Bauernopfer in Kamborn

Mit „Bauernopfer in Kamborn“ bleibt das deutsche „Cthulhu“ sich treu. Sowohl in der Wahl des Schauplatzes, als auch in der Titelgebung, wenn es um das fiktive Kamborn geht. „Königsgambit in Kamborn“ war ein gelungener Band, wie sieht es mit dem Nachfolger aus? Der Ringbote riskiert einen Blick.

von Jens Krohnen

Kamborn wurde bereits im oben erwähnten Vorgängerband eingeführt. Während es in Amerika ja das berühmte „Lovecraft Country“ gibt, dass mit Arkham, Innsmouth, Dunwich und Kingsport einige illustre Örtlichkeiten für gepflegten Grusel aufbieten kann, wurde in Deutschland nun mit „Kamborn“, einer fiktiven Stadt, die die Redaktion irgendwo zwischen Paderborn und Detmold verortet, ein eigenes „Lovecraft Country“ erschaffen. Kamborn wird auch im vorliegenden Abenteuerband nicht näher beschrieben, sodass als Fakten die ungefähre Größe, die Verkehrsanbindung und eine kleine Universität gesetzt bleiben. Außerdem ist es natürlich Fakt, dass sich heutzutage niemand mehr an Kamborn erinnert – wie es dazu kommen konnte, wird möglicherweise einer der folgenden Abenteuerbände enthüllen, die diesem Fleckchen Erde gewidmet sind. Das Vorwort verwendet Chefredakteur Heiko Gill dann auch abermals darauf, das Konzept zu erklären.

Wieder haben sich zwei Abenteuer in diesem Abenteuerband eingefunden. Das erste Abenteuer, „Der Fall Wittekind“, ist ein ganz klassischer Recherchefall. Alles beginnt mit dem Verschwinden von Ernst Wittekind, welches allerdings noch nicht die Investigatoren auf den Plan ruft. Diese kommen erst in der Handlung an, als politische und wirtschaftliche Gegner von Wittekind einer nach dem anderen tot aufgefunden werden. Was steckt dahinter? Geht es wirklich nur um einen lukrativen Auftrag der Stadtverwaltung oder steckt doch mehr dahinter? „Der Fall Wittekind“ ist gut aufbereitet und umfangreich beschrieben. Es gibt plausible Nebencharaktere und einige logische Recherchen, die einen Stillstand der Ermittlungen unwahrscheinlich werden lassen. Einzig um die Ursprungsmotivation der Investigatoren, überhaupt in dieser Sache zu ermitteln, macht sich das Abenteuer wenig Gedanken. Diese bei „Cthulhu“ oft diskutierte Schwierigkeit einfach zu ignorieren, ist allerdings auch ein erfrischender Ansatz.

Das zweite Abenteuer trägt den malerischen Titel „Der Weinberg“ und spielt etwas außerhalb von Kamborn. Hier sind die Investigatoren auf die Einweihungsfeier eines neuen Weingutes eingeladen. Was ein exklusiver Abend werden sollte, endet allerdings in einer unheimlichen Belagerung, denn leider haben die Bauarbeiten etwas aufgeschreckt, was besser unberührt geblieben wäre … Zunächst: Das Abenteuer ist eine gelungene Abwechslung zu dem anderen im Band enthaltenen Abenteuer, stellt es doch völlig andere Herausforderungen an die Spieler und ihre Investigatoren. Leider konnte es mich sonst nicht wirklich überzeugen. Zum einen hat man mit den Abenteuern „Girnwood Manor“ und „Willkommen in der Hölle“ in letzter Zeit zwei Abenteuer mit sehr ähnlichen Ideen präsentiert, zum anderen ist die Aufbereitung wirklich ungelenk. So gibt es zahllose Nichtspielercharaktere, die von der Spielleitung glaubhaft und unterscheidbar dargestellt werden sollten. Natürlich lebt die nächtliche Belagerung davon, diese sehr unterschiedlichen Charaktere anzuspielen und zu erleben, doch ist diese Herkulesaufgabe – gerade in der Hektik der Actionszenen – kaum differenziert zu erledigen.

Das „Konzept Kamborn“ entwickelt sich durch die Abenteuer in diesem Band im Übrigen nicht erkennbar weiter. Da auch die meisten verwendeten Schauplätze reichlich generisch sind, ist nicht einmal die Stadtbeschreibung verdichtet. So hätte man beide Abenteuer auch beliebig anderswo verorten können. Wer hier auf eine Entwicklung einer Art „Metaplot“ gehofft hat, muss sich weiterhin in Geduld üben.

Bebildert wurde „Bauernopfer in Kamborn“ mit passenden Fotografien. Insbesondere die zahlreichen Porträtfotos wissen mir zu gefallen, passen die dargestellten Personen doch hervorragend zu ihren Beschreibungen. Ebenfalls lobend erwähnen muss ich abermals die Handouts und Karten, die professionell und hübsch anzusehen aufbereitet worden. Technisch gibt es damit nichts zu meckern.

Fazit: Ein gutes Rechercheabenteuer, ein mittelmäßiges Survival-Abenteuer und keinerlei erkennbare Fortschritte in der Fortentwicklung des Schauplatzes Kamborn. Das Preis-Leistungs-Verhältnis bleibt völlig akzeptabel, doch es gibt bessere Bände im Rahmen der Softcoverreihe.

Bauernopfer in Kamborn
Abenteuerband
Marcel Durer, Elias Sackmann
Pegasus Press 2020
ISBN: 978-3957893208
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,95

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