Talisman

Es gibt nicht viele Genre-Brettspiele, die sich mit Fug und Recht „Klassiker“ nennen können. Der Dungeon-Crawler „HeroQuest“ zählt vielleicht dazu, ebenso das SF-Strategiespiel „Cosmic Encounter“. Auf dem Thron sitzt aber zweifllos „Talisman“, das 1983 von Robert Harris für Games Workshop entwickelte Abenteuerspiel. Drei Editionen und diverse Erweiterungen sind bislang erschienen. Jetzt ist die 4. Edition da – in Englisch von Fantasy Flight Games verantwortet, auf Deutsch in einer Kooperation des Heidelberger Spieleverlags mit Pegasus Spiele herausgegeben.

von Frank Stein

„Talisman“ ist ein Abenteuerspiel für 2 bis 6 Spieler und verbindet Rollenspiel- und Brettspiel-Elemente. Die Spieler führen einen von 14 Charakteren, vom heroischen Krieger bis hin zur mächtigen Zauberin, die allesamt spezielle Vor- und Nachteile aufweisen. Auf der Suche nach der „Krone der Herrschaft“ wandern sie durch die Welt von „Talisman“, bekämpfen Monster, erforschen magische Orte und sammeln dabei Ausrüstung, Begleiter und Erfahrung, die sie immer stärker machen – denn nur wer gut gerüstet ist, vermag die ultimative Herausforderung zu meistern.

Die Aufmachung

„Talisman“ kommt im hübschen Standard-Format-Spielkarton daher, dessen Cover eine schmissige Fantasy-Szene aufweist, die allerdings insofern irreführend ist, als dass überhaupt kein Drache im Spiel vorkommt. Der Drachenkönig ist ein Relikt der 3. Edition, die im Gegensatz zur 1. und 2. – die hier als Vorlage genommen wurden – einige spürbare Veränderungen gerade im finalen Spielverlauf aufgewiesen hatte (so etwa den Kampf gegen einen Drachen statt des Eroberns der „Krone der Herrschaft“). Macht nichts, sieht trotzdem gut aus.

Gut sieht übrigens auch der Rest des Spiels aus! Das Spielbrett wurde um 30% vergrößert, was allerdings keine neuen Felder zur Folge hatte, sondern vor allem dem Artwork zugute gekommen ist. Auch die Illustrationen auf den zahllosen Spielkarten sind teilweise von phänomenaler Qualität. Eine Schande, dass sie zumeist nur Briefmarkengröße haben und daher kaum erkennbar sind (diese Miniatur-Spielkarten von 4*6,5 cm, die sich FFG in den letzten Jahren angewöhnt hat, sind eine echte Unart und wahrlich nichts für Leute mit Sehschwäche). Sehr übersichtlich dagegen ist das auf der Rückseite des Regelhefts abgedruckte Ablaufdiagramm, das einen Spielzug in allen denkbaren Schritten darstellt.

Alles Spielmaterial ist vorbildlich verarbeitet. Das Spielbrett besteht aus stabilem Karton, die Spielkarten bestechen durch Druckqualität und Handling beim Mischen (wenn sie auch zu klein sind) und auch die Plastik-Spielfiguren weisen einen sehr ordentlichen Guss auf. Kurz: Das Spiel sieht einfach gut aus!

Das Spiel

„Talisman“ ist für 2 bis 6 Spieler ausgelegt. Spielziel ist es, als erster Spieler die „Krone der Herrschaft“ zu erlangen und die anderen Mitspieler damit zu unterwerfen. Dazu wandern die Charaktere der Spieler in den drei ringförmigen Ebenen umher, der Äußeren, Mittleren und Inneren Region, wobei mit jeder Ebene der Schwierigkeitsgrad der Herausforderungen zunimmt.

Ein Spieler, der am Zug ist, würfelt zunächst seine Bewegung aus und begibt sich dann gemäß der erwürfelten Augenzahl in ein Feld zur Linken oder zur Rechten. Was er dort erlebt, wird durch den Spieltext des Feldes bestimmt. Einerseits existieren Orte mit besonderer Bedeutung, etwa ein Dorf oder ein Tempel, in dem sich die Spieler heilen und Gegenstände kaufen können. Andererseits wird man oft dazu aufgefordert, Abenteuerkarten zu ziehen und so genannte Begegnungen zu durchleben. Abenteuerkarten (d.h. Begegnungen) können Gold, Gegenstände, Gegner, Freunde, Fremde, Orte oder Ereignisse enthalten.

Durch bewältigte Begegnungen gewinnt der Spieler Trophäen, die er am Ende seines Zuges gegen Stärke- und Talentpunkte eintauschen kann. Hat ein Charakter genug Trophäen (und damit Werteboni), Gegenstände und Begleiter in der Äußeren und Mittleren Region gesammelt, so kann er es wagen, in die Innere Region des Spielfeldes vorzustoßen. Dort warten besonders große Herausforderungen auf ihn, zudem kann man sich jeweils nur ein Feld pro Runde bewegen.

Der Schlüssel zum letzten Feld der Inneren Region ist der titelgebende Talisman, den man tunlichst aus dem Abenteuerdeck gezogen haben sollte, bevor man sich zum Finale aufmacht. Gelangt der Spieler dorthin, erhält er die „Krone der Herrschaft“ und kann jede Runde anderen Mitspielern Lebenspunkte abziehen. Gewonnen hat der Spieler, welcher alle anderen Mitspieler mittels der Krone besiegt hat.

Die deutsche „Talisman“-Version entspricht übrigens der revidierten 2008er-Ausgabe von Fantasy Flight Games (nicht der 2007er-Version von Games Workshop) und bietet neben dem Grundspiel beispielsweise Regeln für ein schnelleres Spiel.

Fazit:
„Talisman“ war Kult und ist es immer noch. Das Spiel besticht ebenso durch seine leicht verständlichen Regeln, die es auch für Fantasy-Neulinge interessant machen, wie durch das großartige Artwork der aktuellen Edition. Die Spieldauer von 90 Minuten ist zwar sehr optimistisch geschätzt (vor allem, da das Spiel mit jedem zusätzlichen Spieler länger dauert), aber wer einen netten Brettspielnachmittag mit den Geeks aus der Nachbarschaft verbringen will, ist mit dieser Neuausgabe eines Klassikers – der übrigens dieses Jahr 25 wird – gut beraten. Die erste Erweiterung („The Reaper Expansion“) ist übrigens auch schon in der Mache.

PS: Wer es gerne etwas komplexer, aber in der Art her sehr ähnlich hat, dem sei die umfangreiche „Runebound“-Produktpalette empfohlen. Das Spielprinzip (Umherwandern, Begegnungen, Aufsteigen, Endgegner plätten) ist nämlich fast gleich.


Talisman
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler ab 9 Jahren
Robert Harris, John Goodenough, Rick Priestley
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag/Pegasus Spiele 2008
ISBN: n.a.
Box mit Spielbrett, 14 Charakterkarten, 168 Spielkarten, 18 Spielfiguren, 186 Spielmarkern, 6 Würfeln, Regeln, deutsch
Preis: EUR 39,95

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