The Walking Dead 9: Im finsteren Tal

Das nächste Kapitel in der Kirkmanschen Dystopie „The Waking Dead“ wird aufgeschlagen. Ohne einen sicheren Unterschlupf ist jeder auf sich allein gestellt und die Welt nach dem Chaos wieder ein bisschen schlechter geworden. Aber es gibt auch immer Hoffnung, so man sich nicht zu sehr an Illusionen klammert.

von Lars Jeske

Am Ende des letzten Bandes war das Gefängnis gefallen und die wenigen Überlebenden, die die Leser bisher begleitet haben, entweder ermordet oder in alle Winde verstreut. Somit ist nach diesem Adrenalinschub durch die Tabula Rasa erst einmal wieder Ruhe angesagt. Die Ruhe nach dem Sturm. Bei einigen Mitgliedern von Ricks Gruppe ist das Verbleiben sogar unbekannt und der Leser hat noch einen schwach glimmenden Scheit Resthoffnung, dass nicht alle umgekommen sind.

Michonne begegnen wir als erstes wieder, die wie immer mit wenig Worten und kargen Gesten agiert. Sie nimmt auf ihre Art von Tyreese Abschied. Interessanter wird es dann durch die lange Passage mit Rick und seinem Sohn Carl. Endlich wird auch einmal ausführlich die Situation eines Kindes dargestellt. Bislang waren die Kinder allesamt fast nur Anhängsel und Ausflüchte für Entscheidungen der Erwachsenen ohne selber ein Mitspracherecht zu besitzen. Neben den Worten ist es hierbei wiederum bemerkenswert, dass es auch in einem Schwarz-Weiß-Comic möglich ist, viele Emotionen durch das Mienenspiel zu transportieren. Diese Sicht eines Kindes und speziell die vom Sohn des Anführers, der dadurch alles noch intensiver erfährt, ist ein enorm wichtiger Teil der neuen Welt und dieser Gesamtgeschichte, um auch eine menschliche Entwicklung ablesen zu können.

Als Leser der Zielgruppe (ab 16 Jahren), die eindeutig nicht zu hoch angesetzt werden sollte, hat man nämlich womöglich keine Relation zu (eigenen) kleinen Kindern und muss einmal darauf gestoßen werden, dass diese an einem ganz anderen Punkt ihrer Entwicklung stehen und die Eindrücke und Umstände, sowie das Verhalten der Erwachsenen ganz anders reflektieren und adaptieren. Dadurch gelingt es den Machern erneut, auch in solchen eher ruhigen Szenen den Leser zu emotionalisieren und eine weitere Facette dieser grauenhaft entmenschlichten Welt aufzuzeigen. Auch sich als Leser noch einmal zu vergegenwärtigen, dass beispielsweise die kleine Sophia sowohl Vater als auch Mutter verloren hat und nun damit klarkommen muss, drückt die Stimmung, erhöht jedoch die Intensität der Geschichte.

Die Titelvergabe des aktuellen Sammelbandes ist einmal mehr gelungen. Auch wenn man nicht bibelfest ist, schiebt sich durch die Formulierung Psalm 23 ins Gedächtnis „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“. Und in der Tat, ist es trotz der düsteren Ausgangssituation möglich, dass die Charaktere Hoffnung zulassen. Jeder motiviert sich auf seine Art und Weise und muss sich dadurch den eigenen Dämonen stellen, um wieder stark zu werden und weiter durchzuhalten. Zusammen, als Menschen. – Für die Kenner der TV-Umsetzung noch ein Hinweis: Es begab sich aber zu jener Zeit, dass Abraham, Rosita und ein gewisser Eugene die Szenerie betreten. In ihrem Gepäck: Hoffnung.

Fazit: Mit „Im finsteren Tal“ setzen die Macher die Reihe geschickt fort und auch einen neuen Fokus. Der Leser wird eindringlich der emotionalen Situation eines Kindes in dieser neuen Umgebung gewahr und bekommt auch das Zerbrechen von Menschen mit. Durch die am Ende jedoch wieder aufkeimende Hoffnung und der überraschend positiven Entwicklung, werden die nachfolgenden Bände, zu welchem dieser erst der Auftakt war, mindestens ebenso spannend wie die Geschichte bisher. Also ist es wie erwartet: Dabeibleiben lohnt sich.


The Walking Dead 9: Im finsteren Tal
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Cliff Rathburn
Cross Cult 2017
ISBN: 978-3-95981-409-6
132 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

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