von Frank Stein
„Flucht von Valo“ wird als Jugendbuch der ersten Welle der Phase III präsentiert. Dass damit ein paar Probleme einhergehen, darauf möchte ich gleich noch zu sprechen kommen. Grundsätzlich ist die Geschichte von Daniel José Older und Alyssa Wong ganz nett – weitgehend belanglos für Phase III, aber nett. Sie schließt an die Romane der Phase I an, die auf Valo gespielt haben und den Angriff der Nihil auf die Republik-Schau zum Thema hatten, namentlich „Im Zeichen des Sturms“ und „Kampf um Valo“.
Ein Jahr nach diesen Ereignissen liegt Valo in der sogenannten Okklusionszone, dem Herrschaftsgebiet der Nihil, das diese durch den Sturmwall, ein hoch entwickeltes Bojensystem, das jeden Hyperraumflug verhindert, abgeriegelt haben. Die Republik kommt nicht rein und die Völker im Inneren nicht raus – sofern sie nicht über einen der ominösen Pfadantriebe der Nihil verfügen. Ram Jomaram, der wiederkehrende Protagonist aller Valo-Geschichten, ist nach dem Fall der Starlight-Station und dem Kampf um Corellia in seine Heimat zurückgekehrt und sitzt nun dort in der planetaren Hauptstadt Lonisa-Stadt fest!
Doch natürlich bleibt er nicht untätig. Als einer der letzten Jedi auf Valo nimmt er den Widerstand gegen die Nihil-Besatzer auf, und als „Scharlachroter Schädel“ hat er sich dabei bereits einen gewissen Ruf erarbeitet. Eines Tages nun stolpert er zunächst über drei Jünglinge – Gavi, Kildo und Tep Tep –, die sich nach dem Tod ihrer Betreuer lange allein in der Wildnis durchgeschlagen haben. Diese schließen sich ihm willig an, was für Ram ganz neue Herausforderungen bedeutet. Dann taucht auch noch ein/e schurkische/r junge/r Zabrak namens Zyle auf, der/die auf der Jagd nach der „Innovator“ ist, einem Forschungsschiff, das die Nihil im Rahmen ihres Angriffs auf die Republik-Schau im letzten Jahr in einem nahen See versenkt hatten. Im Kampf gegen die Nihil müssen sich die Jugendlichen zusammenreißen und nicht zuletzt zu sich selbst finden.
Der Roman hat in meinen Augen das große Problem, dass er nicht weiß, für wen er sein will. Zum einen haben wir da das Cover und die Innenillustrationen. Diese sind sehr kindlich umgesetzt und suggerieren ein Kinderbuch ab 10. Dazu passen auch die eher einfach Sprache und die recht gradlinige, räumlich und inhaltlich überschaubare Handlung. Kinder bekämpfen Gauner in einer kleinen Stadt – das kennt man aus anderen Kinderbuchreihen. Viele kleine Details unterfüttern das, etwas das tierliebe Mädchen, der scheinbar trottelige alte Jedi, der als Erwachsener auffällig wenig zum Abenteuer beiträgt, oder die lässige Art, mit der sich die Kinder hier gegenüber Erwachsenen behaupten können (das gilt vor allem für Zyle).
Allerdings sind die Protagonisten überwiegend 14 bis 16. Und sie denken ständig über ihre Gefühle nach, sowohl was sie zueinander empfinden als auch wie sie sich unter den Nihil fühlen. Da werden durchaus interessante Spannungssequenzen wie die Rettung des alten Jedi-Meisters aufs Nötigste beschränkt, stattdessen bekommt man seitenweise Innensicht geliefert. Dazu kommt, dass Older und Wong es in Gender-Dingen schon etwas übertreiben. Von den fünf Protagonisten sind Gavi und Kildo schwul, Zabrak Zyle non-binär und Tep-Tep ist ein Trans-Mädchen – mit zwölf! Bei aller Offenheit für ein diverses Universum, das ist kein Stoff für 10-Jährige, denen solche Geschlechterfragen noch wirklich egal sind und die viel lieber Action, Humor und Abenteuer lesen möchten. Hier richtet sich der Roman sehr deutlich an ein Publikum ab 14 Jahren. Und weil Gefühlsdinge so im Vordergrund stehen, würde ich sogar sagen: an Leserinnen ab 14 Jahren. Wie viele von denen allerdings zu einem „Star Wars“-Buch greifen, das wie ein Werk für ihre kleinen Geschwister klingt und aussieht, weiß ich nicht.
Und was nehmen erwachsene Fans daraus mit? Nun ja, wie gesagt, der Roman schließt gefällig an die anderen Valo-Titel an, aber er hat praktisch keinerlei Konsequenzen für die galaktische Handlung. Der Konflikt auf Valo bleibt weitgehend lokal, die dort agierenden Nihil wirken dabei eher wie plumpe Kinderschrecks als wie die brutalen Piraten der Erwachsenenromane. Das kommt vielleicht erschwerend hinzu: Das Setting mit den Nihil und Namenlosen an sich ist ja durchaus finster. In ein paar Momenten merkt man das auch, wenn etwa ein Jedi von einem Namenlosen „eingeäschert“ wird. Grundsätzlich aber sind die Gegner der Protagonisten aber wenig furchteinflößend. Entsprechend hat man den Eindruck, dass hier das narrative Umfeld und der Erzählstil nicht so recht zusammenfinden wollen.
Ein Einwurf noch zum Schluss: Die „Flucht von Valo“ ist ein eher unpassend gewählter Titel. Denn um eine Flucht geht es eigentlich nie. Es geht um Widerstand und darum, Menschen zu helfen. Dass dabei am Schluss einige der Protagonisten Valo verlassen, geschieht eher situationsbedingt.
Fazit: „Flucht von Valo“ ist meinem Empfinden nach kein rundes Werk. Es sieht aus wie ein Kinderbuch, ist dafür aber zu lang und zu gefühlslastig. Für ein Jugendbuch hingegen wirkt es oft zu kindgerecht erzählt und die Optik passt einfach nicht. Zu düstere und ernste Szenen wechseln sich mit recht albernen ab. Jede Zielgruppe scheint knapp verfehlt worden zu sein. Erwachsene mögen sich ganz gut unterhalten fühlen, wenn sie Fans der „Hohen Republik“ sind, allerdings bleibt die Handlung eher isoliert und ohne Einfluss auf das größere Ganze. Man verpasst gefühlt wenig, wenn man den Roman also im Rahmen der „Hohen Republik“ überspringt.
Star Wars – Die Hohe Republik: Flucht von Valo
Film/Serien-Roman
Daniel José Older, Alyssa Wong
Panini Books 2024
ISBN: 978-3-8332-4497-1
336 S., Paperback, deutsch
Preis: 16,00 EUR
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