Hoard of the Dragon Queen

Unter dem Obertitel „Tyranny of Dragons“ erscheint die erste, zweibändige Kampagne für die neue „Dungeons & Dragons“-Regelversion. Im Mittelpunkt steht nicht nur die Beschwörung der bösen Drachenkönigin Tiamat, sondern auch der Weg der Helden, die als blutige Anfänger in die Geschehnisse geworfen werden. Eben hier setzt „Hoard of the Dragon Queen“ an, der erste Teil der Kampagne. Geht das Konzept auf?

von André Frenzer

„Hoard of the Dragon Queen“ erscheint als vollfarbiger Hardcoverband mit einem Umfang von 96 Seiten. Das matte Papier ist angenehm griffig, das gesamte Werk stabil. Allerdings bleibt die Frage, warum Abenteuermaterial als Hardcoverband veröffentlicht werden muss, auch hier unbeantwortet, bleibt das rasche Blättern und Nachschlagen doch unhandlicher als bei einer Softcover-Variante.

Die Handlung

Wichtiger aber als die Verpackung ist sicherlich der Inhalt – und der hat es in sich. „Hoard of the Dragon Queen“ ist in acht Kapitel – die jeweils ein Abenteuer beinhalten – unterteilt, welche die Charaktere von der ersten Stufe bis hin zur achten Stufe führen werden. An dieser Stelle sei die obligatorische Spoiler-Warnung ausgesprochen: Wer das Abenteuer noch als Spieler erleben möchte, der überspringt am Besten die nächsten Absätze. Nach einer kurzen Einführung für den Spielleiter in die „Vergessenen Königreiche“, dem Setting in dem die Kampagne angesiedelt ist,  startet das Abenteuer auch direkt in die Action: Die Charaktere werden Zeugen, wie eine kleine Stadt von einer marodierenden Söldnerhorde nebst Drachen angegriffen wird. Natürlich zögern und zaudern echte Helden hier nicht lange und werfen sich auf Seiten der arglosen Bewohner in die Schlacht.

In den folgenden Kapiteln wird klar, dass hier eine größere Geschichte gesponnen wird, als nur der Konflikt einer marodierenden Söldnerbande. Bei der Verfolgung der Banditen stoßen die Charaktere auf einen Drachenkult, dessen Ziele erst einmal im Verborgenen bleiben. Sie folgen den Kultisten nahezu einmal komplett die Schwertküste entlang, müssen waghalsige Kämpfe überstehen, erobern Burgen und Festungen und werden am Ende sogar auf ein fliegendes Schloss treffen. Hier erfahren sie auch, welche finsteren Pläne der Kult wirklich verfolgt, und können erste richtige Erfolge im Kampf gegen das Böse erzielen.

Kritik

Es gibt eine Menge positiver Dinge über „Hoard of the Dragon Queen“ zu berichten. Zunächst erachte ich die Aufarbeitung für beginnende Spieler und vor allem Spielleiter als vorbildlich. Unaufdringliche Vorlesetexte helfen der eigenen Fantasie auf die Sprünge. Weite Teile der Abenteuer laufen verhältnismäßig linear ab, ohne auf das böse „Railroading“ zurückzugreifen. Der Schwierigkeitsgrad für die Charaktere wird im Laufe der Kampagne dezent und absolut passend angezogen. Auch sind die Aufgaben für die Charaktere abwechslungsreich und mannigfaltig: Neben den obligatorischen Dungeons sind eine Menge sozialer Interaktionen, längere Reisen, Intrigen und Überzeugungsarbeit für die Helden vorgesehen.

Dazu gibt es für die Reiseetappen eine Menge optionaler oder erwürfelbarer Ereignisse, die zwar allesamt keinen Ausbund an Innovation darstellen, aber in ihrer Kompaktheit eine wahre Fundgrube gerade für beginnende Spielleiter darstellen. Auch finden sich einige interessante NSC in dem Band wieder, die den Spielern sicherlich als denkwürdig in Erinnerung bleiben werden. Loben möchte ich auch die abwechslungsreichen und fantasievollen Locations, welche die Charaktere während ihrer Reise aufsuchen müssen, von denen das Schloss in den Wolken nur der krönende Abschluss ist.

Doch wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten. 96 Seiten reichen kaum aus, um die zahlreichen Orte ausreichend zu beschreiben, die die Charaktere besuchen werden. Wenn dann auch noch namhafte Städte wie „Waterdeep“ oder „Baldur’s Gate“, die auch außerhalb der Pen&Paper-Szene Bekanntheit genießen, nur am Rande gestreift werden und ein Besuch dem erzwungenen Zeitdruck der Charaktere zum Opfer fällt, dann wird hier eine Chance vertan, die wirklich fantastischen „Vergessenen Königreiche“ angemessen zu präsentieren. Dazu kommen einige – glücklicherweise wenige – nahezu gescriptete Szenen, auf deren Ausgang die Charaktere nur wenig Einfluss haben. Diese dienen natürlich dem dramaturgischen Bogen der Kampagne, lassen sich jedoch auch recht problemlos streichen.

Ein weiterer Wermutstropfen, der wohl auch dem zur Verfügung stehenden Seitenplatz zuzuschreiben ist, ist das nicht komplette Spielmaterial. Viele NSC- oder Monsterspielwerte sowie ausreichend großes Kartenmaterial muss – teilweise sogar zahlungspflichtig – im Internet heruntergeladen werden. Hier wären zusätzliche Seiten wirklich Gold wert gewesen, um diesen unnötigen Aufwand für den Spielleiter zu vermeiden.

Aufmachung

Optisch ist das Buch wirklich gut gelungen. Es ist vollfarbig und reich bebildert. Die Bilder sind dabei auf einem angenehm hohen Niveau und zeigen hauptsächlich anzutreffende NSC oder Szenen aus dem Abenteuer. Das Kartenmaterial ist wirklich toll gestaltet – wenn auch in den meisten Fällen zu klein, um die Karten den Spielern vorlegen zu können. Das Buch ist übersichtlich gegliedert, die verwendeten Schriftarten sind gut lesbar und Vorlesetexte oder Metainformationen in Extrakästen abgesetzt. Auf technischer Seite gibt es damit nichts zu meckern.

Fazit: „Dungeons & Dragons 5: Hoard of the Dragon Queen“ hinterlässt einen etwas zwiegespaltenen Eindruck. Für Einsteiger in die Materie „Dungeons & Dragons“ oder sogar Rollenspiel im Allgemeinen ist die Kampagne durchaus empfehlenswert, verbindet sie doch viele klassische Elemente mit einer epischen Geschichte und großartigen Schauplätzen. Erfahrenere Spieler – und insbesondere Kenner der „Vergessenen Königreiche“ – werden sich vielleicht nicht wirklich mit dem hohen Tempo, mit dem durch die Schwertküste gerast wird, anfreunden können.


Dungeons & Dragons 5: Hoard of the Dragon Queen
Kampagnenband
Wolfgang Baur, Steve Winter
Wizards of the Coast 2014
ISBN: 978-0786965649
96 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 29,95

bei amazon.de bestellen