Die Legenden von Andor – Teil III: Die letzte Hoffnung

Am Ende ihres Raubzugs hatten die riesenhaften und zaubermächtigen Krahder das Volk von Andor verschleppt und versklavt. Doch nun sind die Helden von Andor zurückgekehrt, um die Gefangenen zu befreien. Jenseits des Grauen Gebirges warten aber nicht nur die gefürchteten Wargors, Bergskrale und Trolle, sondern auch Horden von Skelettkriegern und noch schrecklichere Gegner. Also rüsten sich die vier Helden mit magischen Schilden und alten Waffen, um die Andori zu befreien.

von Michael Wilhelm

Mit dem dritten eigenständig spielbaren Teil „Die letzte Hoffnung“ beschließt Autor und Illustrator Michael Menzel die epische „Andor“-Trilogie. Für die sieben Legenden des dritten Teils sind zunächst einmal keine Vorkenntnisse nötig, da sowohl das Spielprinzip und die Regeln mit einer gut strukturierten Losspiel-Anleitung erklärt werden als auch die Geschichte in sich abgeschlossen ist. Dennoch werden sich gerade alte „Andor“-Hasen spielerisch und thematisch sofort heimisch fühlen.

Nach dem Öffnen der prall gefüllten Box ist erstmal einiges an Prickel- und Sortier-Arbeit nötig. Dankenswerterweise hat Kosmos ausreichend Ziploc-Tütchen dazugepackt, um das Material nach jeder Partie wieder ordentlich zu verstauen. Dennoch dauert es, bis wir uns vor der ersten Partie ins Abenteuer stürzen können. Wie schon erwähnt, stellt aber nicht die Anleitung, sondern eher das umfangreiche Spielmaterial die Einstiegshürde dar. Insgesamt 8 Heldenfiguren (jeweils weiblich und männlich), 35 Gegner und Kreaturenfiguren, ein 3D-Trosswagen und -Lager aus Pappe, sowie Dutzende von Nebel- und Höhlenplättchen, Ausrüstungsgegenstände, Edelsteine, Schilde und Waffen wollen sortiert und bereitgelegt werden.

Eine wahre Pracht und Augenweide ist der großformatige beidseitige Spielplan. Auf der einen, zuerst benötigten, Seite wird das Graue Gebirge gezeigt, komplett mit Ruinen und Schluchten, mit der Alten Zwergenstraße von oben rechts nach unten links verlaufend. Die zweite Seite ist der letzten der sieben Legenden in „Die letzte Hoffnung“ vorbehalten, die die Helden ins Herz des Krahder-Reichs führt, schließlich bis zur Feste Borghorn. Auch die neue Karte lässt sich an die Karte des ersten Spiels anlegen, das Graue Gebirge grenzt sozusagen direkt südlich an Andor. Die Karte des zweiten Spiels passte nämlich direkt nördlich daran. Wahrscheinlich sind in der „Taverne von Andor“, dem Fan-Forum (https://legenden-von-andor.de/forum/), inzwischen auch Legenden online, die alle drei Pläne gleichzeitig nutzen.



Von besonderer Bedeutung ist nach wie vor die Erzähler-Leiste, die den Fortschritt der aktuellen Legende markiert. Der Erzähler rückt unter anderem vor, wenn bestimmte Ereignisse ausgelöst oder Kreaturen getötet werden.

Hat man den prachtvollen Spielplan und das Material bereitgelegt, kann es mit Hilfe der Losspiel-Anleitung und der zugehörigen Legende 11 losgehen. Gestartet wird am Beginn der Alten Zwergenstraße, auf dem Plan oben rechts. Der Tross der Andori hat die Helden ausgeschickt, den Weg auszukundschaften. Der Spielaufbau wird ausführlich in der Losspiel-Anleitung beschrieben, der Spielablauf ebenso ausführlich auf den Legenden-Karten der ersten Legende 11: Bewegung und Kampf, das Erkunden von Nebel- und Höhlenplättchen, die Besonderheit des Lagers (das einen Sonnenaufgang ohne Abgabe von Nahrung erlaubt). Es braucht also niemand vorher ausführlich Regeln lesen, da alles während des Spielens Schritt für Schritt erklärt wird. Und alles weitere lässt sich problemlos im Begleitheft nachlesen, falls benötigt.

Zunächst gilt es, das Lager vor den anrückenden Kreaturen zu verteidigen. Einerseits muss dabei verhindert werden, dass zu viele Kreaturen das Lager erreichen, da je nach Spielerzahl zwei (im Spiel zu viert) bis vier (zu zweit) Kreaturen ausreichen, um das Spiel zu verlieren. Andererseits rückt auch nach jeder besiegten Figur der Erzähler vor, sodass es für die Helden schwieriger wird, die von der aktuellen Legende geforderten Ziele zu erreichen.



Überhaupt ist der Schwierigkeitsgrad wieder ziemlich hoch. Wie üblich gibt es bei kooperativen Spielen mehrere Wege zu verlieren, aber eigentlich immer nur einen, die Legende erfolgreich abzuschließen. Dabei gibt es immer eine ganze Menge zu beachten. Auch wenn, von den täglich zu Sonnenaufgang gezogenen Ereignissen abgesehen, wenig wirklich Zufälliges passiert, verliert man doch leicht den Überblick und tüftelt meist gemeinsam daran, die nächste drohende Katastrophe zu verhindern.

Die Bewegung der Kreaturen zu Tagesbeginn ist zwar prinzipiell vorhersehbar, aber gerade in Lager-Nähe kommt es gerne mal zu rasanten Kettenzügen kurz vor Schluss der Legende, die alle schönen Pläne zunichtemachen. Oder man hat nicht ausreichend Nahrung gesammelt am letzten Tag, sodass es zu schmerzhaften Willenskraft-Verlusten kommt, die am neuen Tag dann fehlen.

Netterweise haben Autor und Redaktion im ausführlichen Begleitheft auch gleich Vorschläge für Regelanpassungen für leichteres Spielen gegeben, sodass bei steigender Frustration der Schwierigkeitsgrad auch „offiziell“ angepasst werden kann. Denn manches Mal kann es schon echt frustrierend sein, wieder kurz vor Erreichen der letzten Aufgabe doch noch zu scheitern. So spielt sich auch „Die letzte Hoffnung“ manches Mal wie ein knackiges Koop-Puzzle in Brettspiel-Gestalt.



Irgendwie ist es schade, dass mit „Die letzte Hoffnung“ das „Andor“-Epos für Michael Menzel offiziell abgeschlossen ist. Das Fan-Forum ist aber nach wie vor sehr lebendig und bietet noch reichlich Material zum Weiterspielen.

Fazit: Auch „Die letzte Hoffnung“ hat neben großartigem Spielmaterial und sagenhaft stimmungsvollen Illustrationen wieder einiges zu bieten: zahlreiche Stunden spannenden kooperativen Tüftelns sowie fesselnde Geschichten, in denen man selbst Heldin oder Held sein kann. Und wenn das nicht reicht, warten noch zahlreiche Fan-Legenden im Forum darauf, heruntergeladen und durchgespielt zu werden.

Die Legenden von Andor – Teil III: Die letzte Hoffnung
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 10 Jahren
Michael Menzel
Kosmos 2016
EAN: 4002051692803
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 49,99

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