The Walking Dead 28: Der sichere Tod

Solange es noch Hoffnung gibt, ist es nicht das Ende. Das Ende bedeutet den Tod. Aber wie soll man sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit gegen einen Ozean aus Zombies stellen? Hat der tägliche Kampf ums Überleben noch Sinn oder sollte man aufgeben? Vor dieser Entscheidung steht Alexandria, als sich die Bewohner bereits in Sicherheit glaubten.

von Lars Jeske

Bereits das Cover von „Der sichere Tod“ lässt Böses erahnen. Negan schafft es erneut, Anhänger um sich zu scharen, die ihn als den wahren Erlöser ansehen. Inwieweit seine Jahre in Haft jetzt zu einem Gesinnungswechsel führen und einem anderen Führungsstil, erkennt man natürlich nicht. Sein maliziöses Grinsen hingegen ist eindeutig. Im Laufe der Geschichte dieses Sammelbandes kommt Negan, wie generell seit seiner Freilassung aus der Haft, wiederum ins Reden. In gewähnter Tradition ist dabei seine Wortwahl nicht jugendfrei und sehr vulgär durchsetzt. Aber da die Reihe weiterhin ein empfohlenes Lesealter von mindestens 16 Jahren hat, geht das schon in Ordnung – angespannte Zeiten verlangen bei ihm wohl diese Art von Primärvokabular.

Dieser zusätzliche Anreiz, diesen Sammelband zu lesen, wäre jedoch gar nicht nötig gewesen. Durch das offene Ende vom letzten ist man sowieso noch gespannt, wie sich die Situation weiterentwickelt. Denn bevor es so weit ist und Zeit zum Reden bleibt, muss erst einmal ordentlich angepackt werden. Beta hat es mit seinen Schergen geschafft, die gesamte riesige Herde der Streuner nach Alexandria zu lenken, die sich nunmehr in einem unendlich scheinenden Storm von Leibern auf die Stadt zu schieben und alles Leben mitreißen und unter sich begraben. Trotz verschiedentlicher Ablenkungsmanöver wird die Stadt schnell überrannt.

Den Autoren gelingt es weiterhin, die Spannung hochzuhalten und die ganze Szenerie nicht nur als gewaltiges Gemetzel aufzuziehen. Glücklicherweise gibt es erneut viele kleine Bilder wie bereits im Vorgängerband, um dadurch das gleichzeitige Geschehen so gut es geht abzubilden. Dennoch bleibt Zeit für die kleinen Szenen zwischendurch, die neben der kampflastigen Action auch die Eindringlichkeit erhöhen. Vor allem Negan und Rick kommen sich notgedrungen wieder näher, da sie eng zusammenarbeiten müssen, um zu überleben. Auch kleine Erfolge können die Protagonisten gegen die gesichtslose Masse einfahren. Doch wo Licht ist, gibt es bekanntlich auch Schatten. Das Funkgerät von Eugene verstummt wieder, und die eintreffende Gruppe aus dem Sanctuary hat ihre ganz eigene Idee für die Zeit nach der Schlacht.

Ein weitreichender Einschnitt ist ein sehr emotionaler Abschied von einem der Hauptcharaktere. Oftmals kann man den Tiefgang der Comic-Serie verdrängen, da es „bloß Comics“ sind. Aber hier ist es nicht möglich. Vielleicht wird etwas viel Pathos und Altklugheit in die Abschiedsszene hineingepresst, doch das sei mehr als verziehen, um den Kontrast dadurch deutlicher herauszustellen.

Als dann Negan in die Situation gerät, die das Cover zeigt, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Band einer der bisher besten der Reihe ist. Auf allen Ebenen weiß dieser zu überzeugen und hat sogar ein offenes Ende, welches genügend Interpretationsspielraum lässt.

Das Novum sind dann jedoch nicht die 30 Seiten extra, sodass man über 160 Seiten genießen kann, obwohl es wie immer sechs Einzelhefte als Sammelband sind. Das einzigartige ist eine direkte Adressierung der Leser durch den Autor in einem Begleittext als Nachwort. In diesem erfolgt eine Begründung, warum die Story so verlaufen musste. Da es künstlerische Freiheit ist, wäre es meiner Meinung nach nicht nötig gewesen, da ein Autor mit seinen Figuren machen darf, was er möchte. Aber sich emotional verpflichtet zu fühlen, die Leser hier persönlich anzuholen, ist schon etwas Besonderes. Dies macht den Tod der Comic-Figur nicht ungeschehen, aber gibt dem Leser mehr Hintergründe, warum sich so entschieden wurde.

Zusätzlich wird durch das gewählte Ende dieses Bandes der Leser mit einer Leere zurückgelassen, die die Aussichten auf die Zukunft nicht unbedingt verbessern. Theoretisch könnte man die gesamte Reihe einfach so enden lassen, aber noch gibt es vier Bände, und man kann gespannt sein, wie sinnvoll oder sinnlos sich für die Überlebenden deren Dasein nun darstellt.

Fazit: Meiner Meinung nach ist „Der sichere Tod“ der Top-Band der Reihe, in welcher bisher bereits viele gute und sehr gute erschienen sind. Die emotionale Mitnahme des Lesers ist hier besonders gelungen, nicht zuletzt aufgrund der strategisch günstige gesetzten Szenenreihenfolge und der damit einhergehenden Achterbahnfahrt der Gefühle. Es ist das Best-Of der Reihe, so man sich mit den Charakteren auskennt, um sich emotional verwickeln zu lassen. Hinzu kommt das ergreifende Ende. Also dieses Bandes. Denn es geht immer weiter. Irgendwie.

The Walking Dead 28: Der sichere Tod
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Stefano Gaudiano, Cliff Rathburn
Cross Cult 2022
ISBN: 978-3-96658-789-1
163 S., Softcover, deutsch
Preis: 8,99 EUR

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