Talisman – Die magische Suche (4. Edition)

Die Legende. Oder zumindest ein legendäres und eines der ältesten Fantasy-Brettspiele, welches mit „HeroQuest“ viele Spieler später zum Fantay-Rollenspiel brachte. „Talisman“ vereint sowohl Bestandteile von Brettspiel als auch Rollenspielen und bietet stundenlangen Spielspaß, selbst mit einem heute vergleichsweise einfachen Spielprinzip.

von Ansgar Imme

Die erste Ausgabe von "Talisman" vom schottischen Spieleentwickler Robert Harris erschien 1983 noch beim Lizenzgeber "Games Workshop". Für damalige Zeiten war es sicherlich ein komplexes und innovatives Spielprinzip, was auch zu großem Erfolg und weiteren Editionen führte, deren vierte Auflage auch zur in Deutschland vom "Pegasus Verlag" veröffentlicht wird.

„Talisman – Die magische Suche“ ist für 2 bis 6 Spieler geeignet, wobei gerade mit einer höheren Spielerzahl wie 4 oder mehr der Reiz und Herausforderung deutlich zunimmt, da die Spieler dann auch aufeinandertreffen können. Als Spieldauer sind 90 bis 120 Minuten vorgesehen, wobei sich dies gerade mit 5 oder 6 Spielern auch deutlich verlängern kann. Die Spieler übernehmen Heldenfiguren, deren Aufgabe es ist, Herrscher über das Land Talisman zu werden. Das Ziel ist dabei, aus den äußeren Regionen des Spielbretts die Mitte zu erreichen und dort die Krone der Herrschaft zu erringen.

Das Spielmaterial ist sehr umfangreich und enthält neben Spielbrett und Regeln fast 200 Spielkarten unterschiedlicher Art, etwa 200 Marker oder Münzen sowie 14 Spielfiguren und 6 Würfel. Die Karten enthalten beispielsweise Ereignisse und Kreaturen, die die Figuren entdecken können, oder Zaubersprüche, die ihnen Macht verleihen. Aber auch zu erwerbende Gegenstände finden sich darauf. Die Marker unterscheiden sich in Schicksalsmarker, Goldmünzen sowie die Stärke-, Talent- und Lebenspunktemarker, mit denen genannte Werte der Figuren abgebildet werden. Während die Karten, Münzen oder Würfel alle heutige Ansprüche befriedigen, sind die Marker für Stärke, Talent und Lebenspunkte farbige Plastikhütchen, die eher wie übriggebliebene Reste aus einem anderen Spiel wirken und sich nicht in die gute restliche Ausstattung einpassen.

Zu Spielbeginn werden Abenteuerkarten, Zauberspruchkarten, Talismankarten und Kaufkarten gemischt und neben das Spielbrett gelegt. Das Spielbrett ist in drei Bereiche aufgeteilt: die äußere, mittlere und innere Region, welche umso herausfordernder und gefährlicher werden, je weiter eine Spielfigur nach innen dringt. Erst wenn eine Figur machtvoll genug ist, sollte der Spieler in die mittlere oder innere Region vordringen. Aus den 14 Charakteren erhält jeder Spieler eine verdeckt zugeteilt und nimmt sich die zugehörige Spielfigur. Diese setzt er dann auf das Startfeld, welches auf seiner Karte genannt wird. Ebenso gemäß der Charakterkarte werden Schicksalsmarker und Lebenspunkte verteilt sowie Zaubersprüche oder Gegenstände. Sowohl Stärke, Talent als auch Lebenspunkte können im Spiel gesteigert werden, wobei Stärke und Talente auch durch Gegenstände, Begleiter oder magische Objekte erhöht werden können. Je nach Spielfigur unterscheiden sich die Werte deutlich, was auch zu unterschiedlichen Strategien im Spiel führt.



Beginnen darf der Besitzer des Spiels, und es setzt sich im Uhrzeigersinn fort. Der Spielzug eines Spielers setzt sich aus einer Bewegung sowie einer Aktion zusammen. Für die Bewegung wird ein sechsseitiger Würfel geworfen und sich genau die Anzahl der Felder in eine beliebige Richtung fortbewegt. Auf dem Zielfeld begegnet man gegebenenfalls einer anderen Spielfigur oder muss den Anweisungen des Feldes folgen. Wählt man die Begegnung mit einem anderen Spieler, muss man diesen angreifen oder sich mittels einer Fähigkeit mit ihm messen. Tötet man den Gegner, kann man ihm Gegenstände, Gold und Begleiter abnehmen. Wenn man stattdessen die Begegnung auf dem Feld wählt (oder nur diese möglich ist), wird die oberste Karte des Abenteuerstapels gezogen. Gegner müssen bekämpft werden, sofern man ihnen nicht ausweichen will beziehungsweise kann, was durch Zaubersprüche oder gewisse Fähigkeiten möglich ist. Es können auch bereits Karten mit weiteren Gegnern auf dem Feld liegen, die alle der Reihe nach abzuhandeln sind.

Der Kampf – ob gegen Kreatur auf dem Feld oder gegen einen anderen Spieler – wird gleich abgehandelt und unterscheidet sich nur bei den Folgen des Ergebnisses. Zunächst kann man dem Gegner ausweichen, sofern Zaubersprüche oder Fähigkeiten dafür vorliegen. Als nächstes kann man Zaubersprüche für den Kampf wirken, Es folgen die Angriffswürfe des Spielers und der Kreatur respektive der beiden Spieler, wofür ein sechsseitiger Würfel verwendet wird. Zu diesem Wurf wird der jeweilige Stärke-Wert sowie sonstige Kampfboni wie durch Waffen addiert. Die Spieler dürfen zudem 1 Schicksalspunkt ausgeben, um den Wurf zu wiederholen. Sinkt die Lebensenergie der Kreatur oder des anderen Spielers auf 0, so hat man gesiegt und kann sich die Schätze, gegebenenfalls Waffen oder Begleiter sowie bei Kreaturen die Karte nehmen. Hat der Gegner mehr als 1 Lebenspunkt, so senkt man bei der Kreatur den Wert um 1, während bei einem gegnerischen Spieler die Wahl zwischen Lebenspunkt senken und dem Diebstahl eines Gegenstandes oder einer Goldmünze besteht.

Alternativ zum Kampf mit Waffen kann man gegen einen anderen Spieler (oder seltener einer Kreatur, etwa einem Geist) auch den psychischen Kampf wählen. Hier wird anstatt des Angriffswurf und der Waffenboni nur mit dem Talentwert angegriffen. Hier verliert man immer einen Lebenspunkt.

Die Spielfiguren können mit Begegnungen und Kämpfen ihre Werte verbessern. Man kann Gold bekommen, mit dem Gegenstände gekauft oder bestimmte Dienste bezahlt werden können. Man kann allerdings nur eine bestimmte Anzahl Gegenstände bei sich tragen und muss überschüssige auf Feldern zurücklassen. Ebenso kann man Begleiter als Unterstützung gewinnen und verlieren. Als Zauberer kann man zudem weitere Zaubersprüche erhalten. Die kleinen Zusatzregeln erweitern das Spiel und die Taktik schon ein wenig, da man selbst als Werte erhöhen und andere Spieler einem hier schaden können. Es empfiehlt sich also, auch nicht zu lange Gold oder zu viele Gegenstände herumzuschleppen. Zuletzt kann man mit den Kreaturenkarten als sogenannte Trophäen die Stärke oder den Talentwert steigern.



Wenn man meint, mächtig genug zu sein, kann man mit seiner Figur an bestimmten Stellen auf die mittlere oder innere Region wechseln. Hier werden die Herausforderungen deutlich schwieriger und die Folgen ebenso gravierender. Während man in der mittleren Ebene noch würfelt, zieht man in der inneren Ebene immer nur ein Feld pro Runde. Ziel ist schließlich das Tal des Feuers, um dort auf das Feld der „Krone der Herrschaft“ zu gelangen. Betreten darf man dieses allerdings nur, wenn man im Besitz eines Talismans ist. Diesen erlangt man durch Zufall über Kaufkarten oder auf dem Feld „Höhle des Hexenmeisters“. Auf dem Feld der „Krone der Herrschaft“ bekämpft man andere Spieler (sofern dort auch anwesend) so lange, bis einer der Spieler besiegt wurde und 0 Lebenspunkte hat. Hat man dies geschafft oder ist allein, kann man jede Runde der Zauberspruch der Herrschaft sprechen und bei 4 bis 6 auf W6 allen anderen Spielern einen Lebenspunkt entziehen. Dies erfolgt solange, bis alle anderen Spieler ausgeschieden sind.

Insgesamt ist das Spielprinzip relativ einfach. Wenn man ein paar Züge gemacht hat, haben sich die Abläufe verinnerlicht: bewegen, Gegner auswählen, kämpfen, Belohnung bekommen, Belohnung gegebenenfalls gegen höhere Spielwerte eintauschen. Die Spielanleitung ist dann meist nicht mehr nötig oder höchstens für seltenes Nachschlagen. Gerade im Vergleich mit heutigen, teilweise taktisch und strategisch tiefgreifenden Spielen, die Mechanismen ändern oder auf den Kopf stellen können oder bei denen man erst spät(er) wirkende Strategien entwickeln kann, wirkt „Talisman“ dadurch recht simpel. Es sorgt aber für einen schnellen Spieleinstieg ohne zu lange Erklärungen und kann auch Spieler mit wenig Taktikspaß und -verständnis gut mit einbinden. Der Spielablauf ist somit auch recht schnell und sorgt nur für kurze Wartezeiten für die anderen Spieler. Trotz des einfachen Spielablaufs ist durch die steigenden Herausforderungen das Spiel nicht zu kurz und erfordert etwas Planung, wie man weiter macht. Durch das Aufeinandertreffen mit anderen Spielern ist auch ein wenig gemeinsames Spiel beziehungsweise gegeneinander gegeben, sodass nicht nur jeder seine Züge ohne Auswirkungen plant. Ein wenig Überlegen muss man also schon, ob man auf eine Kreatur oder einen anderen Spieler treffen will.

Fazit: „Talisman – Die Magische Suche“ ist nicht mit heutigen komplexen Strategie- oder Taktikspielen vergleichbar und vom Spielprinzip her wesentlich einfacher gestaltet. Aber durch den recht einfachen Einstieg und einfache Planungselemente sowie viele und lange Herausforderungen wird trotzdem Spielspaß erreicht und kann durchaus zu langen Spielabenden führen. Wer nicht gleich mit „Descent“ oder gar „Gloomhaven“ die ganz großen und komplexen taktischen Herausforderungen sucht, findet hier einen idealen Einstieg, der ohne lange Vorbereitung begonnen und gespielt werden kann.

Talisman – Die Magische Suche (4. Edition)
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler ab 12 Jahren
Robert Harris, John Goodenough, Rick Priestley
Pegasus Spiele 2019
EAN: 4250231718779
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,95

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