von Lars Jeske
Cover und Titel zu „An die Waffen“ passen hervorragend zusammen und auch zum Inhalt des nunmehr 26. Sammelbandes von „The Walking Dead“, geht es doch darum, sich auf die bevorstehende Auseinandersetzung der Gemeinschaften mit den Flüsterern vorzubereiten. Da es nicht nur um prinzipielle Lebensanschauungen, sondern auch um existenzielle Fragen geht, heißt es für die „Guten“, erneut über ihren eigenen Schatten zu springen. Da die Konfrontation militärisch entschieden wird und es darum geht, die andere Seite zu zerstören, ist Ethik zwar sehr schön, aber wie heißt es so schön: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
Bis auf ein paar Schießübungen am Anfang, kommen in diesem Band gar keine Zombies vor. Durch die detaillierte Vorbereitung auf Kampfhandlungen von Menschen gegen Menschen bleibt dafür keine Zeit, denn es steht etwas anderes im Mittelpunkt. Wie immer ist es der Mensch, der dem Menschen das größte Gräuel antun kann. Apropos: Wenngleich sich Rick einmal mehr als Anführer profiliert hat, weiß er bei Weitem nicht alle Bewohner hinter sich. Mit Recht hat er sich in jüngster Zeit nicht nur Freunde gemacht und einer dieser Bewohner befreit Negan, damit dieser ihn bei seinen Racheplänen unterstützen soll. Diese Chance lässt sich dieser nicht nehmen und kann somit seine ganz eigenen Pläne weiterverfolgen.
Eugene hat es unterdessen geschafft, das Funkgerät zu reparieren. Häufiger versucht er, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen, falls es noch jemanden gibt. Nach zahllosen erfolglosen Tagen antwortet ihm zu seiner großen Überraschung doch irgendwann tatsächlich eine Stimme. Nach und nach versuchen sie gegenseitig Vertrauen aufzubauen, jedoch erzählt Eugene viel zu viel von seiner aktuellen Situation und seinen Gefährten. Dadurch macht er sich angreifbar and bringt alle in Gefahr.
Dass die Nerven auf allen Seiten blank liegen, wird dem Leser in vielen Einzelszenen verdeutlicht. Wenngleich nur als verzögernder Moment bis zur finalen Konfrontation im nächsten Heft, bekommt man doch einen guten Eindruck der aktuellen Situation auf beiden Seiten und die Spannung wird somit greifbar. Auch der Wechsel zwischen den Szenen trägt dazu bei, die Leser zu fesseln und auf das Kommende vorzubereiten. Als sich dann Negan nicht besonders überraschend den Flüsterern anschließen will, scheint das Gleichgewicht noch mehr zu Ungunsten der „Guten“ verschoben. Inhaltlich sind dann vor allem die Szenen zwischen Alpha und Negan das Highlight dieses Bandes, vor allem die Art und Weise, wie dieser mit ihr umgeht, nötigt einem Respekt ab und zeigt noch einmal deutlich, warum er es schaffte, jahrelang der Anführer der Erlöser zu sein. Allein dafür war es ein guter Schachzug der Autoren, diesen Bösewicht nicht damals beseitigt zu haben, sondern als bekannten Charakter für alle sichtbar in der Hinterhand zu behalten. Die Dialoge sind hier sehr gut gelungen und das Auftreten das Charakters Negan immer wieder ein Highlight.
Die große Konfrontation wird mit diesem Band vorbereitet und vermutlich im nächsten Band ausgekostet. Die Figuren werden strategisch auf dem Feld platziert und man wartet gespannt, von welchen im Laufe der Jahre lieb gewonnenen Charakteren man sich jetzt als nächstes verabschieden muss. Denn das ist nach all den Überraschungen in der neuen Welt die einzige Konstante: Nichts ist sicher, alles Glück vergänglich. Aber um das Wenige zu verteidigen, heißt es: Zu den Waffen.
Fazit: „An die Waffen“ ist das Vorspiel zum nächsten großen Gefecht in der Comic-Reihe „The Walking Dead“. Dennoch passiert viel und auch Wegweisendes, wodurch es sehr intensiv geschrieben ist und keine Seite mit Blabla vergeudet. Man kennt nun als Leser die Ausgangssituation und ist schon gespannt, was einem die Autoren als Lösung des Konfliktes in den nächsten Bänden anbieten.
The Walking Dead 26: An die Waffen
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Stefano Gaudiano, Cliff Rathburn
Cross Cult 2022
ISBN: 978-3-96658-579-8
135 S., Softcover, deutsch
Preis: 8,99 EUR
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