The Walking Dead 24: Leben und Tod

Carls Verschwinden hat für Rick oberste Priorität, und er setzt alles daran, herauszufinden, was in diesem Teenager vor sich geht, denn er will ihn gesund zurück. Die weitreichenden Konsequenzen dessen werden ihm erst später bewusst und haben einen sehr mittelbaren Einfluss auf die mehrheitlich friedliebende Bevölkerung.

von Lars Jeske

Bereits das Cover von „Leben und Tod“ mit einem ob seiner geöffneten Zellentür selbstzufrieden grinsenden Negan lädt ein, sofort wieder in die Welt von „The Walking Dead“ einzutauchen und auch dieses Handlungsstrangs wieder gewahr zu werden. Nicht, dass nicht sowieso erst im letzten Band viele neue Themen und Probleme angerissen worden wären. Diese werden auch initial thematisiert, wir treffen auf Ezekiel, Rick und auch Michone bei weiteren Vorbereitungen für den Jahrmarkt und dem Bewältigen persönlicher Spannungen.

Carl ist allein auf dem Weg, seine Teenagerliebe Lydia zu retten, unterdessen muss Maggie herausfinden, wer alles hinter dem Mordanschlag auf sie steckt und ihre Position als Anführerin der Anhöhe durch eine gerechte Strafe auch in dieser Situation festigen. Dwight hat seine eigenen Probleme im ehemaligen Sanctuary, und dann endlich kommt es nach 50 Seiten zum sehr gut inszenierten Schlagabtausch zwischen Negan und Rick. Final wird dieser erste Teil des Sammelbandes mit einer wertvollen Zusammenfassung über den Sinn einer besseren, zivilisierteren Welt und die Hoffnung darauf abgerundet. Diese Axiome festigen auch die Überzeugung beim Leser, dass dieser Weg trotz aller Komplikationen und Implikationen ein gangbarer ist.

Der zweite Teil dreht sich dann komplett um den Leichtsinn von Carl und die Suche nach ihm. Dabei kommt es selbstverständlich zu einer erneuten Begegnung mit den Flüsterern, und Rick erfährt erstmalig bei einem persönlichen Kontakt mit der Anführerin aus erster Hand deren Lebensphilosophie und die alternative Weltanschauung, wie man nunmehr mit der Zombieapokalypse und nach der alten, vergangenen Welt leben sollte. Dieses Statement untermauert Alpha überaus eindrucksvoll und lässt auch den Leser am Ende sprachlos und mit offenem Mund zurück.

Immer mehr drängt jetzt Carl in den Fokus der Erzählung. Seine Geschichte nimmt mehr Raum als bisher im Comic ein. Dadurch hat man einen Perspektivwechsel hin zur jüngeren Generation und wie sie die aktuellen Ereignisse aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz und ihrer Sichtweise heraus bewerten. Weiterhin ist zwar jeder Mensch mit individuellen Motivationen und Charakterzügen ausgestattet, aber verschiedene Sichtweisen der gleichen Seite zu bekommen, ist doch noch etwas anderes als die pure Schwarz-Weiß-Färbung durch die eindeutigen Antagonisten und Protagonisten, die es häufiger gibt. Vor allem Rick fällt es hier noch schwerer, das Richtige zu tun, da er zwischen seinen eigenen hohen moralischen Ansprüchen, seinem Egoismus, dem Wohle der Gemeinschaft und der Liebe zu seinem Sohn Carl jede Entscheidung abwägen muss.

Stilistisch sind die Flüsterer im Comic sehr gut umgesetzt. Sie sind durch ihre Masken optisch emotionslos, wodurch es schwieriger wird, deren Charakter und deren wahre Motivation zu erkennen. Hinzu kommt, dass sie qua Definition extra wenig beziehungsweise gar nicht reden, was es für einen Comic eine eher schwierige Kombination ist.

Inhaltlich wird erneut eine unmögliche Situation geschaffen, die sich nur Menschen untereinander antun können, für den Leser jedoch die Spannung und Unterhaltung bereithält, weswegen man diesen Comic zur Hand nimmt. Gepaart mit der anderen Philosophie, die es einer anderen Gruppe ermöglichte, jahrelang zu leben, hinterfragt man sogar die eigenen Grundgedanken der persönlichen Lebenswelt fernab dieser ausgedachten Fiktion.

Fazit: Die Comic-Welt von „The Walking Dead“ lockt weiterhin mit ihren diversen Reizen auf allen Ebenen. Es gibt so viele Geschichten, die erzählt werden können. Vor allem wenn es bei den vielen Einzelhandlungen zu Überschneidungen und Konsequenzen für alle Charaktere kommt, wird es drbeiamatisch spannend und sehr real. Auch dieser Band ist wieder rundum gelungen und stellt den neuen Gegner in einem Licht da, wie man es bisher nie gewohnt war.

The Walking Dead 24: Leben und Tod
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Stefano Gaudiano, Cliff Rathburn
Cross Cult 2021
ISBN: 978-3-96658-479-1
134 S., Softcover, deutsch
Preis: 8,99 EUR
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