The Walking Dead 6: Dieses sorgenvolle Leben

Rick, Michonne und Glenn sind noch immer in Woodbury auf Gedeih und Verderb dem Gouverneur ausgeliefert. Dann ergibt sich unerwartet und bar jeder Hoffnung eine Gelegenheit zur Flucht. Wird diese gelingen?

von Lars Jeske

Ohne Vorgeplänkel geht es im neuesten Sammelband der roten Serie nahtlos dort weiter, wo der Leser die Geschichte von „Die beste Verteidigung“ verlassen hat. „Dieses sorgenvolle Leben“ ist als Titel noch eine Untertreibung, denn der Leser ist als Zeuge mitten in der Hölle namens Woodbury zurück. Somit sind Michonne, Rick und der Gouverneur als deren Gegenspieler die Handlungsträger dieser bislang actionreichsten 130 Seiten der Serie. Um seinem Volk etwas Neues zu bieten, unterbricht der Gouverneur sogar das persönlich ausgedachte Martyrium von Michonne. Da er davon ausgeht, sie gebrochen zu haben, schickt er sie zu seinen Konditionen als neue Attraktion in die Arena, um wie im alten Rom die Unterhaltung zu bieten. Allerdings hat sie noch immer ihre eigene Vorstellung von Spaß.

Unterdessen freundet sich Rick durch seine häufigen Besuche in der Krankenstation mit der Krankenschwester Alice und auch Doktor Stevens an. Beide haben interessante Informationen für ihn, die auch dem Leser helfen, mehr über den Ort zu erfahren und den Gouverneur anders einzuschätzen. Eine Art Fluchtplan entsteht. Kurz vor der Umsetzung offenbart Martinez, derjenige aus Woodbury, der die drei damals aufgegriffen hatte, dass ihm alles leidtut und er bei ihrer Flucht helfen würde, so er mitkommen darf. Natürlich geht diese nicht ohne Probleme über die Bühne – und eine Person will Woodbury auch noch gar nicht verlassen …

Das wunderbare Cover dieses Heftes suggeriert eine überraschende, aber vom Leser des letzten Heftes erhoffte Änderung der Verhältnisse. Wie abgestumpft beziehungsweise grausam Menschen zu einander sein können, wird erneut thematisiert und auf eine neue Spitze getrieben. Glücklicherweise wird nicht alles en Detail gezeigt, aber allein der Inhalt der Sprechblasen lässt auch hierbei den hoffentlich erwachsenen Lesern das Blut in den Adern gefrieren. Das ist eine andere Art von Horror, wenn draußen zusätzlich die Gefahr durch die Zombies lauert.

Das Storywriting ist noch einmal besser geworden und durch die lineare Handlung kann man sowohl sehr gut folgen, als auch die Dramatik intensiver spüren. Während gegen Ende dieser Ausgabe offene Handlungsstränge abgeschlossen werden und es wieder ein paar kluge Kommentare zum Niedergang der Menschlichkeit gibt, wird die übergeordnete Geschichte, die Konfrontation mit Woodbury, angedeutet und vorbereitet. Spannung für das nächste Heft ist somit allemal geschaffen.

Durch die anfängliche Konzentration der Handlung für Woodbury lernt man vor allem Rick und Michonne noch besser kennen und erlebt deren Charakterentwicklung hautnah. Bestimmte Reaktionen von Rick sind für den Leser mittlerweile ganz gut vorhersehbar, sodass man sich umso mehr mit ihm identifizieren kann. Alice die Krankenschwester wird einem dabei ganz nebenbei als weiterer Charakter nahegebracht. Aber inwieweit jemand in der jetzigen Zeitrechnung überlebt, hängt nicht nur vom persönlichen Sympathiewert ab. Auf alle Fälle gelingt es den Autoren dadurch frisches Blut mit in die Handlung einzubringen und den nur grob skizzierten Gouverneur als ersten Hauptgegner langsam vergessen zu lassen.

Fazit: „Dieses sorgenvolle Leben“ führt die aktuelle Geschichte um die Gefangenen Rick, Michonne und Glenn in Woodbury zu einem Abschluss. Es gibt wieder jede Menge Blut, eine dramatische Flucht mit einem unerwarteten Ende und neue, interessante Charaktere zu entdecken. – Und selbstverständlich auch den Ausblick darauf, dass der Streit mit Woodbury jetzt erst so richtig eskalieren wird. Das nächste Band wird sicherlich mehr darüber berichten; der Fluch von Fortsetzungsserien.


The Walking Dead 6: Dieses sorgenvolle Leben
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Cliff Rathburn
Cross Cult 2016
ISBN: 978-3-86425-808-4
132 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

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