The Walking Dead 8: Auge um Auge

„Auge um Auge“ erscheint selten passender, wenn der Feind vor den eigenen Mauern steht und jeden am liebsten persönlich qualvoll umbringen würde. Somit kommt es zu einer finalen Schlacht zwischen Woodbury und der Gruppe um Rick Grimes, die zwar nicht das Schicksal der Welt entscheidet, aber dennoch ein Ende herbeiführt.

von Lars Jeske

Knapp sechs Monate liegen zwischen der Veröffentlichung von „Vor dem Sturm“ und der Fortsetzung „Auge um Auge“. In dieser Zeit hat der Leser der Comic-Reihe im schlimmsten Fall ungeduldig gewartet, wie sich die finale Konfrontation klären wird. Zum Rekapitulieren: Nach dem ersten Zeitabschnitt nach der Zombie-Apokalypse haben sich mehrere Gruppen von Menschen gefunden, die versuchen, in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen miteinander die neue Zeit so gut es geht zu überstehen. Die Gruppe, die der Leser begleitet, wird mittlerweile von Rick Grimes angeführt, einem (ehemaligen) Sherriff. Nach einigen Reisen, Verlusten, Querelen und Streitereien hat man in einem Gefängnis Quartier bezogen und es sich doch prinzipiell sehr gut einrichten können. Die nahegelegene Stadt Woodbury mit ihrem Herrscher, dem Gouverneur Phillip, wird erst spät entdeckt und leider hat man keinen guten Start. Gefangennahme, Quälereien, gegenseitige Verstümmelungen und Dergleichen machen eine Koexistenz recht schwer beziehungsweise unmöglich. Dass dies zumindest einseitig so gilt, zeigte die letzte Szene von „Vor dem Sturm“. Der Gouverneur war wirklich fuchsteufelswild (sehr gut illustriert), denn er rückte sogar mit einem Panzer beim Gefängnis an und gab als einzigen Befehl „Tötet sie alle!“ aus.

Im abschließenden Sammelband des zweiten Blocks werden die bislang aus dramaturgischen Gründen ausgesparten Vorbereitungen und Überlegungen des Gouverneurs gezeigt. Dem Manipulator gelingt es gekonnt Stimmung zu machen, sodass jeder aus der Stadt gern sein Blut geben würde, um sich an den bösen Menschen im Gefängnis zu rächen. Der Nachteil von einseitiger Berichterstattung wird hier mehr als deutlich, vor allem da der Leser eben das Privileg hat, auch beim wahren Hergang der Ereignisse „Zeuge“ gewesen zu sein, um abwägen zu können. Ein Luxus, den die Bewohner eben nicht hatten. Somit lassen sie sich zum Blutrausch aufstacheln.

Der persönliche Rachefeldzug steht somit im Vordergrund und der Titel ist auch herrlich auf mehreren Ebenen passend. Als es dann fast 100 Seiten zum Kampf kommt, gibt es jede Menge Action und Grausamkeiten an der Grenze zwischen echter Brutalität und comichaft überzeichneter Unglaubwürdigkeit. Da hierbei wieder beide Seiten für den Leser gezeigt werden, wirkt Phillip noch immer eher geistesgestört, denn wie ein genialer Anführer. Da wird einem vor Augen geführt, dass es die Menschen um Rick auch durchaus schlechter hätte treffen können, wie man an den Bewohnern von Woodbury sieht. Klar, auch Rick musste erst in diese Rolle als Anführer reinwachsen und muss es noch immer, denn er ist ein Mensch und Fehler passieren immer wieder.

Die Handlung ist wie immer spannend entwickelt und die Sequenzen sind stimmig. Hier kommt es vor allem auf die Augenpartien der Figuren an, die so viel Emotionen transportieren müssen, was echt klasse umgesetzt wurde. Der Gouverneur wird endlich auch ansatzweise mit Leben gefüllt und seine Motive werden etwas klarer. Man kann natürlich noch immer nicht mit ihm sympathisieren, jedoch sind einige seiner Beweggründe und Ansichten jetzt verständlich und er wird als Charakter greifbarer. Etwas, was bislang fehlte und somit der Geschichte gut tut, da es die Glaubwürdigkeit stärkt.

Fazit: „Auge um Auge“ ist ein überaus brutaler, jedoch sehr gut gelungener Abschluss der aktuellen Handlungen. Seit langem auch einmal kein Cliffhanger, vielleicht steht darum am Ende extra „Fortsetzung folgt…“. Man könnte hiernach aufhören weiterzulesen, aber wer will das schon. So gut, wie die Geschichte bisher war und mit den passenden Zeichnungen umgesetzt wurde, gibt es keinen Grund „The Wakling Dead“ an dieser Stelle zu verlassen.


The Walking Dead 8: Auge um Auge
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Cliff Rathburn
Cross Cult 2017
ISBN: 978-3-86425-810-7
138 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

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