Dungeons & Dragons 5: Player’s Handbook

Da liegt sie also nun vor, die lang erwartete neue Inkarnation des ersten Rollenspieles der Welt: „Dungeons & Dragons” geht in die fünfte Runde. Mit dem „Player’s Handbook“ wird der Reigen der Kernbücher – bestehend aus dem „Player’s Handbook“, dem „Dungeon Master Guide“ und dem „Monster Manual“ – eröffnet. Wie schlägt sich die neueste Edition?

von André Frenzer

Wenn man den dicken Wälzer, der das „Player’s Handbook“ geworden, ist das erste Mal aufschlägt, fällt einem als erstes die schiere Materialmenge ins Auge. Insgesamt 316 Seiten haben Wizards of the Coast mit den Spielerregeln gefüllt. Das Buch ist ein Hardcover mit einer angenehmen Schwere und liegt – nicht zuletzt dank des leicht angerauten Rückens – gut in der Hand. Was aber findet sich zwischen den schick designten Buchdeckeln?

Inhalt

Eröffnet wird das Buch mit einer gewohnt kurzen Einleitung, was ein Rollenspiel eigentlich ist und wie man dieses Buch überhaupt verwendet. Das bietet wenig Überraschendes und ist rasch überlesen. Die nächsten 164 Seiten widmen sich dann in aller Ausführlichkeit der Charaktererschaffung. Ein Charakter setzt sich aus sechs Attributen (Strength, Dexterity, Constitution, Intelligence, Wisdom und Charisma) und einigen dazugehörigen Fertigkeiten zusammen. Neben einer kurzen Schritt-für-Schritt-Anleitung, die besonders bereits versiertere Spieler unterstützen wird, finden sich umfangreiche Beschreibungen der zur Verfügung stehenden Rassen und Klassen. Insgesamt stehen im Grundregelwerk neun verschiedene Rassen (von Menschen, über Elfen und Zwerge, bis hin zu Exoten wie Halborks oder Tieflingen) zur Auswahl. Nachdem man sich für eine Rasse entschieden hat, kann man aus insgesamt zwölf Klassen wählen. Auch hier finden sich Klassiker wie Kämpfer, Kleriker oder Zauberer wieder, aber auch Druiden, Paladine oder Barden werden gleich mit abgedeckt.

Die so erschaffenen Charaktere lassen sich durch weitere Schritte – wie den Hintergrund, der ebenfalls weitere Zusatzregeln mit sich bringen kann – weiter verfeinern. Die übrigen Kapitel beschäftigen sich mit der obligatorischen Ausrüstung für die neuen Helden – von Waffen und Rüstungen über Reittiere bis zu allerlei Nützlichem reicht hier das Spektrum. Abgeschlossen wird das Kapitel um die Charaktererschaffung mit zusätzlichen Optionen. Sie wird das Verwenden mehrerer Klassen beschrieben, um die Charaktere noch individueller zu gestalten.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den eigentlichen Kernregeln des Spiels und kommt auf angenehm schlanken 27 Seiten daher. Das vorgestellte Regelkonstrukt ist durchdacht, aber simpel: Im Falle einer Probe gilt es, mit einem 20-seitigen Würfel einen vom Spielleiter festgelegten Wert zu überwürfeln. Modifikationen ergeben sich aus den Umständen (wie absolute Finsternis) und aus den körperlichen und geistigen Attributen des Charakters sowie seiner Klasse. So weit, so simpel.

Das dritte, 90 Seiten starke Kapitel schließlich widmet sich den zaubernden Charakteren. Neben den Regeln für das Sprechen von Zaubersprüchen und Ritualen ist vor allem ein umfangreiches Grimoire enthalten, das Zaubersprüche für alle Klassen und alle möglichen Stufen abdeckt. Das wirkt umfangreich und komplett. Abgerundet wird der Band schließlich von einigen Anhängen, die verschiedene Götterpantheons vorstellen (was natürlich wichtig für die frisch erschaffenen Kleriker oder Paladine wird), das bei „Dungeons & Dragons“ verwendete Multiversum kurz umreißen oder auch einige Kreaturenwerte liefern. Ein umfangreicher Index und natürlich ein Charakterbogen schließen das Buch ab.

Aufmachung

Das Lesen im „Player’s Handbook“ ist eine wahre Freude. Der gesamte Band ist vollfarbig und wirklich reichhaltig illustriert. Die verwendeten Bilder reichen in der Qualität von überdurchschnittlich bis außergewöhnlich. Einen derart gut aufgemachten Rollenspielband hatte ich lange nicht mehr in der Hand.

Der Text ist gut gegliedert, die verwendeten Schriftarten klar und gut lesbar. Zahlreiche farbige Tabellen, die das spätere Nachschlagen von wichtigen Regelpassagen erleichtern werden, und Textkästen mit Beispielen oder interessanten Zusatzinformationen runden das optische Bild ab. An der Aufmachung gibt es wahrlich nichts zu meckern, der Band wirkt sogar ungemein inspirierend.

Kritik

An dieser Stelle ist es vielleicht wichtig zu erwähnen, dass sich mein Kontakt mit den bisherigen „D&D“-Inkarnationen auf verschiedene Weltenbände beschränkte, die ich als Steinbruch für meine eigenen Fantasy-Kampagnen genutzt habe. Mit dem Regelwerk der Vorgängerversionen war ich also kaum vertraut. Ich habe mich aber im Zuge dieser Rezension noch mit der umstrittenen 4. Edition auseinandergesetzt, um auch auf einige Unterschiede zwischen den Regelsystemen eingehen zu können.

Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass sich die Ansätze beider Editionen stark von einander unterscheiden. Während die vierte Edition die Kämpfe – dort „Encounter“ genannt – in den Mittelpunkt eines Spieleabends stellte, und hier eine Art fairen Wettstreit zwischen den Monstern des Spielleiters und den Charakteren der Spieler ausrichtete, geht die fünfte Edition wieder andere, klassischere Wege. Zunächst einmal wurden die Boni, die höhere Attributswerte geben, deutlich geglättet. So ist es auch für niedrigstufige Charaktere möglich, ein hochgezüchtetes Monster zu besiegen. Auf der anderen Seite bleiben auch kleinere Gegner für hochstufige Helden gefährlicher, als noch zu Zeiten der vierten Edition. Die rein mathematische Seite der Kämpfe hat also deutlich abgenommen. Wizards of the Coast hatten angekündigt, mit der fünften Edition ein „Dungeons & Dragons“ für jedermann auf den Markt bringen zu wollen: Dies ist ihnen damit nur teilweise gelungen, sind doch zumindest die Fans der vierten Edition etwas ins Abseits gerückt.

Abseits der Vergleiche der Editionen bleiben einige Kritikpunkte an dem Buch übrig. So wirkt die vorgestellte Waffenliste recht eindimensional und kurz; auch sind viele Waffen mit redundanten Spielwerten angegeben, während einige Lieblinge nicht den Weg ins Buch gefunden haben. Besonders ärgerlich aber ist der Aufbau der Zauberbeschreibungen. Bei keinem Zauber wird angegeben, welche Klasse ihn eigentlich verwenden kann. Diese Information findet sich nur in einer vorangestellten Klassenzauberliste. Ständige Blätterei und Sucherei ist so vorprogrammiert. Das wäre leicht zu verhindern gewesen.

Fazit: „Dungeons & Dragons 5: Player’s Handbook“ ist nicht das „Dungeons & Dragons“ für jedermann, das Wizards of the Coast vollmündig angekündigt haben. Was aber bleibt abseits aller Editionskriege? Ein verdammt gutes Fantasy-Rollenspiel. Die Charakteroptionen sind vielfältig und detailliert und laden zur liebevollen Beschäftigung mit dem eigenen Charakter ein. Das Regelwerk ist stimmig und durchdacht. Das Buch ist opulent aufgemacht. Einsteiger in die Welt der „Dungeons & Dragons“ werden mit diesem geradezu klassisch anmutenden Regelwerk sicherlich nichts falsch machen. Fans der Vorgängeredition werden aber sicher etwas enttäuscht sein.


Dungeons & Dragons 5: Player’s Handbook
Regelwerk
Mike Mearls, Jeremy Crawford u. a.
Wizards of the Coast 2014
ISBN: 978-0786965601
316 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 49,95

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