Blade Runner 2029 Band 1 – Alte Bekannte

Die Blade Runnerin Aahna „Ash“ Ashina ist wieder auf Replikantenjagd. Doch etwas hat sich geändert. Nicht nur ist sie älter geworden, auch ihr Blick auf die Gejagten hat sich gewandelt. Statt sie zu eliminieren, hilft sie den Replikanten unterzutauchen. Das beruht auf gegenseitigem Vertrauen – ob das lange gutgehen wird?

von Daniel Pabst

„Blade Runner“ ist im Comic-Format zurückgekehrt. Der erste Titel der neuen Reihe von „Blade Runner 2029“ lautet vielversprechend: „Alte Bekannte“. Nach der Erfolgsreihe „Blade Runner 2019“ hat Mike Johnson unter der Kreativberatung von Michael Green, Mellow Brown und K. Perkins die Geschichte um die Blade Runnerin Ash weitergeschrieben. Die Zeichnungen sind wieder von Andés Guinaldo und die Farben von Marco Lesko. Veröffentlicht wurde der Comic bei Panini Comics. Das Titelbild macht Laune auf actionreiche Abenteuer im futuristischen Los Angeles, in dem Neonlichter im Stile eines „Cyber Tokyo“ leuchten. Ist das lesenswert?

Eingeleitet wird der Comic mit einer Szene aus 2017 in Los Angeles. „Ash“ hat einen Replikanten gestellt und richtet ihre Flinte auf ihn. Doch ehe sie abdrücken kann, kann sich dieser aus dem Staub machen. Sein Name lautet Yotun und dieser ist kein zufälliger, sondern wird die Blade Runnerin und uns noch weiter begleiten. Doch welche Rolle er einnehmen wird, bleibt vorerst unaufgeklärt, denn es folgt ein Zeitsprung ins Jahre 2029.

2029, also 12 Jahre später, hat sich Ashs Einstellung gegenüber Replikanten geändert. Statt sie zu erschießen, feuert sie mit Betäubungspfeilen und lässt die Gejagten entkommen, vorausgesetzt, sie lassen sich nie wieder in der Stadt blicken. Dieser Sinneswandel mag auch daran liegen, dass die Blade Runnerin jetzt mit einer Replikantin liiert ist. Woher sich die beiden kennen? Das erfährt man in der vorigen Panini-Comic-Trilogie „Blade Runner 2019“, sodass die Vorgeschichte an dieser Stelle vorausgesetzt wird. In dieser Hinsicht ist die Beziehung sehr gut forterzählt worden. Über dieser Liebe kreist für die Leser und Leserinnen das Hauptmotiv: Was macht den Menschen aus? Konkret: Unterscheiden sich Replikanten und Menschen?

Für Fans von „Blade Runner“ ist dieser Comic wieder mal ein Fest. Die Zeichnungen rufen unmittelbar die Erinnerungen an die Kinofilme „Blade Runner“ (1982) und „Blade Runner 2049“ (2017) wach. Die Farben erwecken das Ganze dann zum Leben. Wir sehen neben den typischen Farben Unmengen an Regen, Dämpfen, Spinnern, traurigen Gestalten, Neonlichtern und auch Dunkelheit. Da könnte man auf den Gedanken kommen, dass „Blade Runner 2029“ nichts Neues zu erzählen hat, alte Motive schlicht kopiert und aufwärmt. Doch dem hat Mike Johnson entgegengewirkt, indem er mit „Blade Runner 2029 – Alte Bekannte“ eine Geschichte erzählt, die abtaucht und abhebt. Zum einen sehen wir eine Unterwelt von Replikanten, die geheime Feste feiert, die an die Prohibitionszeit in den USA erinnert, und Zeremonien abhält (Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ lässt grüßen). Zum anderen sehen wir ein Luftschiff, auf dem sich die Elite von Los Angeles einander die Hände reicht.

„Blade Runner 2029“ schafft es mit dem ersten Titel eine spannende actionreiche neue Handlung zu erzählen, der man sehr gerne folgt und in der wir die Titelfigur Ash noch genauer kennenlernen. Schön, dass sich eine Heldenfigur (oder ist sie eine Antiheldin?) ändern kann, ohne dass es künstlich wirkt oder man das Gefühl hat, dass das allein der Spannung dienlich ist. Dass sich die Künstler für die Fortsetzung ausführlich vorbereitet haben, wird auch im Anhang des Comics sichtbar. Dort gibt es neben den Cover-Varianten und (sehr winzigen) Abdrucken der Layouts sowie dreier Darstellungen, wie es vom Skript zur Zeichnung kam, eine Doppelseite, auf der wir die Figurenentwicklung von Ash sehen. Andrés Guinaldo hatte zuerst eine andere Vorstellung von der gealterten Ash, wie im militärischen Look. Im Kompromiss mit Michael Green kam man dann aber zu einer weicheren Darstellung ohne einem krassen Kurzhaarschnitt. Das rundet „Alte Bekannte“ perfekt ab und zeigt auf, dass auch im Kreativprozess die besten Lösungen erst im gemeinsamen Austausch gefunden werden.

Fazit: Während wir nach „Blade Runner 2049“ auf eine zweite filmische Fortsetzung des Originals weiter warten, werden wir comictechnisch bestens unterhalten. Wie schon in „Blade Runner 2019“ folgen wir der Blade Runnerin Ash, die uns die großen Fragen des „Blade Runner“-Universums serviert. Noch immer begibt sie sich nicht in den verdienten Ruhestand und „macht Jagd“ auf Replikanten. Mit der Aussage des Replikanten Yotun („Dafür wurde sie gemacht. Nicht so wie du oder ich, aber dennoch ist sie ein Konstrukt … durch Umstände und ihren Zweck.“) bleibt die Frage des essenziellen Unterschieds von Mensch und Replikant auch in „Blade Runner 2029“ weiter unbeantwortet.

Blade Runner 2029 Band 1 – Alte Bekannte
Comic
Mike Johnson, Adrés Guinaldo
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2535-0
116 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 15,00

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