The Impure – Buch 1

Nach der Zerstörung ihres Heimatplaneten Castors dienen die Geschwister Nero und Minerva der humanen Verteidigungsarmee in der Gruppe der „Impure“. Ihre modifizierten Körper können mächtige Wesen mit unvorstellbaren Fähigkeiten beschwören. Gemeinsam sollen sie die Zerstörung rächen. Doch allmählich stechen unterschiedliche Ansichten hervor, die das Paar spalten und sie an gegenüberstehende Fronten eines Krieges über die Zukunft der Galaxie bringen!

von Daniel Pabst

Wer einen Blick in die Comic-Abteilung beim Buchhändler des Vertrauens wirft, dem wird schnell die Dominanz amerikanischer Comics aus den Häusern „Marvel“ und „DC“ bewusst. Auch frankobelgische Comics wie „Asterix“, „Tim & Struppi“, „Lucky Luke“ oder „Marsupilami“ sind stark vertreten. Nach Comics „aus deutscher Schmiede“ muss man dagegen lange suchen.

Um diesem Istzustand entgegenzuwirken, liefern Ralf Singh und Hannes Radke mit „The Impure – Buch 1“ einen 128-Seiten starken Comic, der in einem eigen-kreierten Science-Fiction-Universum spielt. Dank einer erfolgreichen „Kickstarter-Finanzierung“ im Sommer 2019 konnte das Werk realisiert werden und wird jetzt separat von Cross Cult in einer Softcover-Ausgabe vertrieben.

Aber worum geht es bei „The Impure“ eigentlich? Wir begleiten in diesem Comic primär das Geschwisterpaar Nero und Minerva, welches als Sondereinheit der „Terraner“ (Menschen) als titelgebende „Impure“ (von „impure“, dt. unrein) gegen außerirdische Wesen kämpfen. Und genau während eines dieser Konflikte auf dem Planeten Libra werden die Leserinnen und Leser direkt mit den Protagonisten auf das Schlachtfeld entsendet. Zeit für Erklärungen bleibt bei den vielen actiongeladenen Szenen nur selten. Hinzu kommen besonders häufige Ortswechsel und Zeitsprünge.

Hineingeworfen in die Handlung und die Action darf sich jede und jeder schnell ein eigenes Bild der „Impure“-Welt und dem moralischen Auftreten ihrer Figuren machen. Ob Blut wirklich dicker als Wasser ist, muss sich noch zeigen! Denn in „The Impure – Buch 1“ stehen die Geschwister an unterschiedlichen Fronten. Eine einfache Lösung für deren Konflikt steht nicht im Raum. Zudem spielt eine weitere Figur eine entscheidende Rolle: August, ein undurchschaubarer Mitstreiter. Denn wie es den Anschein hat, weiß August mehr über die Zerstörung von Castors, die Alienangriffe und das herrschende, militärische System und versucht im Hintergrund Einfluss auf die Handlungen der „Terraner“ zu nehmen. Und welche Rolle haben die „düsteren Beobachter“, deren Auftreten in diesem Band – lediglich – angekündigt wird?

Sowohl vom Inhalt, als auch vom illustrativen Charakter überschlagen sich die Ereignisse in „The Impure“. Ein Spektakel folgt auf das nächste und seitenlange Erklärungen, um Hintergrundwissen zu generieren, sucht man vergeblich. Auch gibt es kaum ruhige Momente, in denen man die Umgebung und die Zeichnungen auf sich wirken lassen kann. Dieses Gefühl wird durch die farbenfrohe, komplexe und raue Kolorierung nochmals verstärkt.

„The Impure“ ist auch inhaltlich eine bunte Mischung. Und zwar aus populären Büchern, Spielen, Film und Serien des Science-Fiction-Genres. So existieren unter anderem Parallelen zum Imperium und dessen Superzerstörungswaffen aus „Star Wars“, zu bizarren Wesen, welche auch einem Werk Lovecrafts entsprungen sein könnten, sowie zu Space-Suits, die man aus japanischen Animes und Videospielen kennt.

Neben diesen Bezügen hat der Autor Ralf Singh Bezüge zu römischen und griechischen Geschichten eingeflochten. Allein die Namen der Protagonisten Nero, benannt nach dem Kaiser und „Brandstifter“ Roms, Minerva – dem Äquivalent von Athene, der Göttin der Weisheit –, und August (möglicherweise abgeleitet vom ersten römischen Kaiser Augustus) könnten Aspekte derer Persönlichkeiten reflektieren. Dieser Trend setzt sich auch bei den Namen von Nebencharakteren, Planeten und Schlachtschiffen fort. Auch spielt die Geschichte „Die Abenteuer des Odysseus“ von Homer eine nicht unscheinbare Rolle …

Nach den drei Kapiteln, die dieser Comic enthält, erhalten wir drei Bonus-Storys, die in der Welt von „The Impure“ spielen. Das Skript dieser Bonus-Storys mit den Titeln: „Vulcanus – Eine Nero-Story“,  „Damocles –Eine Minerva-Story“ und „Tarpeia – Eine August-Story“ verfasste Ralf Singh. Die Zeichnungen hierfür stammen von: Fabio Ramacci, Petra Popescu und Katrin Gal; für die Farben verantwortlich waren: Ilaria Fella und Katrin Gal.

Doch damit nicht genug. Als weiteren Bonus gibt es eine Galerie mit Variant-Covern, Skizzen, Tuschezeichnungen, kolorierten Zeichnungen und eine Seite bezüglich des Lettering von Marc Schmitz. Es ist sehr schön, dass man so einen „Blick hinter die Kulissen“ gewährt bekommt und die einzelnen Schritte des schöpferischen Prozesses nachträglich miterleben kann. Noch imposanter wäre es für „The Impure“, wenn das gewählte Comic-Format statt 16x24 in DIN-A4 gewählt worden wäre, um so den Farben und Science-Fiction-Welten noch mehr Raum zu geben. Vielleicht kann dies mit dem noch ausstehenden Band 2 („The Impure – Buch 2“) umgesetzt werden – nicht nur, um in dieser Hinsicht den frankobelgischen Comics gleichzukommen.

Leseprobe

Fazit: „The Impure“ bietet eine Science-Fiction-Welt mit zwei-rivalisierenden Fraktionen und vielen dynamischen Ansätzen. Dabei wurde von den Machern bewusst riskiert, die Lesenden mit grellen Farbkontrasten, kleinen Panels und raschen Szenen zu überfordern. Dieser empfehlenswerte Comic kann als Portal in eine chaotische Welt, welche noch viele Fragen offen hält, gesehen werden. Geplant sind drei weitere Bände, sodass es äußerst spannend bleibt, zu sehen, wie und wann dieser Einstieg in das Universum von Ralf Singh und Hannes Radke weitergeht.

The Impure – Buch 1
Comic
Ralf Singh, Hannes Radke
Cross Cult 2021
ISBN: 978-3-96658-462-3
128 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,00

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