von Lars Jeske

Durch die Ankunft von gleich drei neuen Charakteren am Ende des letzten Bandes, kommt viel Bewegung in die zuletzt geschrumpfte Gruppe. Vor allem der ans Anführen gewohnte Abraham gerät schnell und immer häufiger mit Rick, dem anderen Alphatier, aneinander, wodurch es weitere Spannungen innerhalb der Gruppe gibt. Dennoch gelingt es ihnen vorerst, zusammenzuarbeiten und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Der sichere Ort, den sie sich auserkoren haben und zu dem Eugene gelangen muss, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, ist Washington, DC. Die Hauptstadt, wie sollte es anders sein.

Auf dem Weg dorthin kommt Rick auf die Idee, in seinem alten Polizeirevier vorbeizuschauen und dieses zu plündern. Vor allem ist diese Idee dem Umstand geschuldet, dass die Gerüchte stimmen und es wirklich eine große Herde von Zombies gibt, die sich auf sie zu wälzt. Somit ist das halbwegs friedliche Leben erneut vorbei und sie werden wiederum zu Gejagten. Dieses Mal jedoch noch mehr unter Zeitdruck als sonst. Für den kurzen Ausflug, um das Waffenarsenal aufzustocken, nimmt Rick seinen Sohn Carl und den aufbrausenden beziehungsweise emotional labilen Abraham mit; nicht zuletzt, um ihn nicht aus den Augen zu lassen. Der Trip verläuft dann jedoch anders als geplant. Vor allem ein Angriff schweißt die beiden Dickschädel zusammen und gibt überraschend Einblicke in deren Gefühlswelt. Ein Verrückter namens Morgan läuft ihnen auch noch über den Weg, dessen Kind es ebenfalls in sich hat. Es passiert also viel im aktuellen Band auf den wie üblich knapp 140 Seiten, welche in gewohnter zeichnerischer Qualität daherkommen.

Der Titel „Dämonen“ des aktuell 10. Bandes ist ebenso wie das Cover eher reißerisch und hat nicht viel mit dem tatsächlichen Inhalt zu tun. Das Original (What we become) ist da etwas dichter dran. Rick, der in wilder Raserei um sich ballert, wie das Cover suggeriert, eher nicht. Selbstverständlich hat jeder der Akteure mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen, die sich aufgrund der emotionalen Stabilität und Bereitschaft, das Erlebte zu verarbeiten oder trotzdem weiterzumachen, anders manifestieren. Das Geistertelefon von Rick ist da nur einer der Wege, die ein Mensch wählen kann, um mit der veränderten Realität klarzukommen. Dennoch sind die Macher nicht so subtil, sondern gehen die Themen immer direkt an.

Darum fällt es heuer auf, dass es für bisherige Verhältnisse dieses Mal recht wenig Gewalt gibt. Diese dann jedoch auf einem anderen Level. Durch die neuen Mitglieder der Gruppe gibt es überraschend viele Momente, in denen die Emotionen zum Vorschein kommen. Dadurch gibt es viele Erklärungen und beschriebene Rückblicke, die dem Leser erklären, warum der eine oder andere so geworden ist und welche Bürde man Tag für Tag mit sich herumträgt. Vor allen das sehr offene Gespräch zwischen Abraham und Rick ist hierbei anzuführen. Dieses zeigt zum einen die Zerbrechlichkeit eines Menschen, andererseits auch die Hoffnung und den Willen, die finstere Zeit zu überstehen. Denn wie klein auch die Hoffnung sein mag, solange es sie gibt, lohnt es sich daran festzuhalten und für die Menschen zu kämpfen, die einem am Herzen liegen. – Für einen Comic wirklich tiefgründige Interpretationsmöglichkeiten.

Fazit: In „Dämonen“ werden die neuen Charaktere gut ins Geschehen eingebunden und es gibt einmal mehr ein Ziel für die Reisenden. Trotz der allgegenwärtigen Gewalt ist dieser Band sehr emotional und legt einmal mehr einen anderen Fokus auf den Lauf der Geschichte. Da inhaltlich viel passiert und es auch einige Überraschungen gibt, kann man es kaum erwarten, auch gleich die nächste Ausgabe zu lesen. Aktuell ist kein Ende der Geschichte in Sicht; warum auch, da sie schön spannend und fesselnd ist. Nächster Stop: Washington.

The Walking Dead 10: Dämonen
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Cliff Rathburn
Cross Cult 2017
ISBN: 978-3-95981-613-7
132 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

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