The Walking Dead 25: Unter Wölfen

Mit ihrer Gräueltat trafen die Flüsterer die sorglose Gemeinschaft nicht nur unerwartet, sondern auch mitten ins Herz. Nun heißt es, den kopflosen Haufen unter Kontrolle zu behalten, um nicht wie aufgeschreckte Hühner einen verhängnisvollen Fehler zu begehen, der nicht mehr umzukehren ist und alle ins Verderben stürzt.

von Lars Jeske

Dass die Nerven bei allen blank liegen, zeigt die Illustration für den Sammelband „Unter Wölfen“ der Comic-Reihe „The Walking Dead“. Es muss bereits einiges zusammenkommen, wenn die engen Verbündeten Maggie und Rick handgreiflich werden und aufeinander losgehen. Aber der Reihe nach: Im Gepäck mit der schlimmsten Nachricht seit Langem, muss sich Rick seiner Verantwortung als Anführer stellen und seine Gemeinschaft zusammenhalten. Ebenso muss er einen Weg finden, der die Lage nicht eskalieren lässt, aber dennoch nicht nur das eigene Territorium schützt, um nicht wie mit den Erlösern einen endlosen Disput zu beginnen, sondern auch all das bisher Erreichte und seine Position.

Der Druck aller Beteiligter, der auf ihn ausgeübt wird, hilft indes nicht dabei, eine rational sinnvolle Entscheidung zu treffen, die auch von der Mehrheit getragen werden kann. Denn vor allem der Führungsriege um Rick obliegt die schwere Aufgabe, sich eine adäquate Antwort auszudenken. Dafür schreckt er nicht einmal vor ungewöhnlichen Wegen zurück. In seiner Verzweiflung wendet er sich sogar an den seit Jahren inhaftierten Negan, um mit ihm die Situation zu besprechen und eine Lösung zu finden, wie er allen zu ihrem Recht verhilft und die Gemeinschaft noch immer ihren Idealen und Regeln folgend zusammenhalten kann. Die Grundzüge eine Idee gibt es bereits, aber wie bei jedem guten Plan …

Im vorliegenden Band geht es beinahe ausschließlich um die Reaktion auf den Gewaltakt der Flüsterer. Dadurch, dass sich dafür knapp 140 Seiten Zeit genommen wird, ergibt sich die Gelegenheit, mehrere Ansichten zu hören, Ideen zu erörtern und bei Abwägungen dabei zu sein. Der Leser sieht sich mittendrin bei der Entscheidungsfindung und kann sogar etwas für das eigene Leben lernen. Die Entwicklung der Stimmung in Wort und Bild ist wieder einmal sehr gut nachvollziehbar, auch wenn sich ein paar Namensfehler eingeschlichen haben (ob das erst bei der Übersetzung passierte, bleibt unbekannt).

Dass die Geschichte von Robert Kirkman sehr gut und emotional packend sein kann, wird heuer an mehreren Stellen offensichtlich und endet in einer aufpeitschenden Rede von Rick vor der versammelten Gemeinschaft. Man bekommt die Hoffnung, dass alles wieder gut werden kann und das Leben in einer kooperativen Gemeinschaft sinnvoller ist, als eigenbrötlerisch nur auf sich selber gewinnmaximiert zu agieren. Die Comic-Serie wird durch die vielen neuen Facetten immer gehaltvoller und vielschichtiger. Vom üblichen Erzählmuster wird leicht abgewichen, man bekommt als Leser nicht nur einen Entschluss vorgesetzt, sondern wohnt auch bei dessen Entstehung bei und bekommt ihn erklärt. Dafür werden dem Leser sogar ein paar Seiten mehr spendiert. Man fühlt sich beinahe schon als Teil der Gemeinschaft und in die Entscheidungsfindung integriert. Ein Hoch auf jedes literarische Werk, das sich dies erlauben kann.

Fazit: Die aktuelle Stimmung der Charaktere so gut einzufangen und mehrmals schwanken und kippen zu lassen, spricht für diese Comic-Reihe, die im Band „Unter Wölfen“ wieder einmal zu überraschen weiß. Der Leser wird gut mitgenommen und mitsamt der übrigen Gemeinschaft eingeschworen auf das Bevorstehende. Er fühlt sich als Bestandteil dieser. Man kann es wieder kaum erwarten, den Plan in die Tat umgesetzt zu sehen und in den nächsten Heften zu erleben, ob und wie der Konflikt beizulegen ist. Denn eines ist gewiss: Vor Überraschungen ist man bei „The Walking Dead“ man nie gefeit.

The Walking Dead 25: Unter Wölfen
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Stefano Gaudiano, Cliff Rathburn
Cross Cult 2021
ISBN: 978-3-96658-536-1
142 S., Softcover, deutsch
Preis: 8,99 EUR

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