die neu hinzugekommenen gelegt wurde. Somit gibt es keine sehr große Dopplung oder Wiederholung an Informationen. Wenngleich man keinen anderen Roman oder eine Kurzgeschichte aus dieser Welt gelesen haben muss, ist das gesammelte Hintergrundwissen jedoch hilfreich, um den Plot schneller zu verstehen und von den Wendungen sowie dem Voranschreiten der Handlung weniger überrascht zu sein. Das ist nicht als Kritik gemeint, die Auflösungen passen nämlich und sind plausibel für diese Welt und die Handlungen der Figuren nachvollziehbar.

Ein vielleicht zufälliger Kniff ist es, dass jedes Kapitel nur so 10 bis 20 Seiten umfasst, sodass man immer wieder in die Versuchung kommt, doch noch eines zu lesen. Somit ist auch dieser Roman trotz seiner stolzen weit über 600 Seiten schnell ausgelesen und es passiert die ganze Zeit über etwas. Die Handlung ist teilweise vorhersehbar, hat aber ein paar schöne Wendungen und ist an sich stimmig. Da die Götter (vorerst?) fehlen, steht diese jedoch etwas hinter den anderen Büchern zurück. Es gibt aber genügend Anknüpfungspunkte, um nach diesem nahezu abgeschlossenen Roman die Geschichte weiter voranzutreiben. So einem also dieses Buch (wider Erwarten) nicht zusagt, ist man nicht „gezwungen“ weiterzulesen, um zu erfahren, wie alles endet. Die Haupthandlungsstränge sind sinnvoll zusammengeführt und auch passend aufgelöst.

Fazit: Gern mehr! Vor allem beim Erschaffen von vielschichtigen und lebensnahen Charakteren zeigt sich erneut die große Stärke von Brian McClellan. „Sünden des Imperiums“ hat mich als Auftakt einer Trilogie überzeugt. Nicht ganz so einnehmend wie die erste Geschichte, aber immer noch weit über dem Durchschnitt, um auf alle Fälle die nächsten Bände auch zu lesen. Potenzial ist weiterhin vorhanden, und ich bin zuversichtlich, dass es nicht verschenkt wird. Die Fußstapfen, die der Charakter des General Tamas hinterlassen hat, sind eigentlich zu groß, um adäquat gefüllt zu werden. Da nunmehr ein ganzes Ensemble an Figuren gleichwertig agiert, ist ein Vergleichen aber müßig.

Die Götter von Blut und Pulver 1: Sünden des Imperiums

Fantasy-Roman
Brian McClellan
Cross Cult 2022
ISBN: 978-3-96658-578-1
666 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 18,00

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